Transatlantik

Auch mit CPDLC muss man sich einmal kurz auf der HF-Frequenz melden und einen SELCAL-check machen. Beim Übergang von Shanwick zu Gander oder umgekehrt dann noch mal ein kurzer initial call, bei dem man dann mit CPDLC zur Antwort bekommt: " Voice reports not required in Gander (oder Shanwick oder Santa Maria) OCA". Das ist dann die Freigabe, auf weitere Funksprüche zu verzichten und die position reports per datalink zu erledigen.
Bis auf die ersten 6 oder 8 A340-300 sind m.E. alle LH-Langstreckenflugzeuge mit Datalink ausgerüstet, wobei ich nicht weiss , ob wirklich alle B747 CPDLC können. Wenn man das Glück hat, eine der o.a. Ausnahmen fliegen zu dürfen, ist funktechnisch ein Rückfall in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts angesagt. Bei der Kurzwellenfunkerei hängt die Übertragungsqualität sehr stark von den atmosphärischen Bedingungen ab. An manchen Tagen hat man fast Telefonqualität, an anderen Tagen geht fast gar nichts.

Viele Grüße

Werner
 

wirklich interessant. Vom procedure her absolut nachvollziehbar, was mich jedoch etwas verwundert hat, dass sie bei N46 W42 -wo noch nicht mal die Hälfte der Gander Oceanic FIR überquert war- nicht nach Neufundland umgedreht sind.
Aber wahrscheinlich waren sie nahe am für jeden Flug neu zu berechnenden 'Point of equal times' und es hätte zeitlich keinen großen Unterschied mehr gemacht. Der distanzmäßig weitere Weg nach Shannon, wurde wahrscheinlich zeitlich durch den Jetstream im Rücken ausgeglichen? Oder sie haben sich vielleicht bewußt gemacht, dass ein cracked cockpit window theoretisch nicht zerspringt und den Weg nach Irland fortgesetzt. Was aus Komfort- und operativen Gründen natürlich ein Vorteil darstellt.
Wird bei solchen Incidents immer sofort der Term 'Mayday' benutzt? Ich hätte bei einem Problem, dass erst noch zu nach einem full emergency werden kann, zuerst den Pan Pan Pan Call erwartet?
Vielleicht können uns Werner, Max oder selcall ja zum Theme etwas erhellen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Bei "cockpit window cracked" sagt die Gebrauchsanweisung, auf FL230 zu sinken und den Differenzdruck (zwischen Flugzeugkabine und Außendruck) auf 5 psi zu reduzieren, indem man den Druck in der Kabine manuell auf ein Equivalent von 8000ft einstellt. Es ist nichts gesagt von "land asap" oder ähnlichem. Wenn also der Kraftstoff ausreicht, in FL230 Richtung Europa weiter zu fliegen und auch sonst nichts dagegen spricht (Wetter o.ä.), kann und sollte man das tun. Auch Gesichtspunkte wie passenger protection (wie bekomme ich die Gäste so schnell wie möglich an ihren Zielort) und Reparaturmöglichkeiten sprechen für diese Vorgehensweise.
Das "Problem" war wohl, eine Sinkflugfreigabe auf FL 230 zu bekommen, da unterhalb der betroffenen Maschine andere Flugzeuge flogen, die weniger als 10 min (rund 60-80NM je nach ground speed) entfernt waren. 10 min sind nun einmal die erforderliche Separation auf dem Atlantik. ATC konnte also keine Sinkflugfreigabe unter Einhaltung der normalen Abstände erteilen. Auf den "Atlantik Tracks" ist Einbahnverkehr, es sei denn es ist eine sogenannte "random route" außerhalb des NAT track systems. Wenn alle in die selbe Richtung fliegen, ändert sich auch wenig am Abstand der Flugzeuge, da fast alle ähnliche Geschwindigkeiten fliegen. Da die Crew nicht bis zur Ostseite des Atlantik mit dem Sinkflug warten konnte, kam das NAT contingency procedure zur Geltung: Declare emergency ("pan pan" würde auch gehen, aber wenn schon, dann richtig. Mit "mayday" wissen alle Bescheid und es wird jetzt gemacht, was ich jetzt gerade brauche, ohne lange zu diskutieren), proceed 15NM right of track, descend to appropriate FL, get clearance from ATC. Unter Berücksichtigung der TCAS-Anzeigen ist das noch risikoloser als früher ohne TCAS. Nach Erreichen von FL230 kann man "emergency status" zurücknehmen, muss man aber nicht. In diesem Fall war aber die weitere Vorzugsbehandlung wohl nicht mehr nötig.
Der Flieger ist dann in Shannon gelandet und die Gäste wurden mit einem A321 nach DUS geflogen.

