Ist es überhaupt möglich, ein Flugzeug auf dem Rücken wie im Film "Flight" zu fliegn?

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Hallo alle zusammen.

Ich hab nun die letzten zwei Monate mich ein wenig in dem Forum hier eingelesen. Zunaechst einmal zur meiner Person. Ich bin der Kimchi/Domi, 21, aus Muenchen. Bin derzeit als Praktikant in China unterwegs. Ich wollte eigentlich nach meinem Abi mich zum Piloten ausbilden lassen. Allerdings bin ich, wie erwartet, mit meinen Augen nicht weit gekommen. Jetzt bin ich Student der Kommunikationswissenschaften und der Interkulturellen Kommunikation.

Die Luftfahrt im allgemeinen begeistert mich (finde ich einfach bei weitem spannender als Autofahren...) genauso die Technik und all die Ablauefe im Cockpit schon seit einigen Jahren. Im speziellen bin ich, bedingt durch mein Studium, auch an der Kommunikation zwischen: Pilot/Copilot, Piloten/ATC, Pilot/Flugzeug, ect. interessiert.

Ok, ich hoffe ich habe eure Augen nicht unnoetig zugespammt mit meiner Vorstellung.

Jetzt zum Thema:
Ich habe mir diesen Film neulich mal angeschaut und mir sind einige Ungereihmtheiten in dieser "Absturzszene" aufgefallen:

1. Soweit ich das noch im Kopf habe beginnt der Absturz ja irgendwo bei FL300 mit einem Sturzflug. Ca. eine Sekunde spaeter hoert man ja auch schon wie das GPWS seinen Kommentar zu der Situation abgibt ("Sink Rate, Pull up").
Ich habe zwar keine tiefgehende Ahnung von den betroffenden Flugzeugsystemen. Ich bin aber davon ausgegangen dass das GPWS mit dem Radarhoehenmesser verbunden ist (und der misst doch nur bis ca. 2.500ft, oder?).Wie kann das GPWS denn in dieser Hoehe schon anschlagen?

2. Das eigentliche Problem von dem Flugzeug im Film war doch das eine schlechtgewartete Mutter, welche nicht redundant war, gebrochen ist (Genau so ein Unfall gab es doch schon mal irgendwo in den Staaten...). D.h. doch dann dass das Hoehenleitwerk jedesmal in Richtung Schwerkraft haengt? D.h. selbst auf dem Ruecken fliegend muesste es ja dann wieder nach "Unten" haengen und der ganze Spass geht wieder ins Bodenlose?

Das sind zwei Dinge die mir an dem Film aufgefallen sind. Wuensche euch einen Guten Morgen und ich selbst begebe mich jetzt mal zu meinem Mittagessen.



PS: Ich wollte mich gleich noch bei den Forumskollegen bedanken dass ich ueber die letzten zwei Monate so tolle Posts hier lesen durfte. Insbesondere sind mir dabei die Herren MaxReverse und Huss aufgefallen.
 
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H
1. Soweit ich das noch im Kopf habe beginnt der Absturz ja irgendwo bei FL300 mit einem Sturzflug. Ca. eine Sekunde spaeter hoert man ja auch schon wie das GPWS seinen Kommentar zu der Situation abgibt ("Sink Rate, Pull up").
Ich habe zwar keine tiefgehende Ahnung von den betroffenden Flugzeugsystemen. Ich bin aber davon ausgegangen dass das GPWS mit dem Radarhoehenmesser verbunden ist (und der misst doch nur bis ca. 2.500ft, oder?).Wie kann das GPWS denn in dieser Hoehe schon anschlagen?


Sink Rate wird dann ausgeschlagen wenn die Sinkrate zu hoch ist ("excessive rate of descent"). Eine hohe Sinkrate ist auch in großen Höhen gefährlich, die Warnung kann daher auch dort ausgelöst werden. Bei Airbus-Flugzeugen wird dies vermutlich kaum passieren weil die FBW-Regelung eingreifen wird, da ist dann eine höhere Sinkrate erst in Bodennähe so gefährlich dass eine Warnung erfolgt. Bein Flugzeugen von Boeing sollte die Sinkrate-Warnung auch in großer Höhe erfolgen. Für die Sinkrate-Warnung ist daher auch eine hohe Vertikalgeschwindigkeit ein Auslöser, unabhängig vom Radarhöhenmesser.

