Trip-Report (F-/C-/Y-Class): MUC-SIN-SYD-CNS-CTN-AKL-ZQN-MFN-SYD-SIN-BKK-MUC

Hallo Donnergeräusch,

auch von mir ein großes Lob. Seit ich Deinen interessanten und toll geschriebenen Reisebericht lese steigt bei mir die Vorfreude auf meinen nächsten Urlaub. Auch ich fliege im Februar nach Sydney und Neuseeland.

Ich freue mich schon darauf, den nächsten Teil Deiner Erlebnisse zu lesen.

Viele Grüße, Uwe
 
Einfach nur :resp: für deinen Trippreport.

Zudem hast du mir dieses Mal ein zweifaches déjà vu beschert:

Deine Liebe zu Sidney teile ich. Dein Luftbild von Sidney bringt die geografische Besonderheit dieser Stadt auf den Punkt.

Und die ach so wichtigen Yuppie-Mädelz... Da musste ich richtig loslachen. Denen begegne ich auch sehr häufig. Gerade wieder diese Woche, als ich beruflich in Viersen / NRW war. Nicht nur, dass dieses Mädel sehr routiniert Service und Küche des hervorragenden Gasthofes schikanierte, sie bemitleidete sich auch noch Gaststuben-beschallend laut handyonierend, in dieser Gegend sein zu müssen. In dieser Provinz könne sie ihre sooo wichtige, heilsbringende, für das wirtschaftliche Fortkommen dieser Gegend unerlässliche Tätigkeit nicht so richtig umsetzen. Natürlich nuuur mangels fehlender Urbanität dieser Region...
Ach ja... sie erhielt ihre Rechnung als letzte :whistle:
 
Sydney - Singapore

Nach vielen Flügen in der Holzklasse ist endlich wieder First Class angesagt: First Class von Sydney nach Singapur. Da erwartet man jetzt bestimmt etwas ganz Besonderes. Aber ich muss enttäuschen: Es war ein Tag ohne grosse Besonderheiten, auch vom Flug in der Boeing 747 gibt es nichts Bemerkenswertes zu berichten: Nicht einmal die Stewardessen störten, was Stewardessen durch zu viel Service in der First gerne zu machen pflegen. Nein, das Flugpersonal störte diesmal überhaupt nicht. Eher im Gegenteil. Also melde ich: Heute gibt es einen Report über einen ganz normalen Flug! Doch genau dies mag der Grund sein, warum ich heute den angenehmsten Flug meines Lebens erlebe: 8 Stunden angenehm lang fliegen von Sydney nach Singapur.

Aber brav der Reihe nach: Vom Airporthotel nehme ich den Shuttle zum Terminal. Ich bin auf einen Abflug um 12 Uhr 45 getaktet, doch in Wirklichkeit geht es schon um 11 Uhr 30 los. Ich hatte die Zeit falsch in Erinnerung. Am Check-in Schalter der Singapore Airlines ist vor mir ein Ehepaar mit Kind zuerst an der Reihe: Eine Familie mit Kleinkind in der First? Hoffentlich nicht, denke ich mir, denn auf Kindergeschrei bin ich nicht aus. Zum Glück durften sie nur deshalb am First Class Schalter einchecken, weil sie das passende Kärtchen hatten.

Nach dem Check-in gehe ich durch die Sicherheits-Fummelkontrolle und dann gleich in die First Class Lounge. Es ist noch Zeit. Sie ist ein paar Meter neben dem Abfluggate nach Sydney eine Etage höher. Es ist keine besondere Lounge. Aber sie hat alles, was man braucht: Büroräume, WLan, Ledersessel, Tisch und ein Buffet mit ganz guten Häppchen - Fisch, Fleisch, Käse und sonstiges.

