Unfall AF447 F-GZCP 01.06.09

Im Übrigen möchte ich gern wissen, was mit der "Unfallserie" bei AF gemeint ist. Mir fallen z.Zt nur 2 Unfälle ein, der A340 Landeunfall in Toroto und eben AF447. Diese beiden sind m.E. überhaupt nicht mit einander zu vergleichen, weder in Fragen der Flugzeugsysteme noch in Fragen von human factors.

Da war doch noch was mit der Concorde... Ist allerdings echt schon eine Zeit lang her. "Serie" halte ich da für übertrieben. ;D

PS: Danke für Deinen sehr kompetenten Beitrag!
 
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'Unfallserie' trifft es bei Air France wahrscheinlich nicht wirklich. Aber irgendwie sind mir die AF Incidents und Accidents mit ihren Umständen und anschließenden 'Ausgrabungen' aus dem Flugbetrieb, besonders in Erinnerung geblieben.
A320 Mulhouse-Habsheim, A340 Toronto, Concorde Paris, A330 Atlantik und aber auch der A380 Incident in New York​
 
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Jetzt aber das ganze System "Airbus" zu verdammen, ist m.E. der falsche Weg. Ich glaube noch immer, dass z.Zt. das Konzept "A" mit Protections besser ist als das Konzept "B" ohne solche.
Im Übrigen möchte ich gern wissen, was mit der "Unfallserie" bei AF gemeint ist. Mir fallen z.Zt nur 2 Unfälle ein, der A340 Landeunfall in Toroto und eben AF447. Diese beiden sind m.E. überhaupt nicht mit einander zu vergleichen, weder in Fragen der Flugzeugsysteme noch in Fragen von human factors.

Viele Grüße
Werner

Danke Werner für Deine Stellungnahme!

Was von mir etwas überspitzt als Unfallserie bezeichnet wurde hat MUCFLYER ja schon spezifiziert.

Besonders 'gefreut' - sofern dieser für dieses Ereignis unpassende Ausdruck erlaubt ist (mir fällt gerade kein besserer ein) hat mich Deine Ausführung zu Airbus und Boeing, da Du, der Du ja beide Muster geflogen hast, meines Erachtens für solche Vergleiche prädestiniert bist.

Ich werde mir Deine Gedanken nochmals durch den Kopf gehen lassen.
 
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Im Übrigen möchte ich gern wissen, was mit der "Unfallserie" bei AF gemeint ist. [...]

Wenn ich mir die Diskussion auf Airliners.de bezüglich des AF-Incindents nahe Guadeloupe am 22. Juli 2011 ansehe komme ich immer mehr zur Überzeugung dass bei AF was schief läuft (auch wenn es nicht gleich ein Unfall oder Unfallserie sein muss).

[...]and climbed with up to 5000 feet/minute up to FL380, reaching FL380 at 0.66 mach/ 205 KIAS - stall speed was computed at 202 KIAS - before the pitch attitude decreased again and the aircraft returned to normal flight parameters.[...]

Wie sagt der User 'vogelparadies' auf Airliners.de so schön: "Uiuiuiuiui... "205 kias, stall speed computed at 202 kias" - sowas darf nach AF 447 irgendwie einfach nicht mehr passieren, schon gar nicht bei derselben Airline!..."

Überhaupt scheint mir ein kritischerer Umgang mit der Fliegerei in der coffin corner angebracht!
 
Ich tue mich noch a bisserl schwer mit den Begrifflichkeiten. Verstehe ich Wikipedia richtig, dass es sich hier um Mindestgeschwindigkeit 202 kias und Höchstgeschwindigkeit 205 kias handelt?
 
Du verstehst richtig. In grossen Höhen nimmt sich die Stall Speed, also die erforedliche Mindest-geschwindigkeit, um "in der Luft zu bleiben" immer weiter zu, da die Luftdichte, und damit deren Tragfähigkeit abnimmt. Zeitgleich reduziert sich die Treibwerksleistung, und damit die maximal erreichbare Fluggeschwindigkeit, ebfenfalls aufgrund der geringen Luftdichte. Somit nähern sich Mindest- und Maximalgeschwindigkeit immer weiter an, was gern als "coffin Corner" ("Sargecke, frei übersetzt) bezeichnet wird.
 
Report München hat sich mit einem Beitrag nochmal an der Story versucht...
Allerdings gibt es keine neuen Erkenntnisse und es bleiben wie zu vor gegenseitige Schuldzuweisungen und offene Fragen zurück. Warum also überhaupt die Sendung?
 
Von Magazinen wie Report erwarte ich mir ehrlich gesagt auch keine Aufklärung, anscheinend will man hier mit reißerischen Themen die Sendezeit füllen. Allerdings hat mich die Aussage des "Piloten" schon ein wenig irritiert, dass manuelles Steuern ohne Autopilot in großen Höhen nicht wirklich trainiert bzw. geschult wird.
 