Moderne GPWS, die EGPWS (Enhanced Ground Proximity Warning System) greifen inzwischen zusätzlich auf Datenbanken zu in denen die Terrainhöhen abgespeichert sind. Dadurch lassen sich auch Warnungen frühzeitig generieren wenn der Radarhöhenmesser noch keine exzessive Annäherung an den Boden erkennt. Bei den alten GPWS war es häufig schon viel zu spät zu reagieren als die Warnungen gekommen sind.
 
@MANAL
Mode 1, Gefährliche Sinkgeschwindigkeit – excessive rate of descentWarnmeldung: „SINK RATE“ „PULL UP“
Radarhöhe und barometrisch gemessene Sinkgeschwindigkeit werden ausgewertet. Je niedriger die Radarhöhe, desto kleiner ist die Toleranz der maximal erlaubten Sinkgeschwindigkeit.

Die Radarhöhe gehört dazu. Da die Radarhöhenmesser normalerweise erst unter 2500ft aktivieren, gibts beim GPWS höher auch keine Warnung.
Beim EGPWS mit der Geländedatenbank eventuell schon.
 
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BASIC GPWS

Das Basic GPWS empfängt nur Daten vom Radarhöhenmesser und geht im Funktionsumfang noch auf die ersten System der (geschätzt) 80er-Jahre zurück.

Ich könnte mir vorstellen, dass damals eine größere Radarhöhe als ~ 2.500 ft nicht zuverlässig mess- und anzeigbar war. Heute wird zwar die Radarhöhe auch erst ab 2.500 ft AGL angezeigt, dass System liefert aber bereits wesentlich früher brauchbare Werte (z.Z. bis >10.000 ft, auf Umwegen abrufbar). Für die Flugdurchführung sind dieses allerdings irrelelvant.

Daher endet der Warning Envelope des Mode1 (Excessive Rate of Descent) in 2.500ft AGL, darüber kann das System nichts 'sagen'.

Enhanced GPWS

Dieses teilt sich zwar den Namen und hat einige ähnliche Callouts, ist ansonsten aber total unabhängig von basic GPWS. Es arbeitet ausschließlich mit Terrain- und Obstacle-Daten aus einer weltweiten Datenbank, der Flugzeugposition und Höhe.

Die letzteren beiden Werte werden auf unterschiedlichste Weise berechnet: Von einer relativ sicheren GPS-Position und mehrfachen Hybridhöhe bis hin zu potentiell verfälschten IRS-Positionen und rein barometrischen Höhen (QNH falsch berechnet / zu hoch eingestellt-> u.U. keine Warnung) ist hier alles drin.

Sobald die Daten auf ein absehbares Berühren des aus den Terraindaten errechneten Terrain-Clearance-Floor schließen lassen, wird eine Warnung erzeugt. Da das System eine vorausliegenden senkrechte Bergflanke sehen kann, die ein nur nach unten messender Radaraltimeter nicht/zu spät sieht, hat es riesige Vorteile und schon zahlreiche Unfälle verhindert.

Eine High-Sinkrate in 30.000 ft über dem Meer wäre ihm egal, über dem Himalaya wird es sich melden.

Gruß MAX
 
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Sink Rate wird dann ausgeschlagen wenn die Sinkrate zu hoch ist ("excessive rate of descent"). Eine hohe Sinkrate ist auch in großen Höhen gefährlich, die Warnung kann daher auch dort ausgelöst werden. Bei Airbus-Flugzeugen wird dies vermutlich kaum passieren weil die FBW-Regelung eingreifen wird, da ist dann eine höhere Sinkrate erst in Bodennähe so gefährlich dass eine Warnung erfolgt. Bein Flugzeugen von Boeing sollte die Sinkrate-Warnung auch in großer Höhe erfolgen.

Bei Boeing erfolgt die Sinkratewarning auch erst in der Nähe von Terrain. In großer Höhe sind hohe Sinkraten manchmal notwendig, z.b. bei einem Emergency descent.

Der Unfall, an dem sich der Film lose orientiert, ist Alaska Airlines 261

http://en.wikipedia.org/wiki/Alaska_Airlines_Flight_261
 
Ach cool. Das geht ja richtig flott mit den Antworten hier. Danke an C9T1, BenBen, MaxReverse und ETSE.