Auf dem Flug nach Singapore gibt es sechs First Class Gäste, sie ist also zur Hälfte gebucht. Alle warten in der Lounge: Ein Finanzmann mit seinem Assistenten, beide mit Nadelstreif, Krawatte und Laptop. Eine ältere Businessdame in einem wirklich feinem Kostüm, die im Internet arbeitet. Ein grauhaariger Senior, auch im Anzug, der Zeitung liesst. Ein Mann im besten Alter mit Krauselhaar, Brille und zwei Rollkoffer als Handgepäck. Er arbeitet mit seinem Blackberry. Und ich: kurzes graues Haar, schwarze Schuhe und Socken, beige Jeans, ein maßgeschneidertes Hemd (ja, ich habe so etwas) und darüber mein wunderbar warmes schwarzes "Flugzeug"-Wolljäckchen, was mich in jedes kalte Flugzeug begleitet. Ich bin auch im Internet unterwegs und frage Mails ab. Wir schauen alle gepflegt aus, aber gewiss nicht overdressed.

Das Boarding beginnt: Wie immer werde ich direkt an der Flugzeugtür mit Namen begrüsst. Ich habe Platz 4A, Die First Class Plätze von Singapore Airlines sind nobel: lackiertes Wurzelholz, feine Sitzstoffe, edle Oberflächenmaterialien. Gut ein einhalb Meter vor dem Sitz ist der ausklappbare, große Bildschirm. Der breite Tisch ist unter dem Fernseher und lässt sich Richtung Sitz ausfahren. Die Sitze sind einfach zu bedienen - die Befehllogos in der rechten Armlehne sind selbsterklärend: Man kann aus dem Sitz einen Fernsehsessel machen, oder ein 2 Meter langes bequemes Bett (die Beine sind dann unter dem Fernseher). Man kann aber auf dem Sitz einfach nur sitzen, wenn man als First Class Passagier nur zu sitzen wünscht.

Zwei Stewards und eine Stewardess sind für uns sechs Fluggäste da. Manchmal helfen sie in der Businessclass aus, wo mehr los ist. Ich bekomme vor dem Start meinen Orangensaft und warme Nüsse. Das Vorderrad macht auf dem Weg zur Startbahn komische Geräusche. Ich denke kurz an mein Pech mit den Rädern auf dieser Reise. Trotz der sonderbaren Geräusche starten wir Richtung Meer, der Pilot hat also Mut, obwohl ich an Bord bin.

Die Stewardess überreicht die Speise-, Wein- und Getränkekarte: 20 Seiten voller Geschmack. Ein sieben Gänge Menu steht auf dem Programm. Soll ich die Speisenfolge zitieren? "Appetiser: Chilled malossol Caviar or Tian of creabmeat with avocado" steht da geschrieben. Ich wähle die Krabben. Dann gibt es wahlweise Cream-Suppe mit Kartoffeln oder eine Hühnersuppe mit Pilzen und anschliessend Feldsalat mit Haselnuss-Vinalgrette. Zum Hauptgericht stehen fünf Speisen zur Auswahl: meine Wahl fällt auf das Barramundi-Fischfilet mit Pesto, Tomatensause, Kartoffelfondant und Bohnen. Ich hätte aber auch würzig geröstetes Huhn, Pasta, Thai-Garnelen oder einfach nur einen Roquefort-Toast nehmen können. Doch mir war heute nach Fisch. Als Dessert: warmer Organenkuchen mit Vanilleeis. Danach eine grosse Auswahl Käse vom Buffet mit Nüssen und Crackers, zum Schluss noch frische Früchte. Gute zwei Stunden brauche ich, bis ich mein Menu abgearbeitet habe: Als letzter der Passagiere bin ich fertig und bekomme eine Auswahl an Pralinen und Kaffee - für mich diesmal einen Cappucino.