Da muss ich @YVR Recht geben.
Bei mir entsteht da ein leicht mulmiges Gefühl. Ich kann und will mir aber nicht vorstellen, dass Airlines sich immer darauf verlassen, dass die Technik funktioniert und deshalb auf ein Training ihrer Piloten - für den Fall eines Ausfalles - verzichten.
Könnte es sein, dass dieser Absturz evtl. zu einer "Nachschulung" fürht, sodass es in Zulunft evtl. vermieden werden kann, oder ist das eher unwahrscheinlich ?
 
Ich fand den Beitrag nicht schlecht, habe zumindest auf den ersten Blick ausnahmsweise mal keine falschen Behauptungen / Schlussfolgerungen gefunden. Nicht schlecht für's TV...

Richtigerweise wurde angesprochen:

  • Das Problem der unter extremen Bedinungen vereisenden Pitotrohre war bei Airbus seit mehr als 10 Jahren bekannt, wurde aber trotzdem 'nur' mit einem freiwilligen Service Bulletin adressiert.
  • Auch die Zulassungsbehörden haben sich in diesem Zusammenhang nicht mit Ruhm bekleckert, hier wäre eine AD eindeutig angebracht gewesen. Spätestens nach einer nahezu identischen Begegnung (abgesehen vom Ausgang) zwischen einem A343 und Vereisung bei einem anderen französischen Operator vor einigen Jahren.
  • Die lachhaften §§§-Vorschriften fordern bei FBW-Airbussen überhaupt keine Stall-Recovery während des Conversion- oder Recurrent-Training, geschweige denn einen High-Level-Stall. Bei konventionellen Fliegern wird das jedes halbe Jahr im SIM-Check geübt, wenngleich nur in niedriger Höhe.
Man hätte allerdings noch erwähnen können, dass

  • andere (= nicht-französische) Airlines die frewillige Umrüstung von französischen Pitots auf die Modelle eines US-Herstellers längst abgeschlossen hatten.
  • normale Simulatoren überhaupt kein realistisches Training eines High-Level-Stalls ermöglichen, weil dafür keine Flugdaten vorliegen, um das aerodynamische Modell des SIMs anzupassen.
  • manche namhafte Airlines inzwischen reagiert haben, und das Thema im Training aufarbeiten. Besonders interessant ist dabei, dass man nach einem Stall in großer Höhe mindestens ~5.000 ft Höhe verliert, gerne auch mehr. Ein Manöver das in einem dicht beflogenen Luftraum 'interessant' werden könnte und eine radikale Abkehr von der früher gelehrten Stall-Recovery in 'Ameisenkniehöhe' ohne jeglichen bzw. mit minimalem Höhenverlust darstellt.
Gruß MAX
 
Neue "Erkenntnisse".

Da traue ich sogar der B...-Zeitung einen seriöseren Bericht zu. Wenn man schon irgendein Buch, das scheinbar aus nicht viel mehr als Spekulationen besteht, zitieren muss, sollte man als Luftfahrtmagazin wenigstens ein paar Fachbegriffe richtig übersetzen können. Vielleicht klingen dann auch die Zitate der Piloten nicht so, als ob das 10Jährige gesagt hätten. Der gesamte Artikel geht für mich allgemein ein wenig (zu) respektlos mit der Crew um - aber das sind wir eh schon gewohnt. Ist eben am einfachsten, die Schuld weg von AF&Airbus an die tote Crew zu schieben...
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Bin zwar weder Experte auf dem Airbus, noch bei der Unfalluntersuchung - ich schließe aus dem Bericht aber doch einiges anders als der "Aero Telegraph".
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Reißerisch ist der Artikel sicher, aber inhaltlich ist es korrekt was passiert. Fakt ist dass die Crew, bzw. der F/O die ganze Zeit am Stick gezogen hat. Das kann man auch aus den FDR-Aufzeichnungen rauslesen. Und dass ziehen am Stick bei einem Stall sehr ungünstig ist sollte auch einleuchten. Ebenfalls wurde die Situation nicht in Ruhe analysiert und miteinander gearbeitet. Damit ist die Cockpitcrew das letzte Glied in der Kette das den Unfall verursacht hat.