@ETSE. Kein Ding, kein Ding. Das mit dem Lesen ist immer so eine Sache, die bekomme ich auch nicht immer hin. :D
 
Da ist mir gerade nochwas eingefallen. Der Captain gab doch im Sturzflug (also bei ner recht hohen Speed moechte ich meinen) die Order "Full Flaps, Speedbrake, Gear down".

Speedbrake und Gear verstehe ich ja noch (Speedbrakes haben ja an sich kein Belastungslimit und ob die Fahrwerksklappen abreissen ist in der Situation ja auch schon egal denke ich mal.)
Aber das mit den Klappen find ich komisch. Reissen die bei der Geschwindigkeit nicht einfach vom Fluegel ab?
 
tobi, um mal auf deine Ursprungsfrage einen Hinweis zu geben....natürlich wurden Passagierflugzeuge nicht konstruiert um in Rückenlage zu fliegen....und die meisten Passagiere verfügen dafür auch nicht über den entsprechenden Humor :)

rein technisch unterstelle ich aber mal das auch eine 737 oder eine 747 kurzzeitig ohne Probleme in Rückenlage fliegen kann (wenn es der Pilot kann), die Tragflächen halten die Belastungen m.E. auf alle Fälle aus die sind in den modernen Flugzeugen für sehr hohe Belastungen konstruiert.

Natürlich ist der Auftrieb der Tragflächen in umgekehrter Fluglage nicht optimal und man darf zumindest befürchten das die Maschine bei zu geringer Geschwindigkeit einen Strömungsabriss erleidet was dann natürlich mangels Training in einem Desaster enden dürfte.

Aber ich sage mal - Ja, theoretisch könnte eine Passagiermaschine eine langsame Schraube drehen.

Das ein Kampfjet solche Manöver problemlos durchführen kann und das auch in wesentlich schnelleren Drehungen ist sogar notwendig davon kann u.a. das Überleben der Besatzung abhängen. Spätestens wenn du eine IRIS-T am Hintern kleben hast wüstest du solche Manöver zu schätzen.

Das zu deiner eigentlichen Frage....dann wurde hier etwas in den Raum geworfen wo ich den Eindruck habe das einige User Fliehkräfte und Beschleunigungskräfte in einen Topf werfen. Vorweg....wenn man in 15.000 Fuß schön geradeaus fliegt egal mit welchem Flieger ist die Belastung auf den menschlichen Körper nicht höher als unten auf dem Boden....nämlich 1G. Erst bei verschiedenen Flugmanövern, Kurven- Sink- Steigflug verändern sich die G-Kräfte.

1G entspricht also der normalen Erdanziehungskraft.....auf einen Menschen mit 100 Kg Körpergewicht kommt bei Faktor 1 also keine höhere Belastung zu.

Bei 2G eben das doppelte sprich 100 Kg Körpergewicht = 200 Kg Belastung
bei 3G dann das dreifache also 300 Kg Belastung usw

Kampfjetpiloten müssen mindesten 5G aushalten wobei das absolut unterste Grenze ist. Kurzzeitig müssen sogar Kräfte von 8-9 G verkraftet werden. Aber dann hört sich das an wie ne alte Oma mit Schnappatmung :)

Hoffe ich konnte etwas zu der Thematik beitragen und ich bemühe mich für die interessierten Nichtflieger so zu schreiben das jeder es verstehen kann.
 
Hm - in jedem G steckt bekanntlich ein g. Und g wird kleiner, je weiter man sich vom Erdmittelpunkt entfernt - sprich auch mit zunehmender Flughöhe. Von da her würde ich die Ausage, daß in einem unbeschleunigtem Flug die Belastung gleich gross ist, wie am Boden allein schon durch die hier beispielhaft genannte Flughöhe von 15.000 Fuss etwas relativieren.
Physikalisch ist die Belastung immer noch eine Kraft - und wird nicht in Kilogramm gemessen. Immerhin werden damit hohe G-Kräfte mit zunehmender Flughöhe "erträglicher".