Ist aber schön zu sehen, wie man aus einem solchen Vorfall eine seitenlange Diskussion machen kann, wenn nur genug Leute ihren Senf dazugeben.;)

Viele Grüße

Werner
 
Grad noch mal nachgeblättert: Selbst als Equal Time Point (Neufundland <> Irland) ist N46W42 ein
wenig
jenseits von Gut und Böse, und alle Alternativen sind Middle of nowhere. :blush:

Nicht nur "in the middle of nowhere", sondern im Fall UAK Narsarsuaq, GL auch eher zweifelhaft. 1830m, nur ein NDB approach auf RWY07, Anflug auf RWY 25 praktisch nicht möglich. Bevor ich da lande, muss schon deutlich mehr passieren als ein Riss in der Scheibe. Aber in diesem Fall bestand ja überhaupt kein Anlass für eine schnellstmögliche Landung.

Viele Grüße

Werner
 
Wollt ich immer schon mal fragen, ob im Training auch solche "eher" abseitigen
Plätze in ihrer Konkretheit auftauchen. Zumal die meisten der Plätze die
Nordkanada zu einem angeblichen ETOPS-No-brainer machen, auch selten
mehr als 6000ft haben, oder nur Schotter, oder keinen Tower, Ground-power
oder Hotel naja.
 
Nein, im "nassen Sack" Narsarsuaq UAK BGBW waren wir im SIM noch nicht, aber in Kangerlussaq BGSF. Da gibts aber immerhin 2800m Bahnlänge.
ETOPS über Nordkanada ist m.E. kein "non-brainer", zumindest nicht, wenn aus der Theorie einmal Praxis werden sollte. Da muss man dann bei dem einen oder anderen eventuell möglichen Platz wirklich lange überlegen, ob man hier landet oder lieber die 180min ETOPS-Zeit ausnutzt und zu einem Platz mit zumindest etwas Infrastruktur und vielleicht mehr als 1600-1800m Bahnlänge weiterfliegt, zB Iqualuit CYFB, Churchill CYYQ, Yellowknife CYZF. Wenn es wirklich sehr eng wird und man sich zur Landung auf 1800m oder weniger entschliesst, weil das die einzige Alternative zur Außenlandung (=crash) ist, kann man nur hoffen, dass man möglichst bald von einer C130 abgeholt wird (sofern die dann da noch landen und wieder starten kann). Mit Hotel oder Weiterflug dürfte nicht so bald zu rechnen sein. Diese Überlegungen gelten aber nicht nur für 2-mot-Flugzeuge, denn Gründe für eine sehr zügige Landung kann es ja auch bei 4-mot geben. Ganz ehrlich gesagt, vertraut auch hier die gesamte Fliegerei auf die Statistik: Wie oft kommt es vor, dass gerade an dieser Stelle usw. usw....

Viele Grüße

Werner
bis jetzt zum Glück immer auf der postiven Seite der Statistk
 
Ist es eigentlich auch mitten auf dem Atlantik zulässig / möglich, eine andere Flughöhe zu bekommen? Aus Erfahrung erlebe ich das eigentlich erst immer, sobald man sich bereits in Reichweite von Irland befindet (obwohl das auch mit dem verbrannten Treibstoff zu tun haben kann)? In der Oceanic Clearance wird doch eine Flughöhe vorgeschrieben...

Auf welchen Strecken ab FRA / MUC / DUS bzw. ab welcher Blockzeit über den Nordatlantik ist eigentlich ein Relief Pilot dabei?

Gruß,

Dennis
 
Wenn man (per CPDLC=Datalink oder HF=Kurzwellenfunk) beim Oceanic Control Center anfragt, kann man durchaus eine andere Flughöhe bekommen, wenn diese frei ist. Allerdings sind dabei die notwendigen Abstände auch in den zu durchfliegenden Höhen zu beachten. Fazit: In der rush-hour mitten im track-system wird es nicht klappen, sonst schon.
Den relief-pilot gibt es bei LH gemäß Manteltarifvertrag ab einer Großkreisdistanz von 4200NM sowie belastungsabhängig bei einigen anderen Flügen (z.B. der "späte" ORD-Flug). Bei anderen Gesellschaften, z.B. CFG, sieht das anders aus, da wird wesentlich mehr zu zweit geflogen.

Viele Grüße
Werner
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank, Werner, für die schnelle Antwort.

Noch eine Frage zu den Oceanic Control Centern. Müsst Ihr Euch auf halben Wege jeweils von Gander nach Shanwick bzw. umgekehrt noch per Funk anmelden oder erfolgt dies auch schon per Positionsreport über Datalink?
 
Vielen Dank, Werner, für die schnelle Antwort.

Noch eine Frage zu den Oceanic Control Centern. Müsst Ihr Euch auf halben Wege jeweils von Gander nach Shanwick bzw. umgekehrt noch per Funk anmelden oder erfolgt dies auch schon per Positionsreport über Datalink?

Wenn Du eine Chance hast, lies mal "Cockpit Live", da wird das sehr detailliert und verständlich geschildert :)

Grüße
Michael
 
Das Buch ist derzeit leider bei keinem der großen Versender erhältlich (Nachdruck 2. Halbjahr 2009) und auch nicht bei eBay drin, aber danke schon mal für den Tipp.
 
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