Was in dem Bericht fehlt, was aber nicht unbedingt Aussage sein muss wenn man nur die letzten Momente beleuchtet, ist, dass einige andere Dinge schon weit vorher schiefgelaufen sind bei denen v.a. Air France mit verantwortlich ist:
- Es war bekannt, dass die verwendeten Pitotsonden problematisch sind. Andere Airlines haben diese gegen ein Konkurrenzprodukt ausgetauscht. Aus lokalpatriotischen Gründen kann es sein, dass AF dies nicht unternommen hat. Vielleicht aber auch um diese Ausgaben einzusparen.
- Die Piloten wurden nicht ausreichend ausgebildet. Das fehlende Training für Stalls in großer Höhe für den F/O und SF/O ist ein ziemlicher Mißstand
- Dass bei Airbus FBW-Flugzeuge beide Sticks nur passiv sind und der jeweils andere Pilot nicht die Inputs des anderen mitbekommt hat sicher auch dazu beigetragen. Dann hätte der SF/O vielleicht gemerkt, dass der F/O sehr unsinnige Inputs gegeben hat.
- Die allgemeine Sicherheitskultur und Cockpitverfahren bei AF dürften auch nicht gerade als optimal bezeichnet werden.
 
Wie kann man Piloten Ausreichend ausbilden, und Stalls in grosser Höhe trainieren, wenn man keine Daten hat, um die SIMs entsprechend zu programmieren?

Trotzdem lesen die Berichte sich in meinen Augen so, daß der Finger recht deutlich in Richtung AF und deren Procedures zeigt. Sei es nun das "nationale Denken" bei den Pitots, oder eben auch das CRM. Wobei ich natürlich nicht weiss, ob es schwach geschultes oder schwach umgesetztes CRM war. Aber Schuldzuweisungen machen die Toten auch nicht mehr lebendig.
Wichtiger sind die Lehren, die gezogen werden können, um solche Vorfäle für die Zukunft auszuschliessen. Und da kommt evtl auch wieder die Luftfahrtbehörde ins Spiel, welche die wenigier zuverlässigen Systeme per AD verbieten könnte, und auch der Hersteller, der mit einer technischen Lösung aufwarten könnte. Da die Knüppel mechanisch nicht miteinander verbunden sind, könnte ich mir zB eine Anzeige im Display vorstellen, in der - überkreuz versteht sich - angezeigt wird, welche Steuerimpulse vom anderen Sitz aus gegeben werden. Wobei sich mir verschliesst, ob eine solche Anzeige nicht unter Umständen auch störend wirken kann.
 
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wenn man keine Daten hat
a) Daten erheben.

b) Hinreichend erfahrene Piloten (also wenigstens Trainingskapitäne) (wieder) high-level stalls praktisch fliegen lassen.

Ob letztere Praxis verantwortbar wäre, das müßte man sorgfältig prüfen; jedenfalls ich bin nicht auf dem aktuellen Stand der Forschung hierzu. Vielleicht läßt sich derzeit noch immer nur die Erkenntnis erneuern, daß auf dem aktuellen Stand der Technik ein eventueller Trainingsmangel noch immer nicht hinreichend sicher (safe) ausräumbar ist, und konzentriert sich bei der Verhütung eventueller künftiger ähnlicher Unglücke auf die verbleibenden, besser handhabbaren contributing factors.
 
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Wie kann man Piloten Ausreichend ausbilden, und Stalls in grosser Höhe trainieren, wenn man keine Daten hat, um die SIMs entsprechend zu programmieren?
...

Doch, diese Daten gibt es. Es wurden bereits Deep Stall Daten aus realen Testflügen von Airbus Werksmaschinen ausgelesen und für die SIM's verwendet. Zu Zeiten des A310/A300 wurden die ersten Parameter für zivile Simulatoren verwendet.
Wie gut diese Daten tatsächlich verwert- und umsetzbar sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Genau wie der aktuelle technische Entwicklungsstand diesbezüglich.
 
Ich bezog mich auf diese Aussage:
  • normale Simulatoren überhaupt kein realistisches Training eines High-Level-Stalls ermöglichen, weil dafür keine Flugdaten vorliegen, um das aerodynamische Modell des SIMs anzupassen.

Und wenn ich lese, daß gerne im High-Level-Stall 5000 ft und mehr verloren werden, und ich an meinen PPL denke, wo es maximal 100 ft sein durften, dann schwant mir, daß hier ein völlig anderes Flugmanöver geflogen werden muss, als das "von klein auf" erlernte. - ok eine Einmot ist kein Airbus, da dürfte es sicher noch mehr Detailunterschiede geben.
Das Grundprinzip sollte jedoch noch immer das selbe sein: Heading, Höhe, und Klappe halten, dann ist der FI zufrieden.
Eine geradezu "freiwillige" Aufgabe von 5.000 Fuss Höhe hört sich geradezu katastrophal an, und steht erstmal im krassen Gegensatz zum "Höhe halten" .
Wenn man weiss, daß im - inzwischen zum Standard gewordenen - RVSM die Airways in Höhenabständen von nur noch 1.000 ft gestapelt werden, macht sich die Zahl 5.000 immer noch nicht wirklich harmlos aus.
 
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