Bei einem Airliner macht mir das Drehmanöver an sich Sorgen: Ich denke - ohne genaue Zahlen parat zu haben - daß ein Kampfjet-artiges, schnelles Rollmanöver die Verbindung Flügelwuirzel/Rumpf deutlich über-beanspruchen würde, und ein langsames, die Wurzel weniger belastendes Manöver unweigerlich zum Stall führen würde - Pest oder Cholera also. Je moderner und effizienter (A350/380, B787) der Vogel ist, desto mehr Angst hätte ich dabei.
Mag sein, daß es einen schmalen Grat zwischen beidem gibt, den man mit mehr Glück als Verstand auch tatsächlich treffen könnte. Aber mein Leben würde ich da nicht drauf verwetten wollen.

Ja, auch Airliner müssen einiges aushalten. Aber Dinge, für die sie nicht konstruiert wurden, müssen sie auch nicht aushalten. Kunstflug, Rückenflug etc gehört definitiv in die Kategorie "Außerhalb des Konstruktionslimits"
Bei einem Jet versagt mit zunehmenden Belastungen als erstes der Pilot. Beim Ariliner ist es umgekehrt.

Man kann so einen Vogel auf dem Rücken im Flug halten. Das Problem ist, ihn überhaupt erst man auf den Rücken zu bekommen - und nach Möglichkeit auch wieder zurück.

Das Lastvielvafache n beträgt bei einem Steep Turn mit 60 Grad Querneigung 2.0 - was zu einer Belastung von 2 G führt. Bei 75 Grad sind es bereits 3.9. Flugzeuge der allgemeinen Luftfahrt sind zumeist zugelassen für ein maximales Lastvielfaches von 3.8 - wobei man natürlich zwischen Dauerbelastung und einer kurzzeitligen unterscheiden muss, und es einen gewissen Toleranzbereich zwischen Zulassungsgrenzwert und tatsächlichem Materialversagen gibt.
 
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@Cooger013
Ich denke, dass schon klar war bzw. wurde was Du mit den kg meintest. Allerdings - und was mich betrifft hatte mein Physiklehrer in der Unterstufe nicht geringen Anteil daran - biegen sich den Leuten, die etwas naturwissenschaftlich vorgebildet sind, die Zehennägel hoch, wenn Massen und Kräfte in der Benennung so durcheinander geworfen werden.

Massen werden eben in Gramm oder Kilogramm ausgedrückt, Kräfte veraltet in pond oder Kilopond und heutzutage eben in Newton oder kN.
 
welchen Schluß soll ich jetzt daraus ziehen? :)

schon richtig wegen der unterschiedlichen Benennung von Massen und Kräften aber ich erkläre solche Dinge meistens Leuten die nun mal nicht aus der Fliegerei kommen also dem typischen Laien.
[...]

Das war mir schon klar (und Piloten sind und ich sehe sie selbstverständlich als naturwissenschaftlich vorgebildet an)! Ich wollte eigentlich nur erklären warum Du die kg verwendet hattest, da ich das Gefühl hatte, dass Bruchpilot und Du aneinander vorbei redet.
 
Hatte ich eigentlich nicht den Eindruck, daß wir aneinander vorbei reden. Ich empfand @Coogar nur hier und da ein wenig ungenau in seiner - sehr anschaulichen - Erklärung. (Das Gewicht eines Menschen, auch das relative Gewicht, wird ebenfalls nicht in kg gemessen *gg*)

Mir ist durchaus bekannt, daß man im MIL-Bereich gerne vereinfacht, wo es nur geht, was auch dazu führt, daß man bei den Belastungen das kleine g gerne rauskürzt, und nur noch die relevante Grösse betrachtet: Die Masse. Nur ist mir eben - wie dir, munich - es ein wenig ein 'Dorn im Auge', Belastungen oder Gewichte in kg anzugeben. Es sind nunmal Kräfte. Diese haben nicht nur einen Betrag, sondern auch eine Richtung.
So viel Physik 'muss' für mich dann doch irgendwie sein.

Das nächste Problem wäre dann die Triebwerksaufhängung. Diese ist in keinster Weise darauf ausgelegt, ein Flugzeug vom Triebwerk abzuhängen. Mir fehlen die exakten Gewichte (leere Tanks wären sowieso vorausgesetzt) und Hebealarme, und das alles auszurechnen, aber in meiner überschlägigen Abschätzung komme ich jedes mal deutlich über das, was ein Aufhängungs-bolzen durchschnittlicher Stärke mitmachen würde.
 
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