First Class Flüge sind Fressflüge! Auf dem 8 Stunden Flug gibt es nochmals ein warmes Essen, wenn man denn vom ersten Menu nicht satt geworden ist: Thai Rice oder Spaghetti - wie immer serviert auf Porzellangeschirr und mit Edelstahlbesteck. Laufend im Angebot: Kekse, Crakers, Pralinen und handverlesene warme Nüsse. Ich verzichte auf alles wohlernährt. First Class Flüge sind auch Trinkflüge! Nicht nur Wein oder Bier, verschiedene Kaffee- oder Teesorten, Fruchtsäfte, heisse Schokolade oder Milch stehen auf der Karte, sondern auch Cocktails, Whiskys, Liköre und sogar auch gemixte Longdrinks. Ich probiere ausnahmsweise einen Singapore Sling. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Wir sind irgendwo über dem westlichen Australien. Über der roten Wüste sind ein paar Schäfchenwolken, sonst nichts. Ich studiere das Unterhaltungsprogramm von Singapore Airlines. Es ist das Beste, was ich kenne. Alles on demand. Sogar "Good bye Lenin" ist im Auswahlprogramm. Ich starte den Film nach dem Essen - für mich eine Premiere, ich habe "Good bye Lenin" noch nicht gesehen. Die Sitzstellung: natürlich Fernsehsessel.

Mehr als die Hälfte des Fluges habe ich nun schon hinter mir. Ich werde etwas müde. Der Grund: Die First Class Cabine ist mittlerweile eine Dunkelkammer, alle Fenster sind abgedunkelt. Da muss man müde werden. Der Sitz wird jetzt zum Bett. Die Stewardess bringt mit ein zweites Kopfkissen und eine kuschelige Bettdecke im Satinbezug, auf das Bettlacken verzichte ich. Sie deckt mich zu. Es ist mir nicht unangenehm. Diese Stewardess hat ein ganz dezentes Benehmen. Ich schlafe bestimmt eine halbe Stunde oder sogar ein paar Minuten mehr. Nach dem Aufwachen lese ich in meinem fliegenden Bett mein Buch weiter, trinke etwas Cappocino und bekomme von meiner Stewardess handverlesen warme Erdnüsse (sie pickt Erdnüsse aus der Nussschale heraus, nachdem sie beobachtet hat, dass ich besonders Erdnüsse mag!). Dann höre über das wohlsortierte Unterhaltungsprogramm klassische Musik. Der Klang: ernorm. Er kommt aus Ohrhörern, die die Aussengeräusche mindern. Auch alle anderen First Class Passagiere lassen es sich mittlerweile gut gehen. Die Laptops sind verschwunden, die wohlgekleidete Business-Dame hat ihr Kostum gegen einen bequemen Trainingsanzug gestaucht, und der Nadelstreif-Manager seine Faltenhose gegen Jeans.

Ich gehe durch das Flugzeug, erst ganz nach hinten, dort wo die Sitze etwas enger sind, dann gehe ich auf der anderen Seite wieder nach vorne in die Businessclass. Dort schauen mir alle Stewardessen zuerst auf meine Füsse. An meinen Füssen sieht man, was ich darf - ob ich also durch die Business Class gehen darf oder nicht. Denn First Class Passagiere haben graue Hausschuhe an. Damit darf man alles, sogar ins Oberdeck gehen: Man wird freundlich gegrüsst - aber erst nachdem mit geübten Blick die Fussbekleidung gecheckt wurde.

Ich stehe hinter meinem Sessel und unterhalte mich mit meiner Stewardess: Sie fragt, ob ich aus der Gourmetbranche komme, weil ich so geschmackvoll essen würde. Ich verneine. Sie fragt, warum ich Klassik so gerne höre und wen am liebsten. Sie mag Edvard Grieg. Sie sagt, dass sie in wenig Deutsch könne, denn sie fliegt ein mal im Monat die Frankfurt Route. Wir sprechen mal Deutsch, mal Englisch. Sie fragt, wie weit denn München von Frankfurt entfernt sei. Ich zeige ihr Fotos auf meinen IPhone - Fotos vom Chiemgau, meinem Auto, meinem Büro und meinen Leuten. Sie erzählt mir von Singpore, von der Stadt, gibt mir Insidertips, redet über ihre Familie und vieles mehr. Sie sagt, dass ich ein ganz angenehmer Fluggast sei. Ich sage ihr, dass sie eine ganz angenehme Stewardess ist. Wir stehen hinter dem Sessel und unterhalten uns ....

Der Landeanflug beginnt. Es regnet. Wir sind schon da und 8 Stunden Flug sind vorbei. Dieser Flug hätte länger dauern dürfen, ja viel länger. Schon in der Fluggast-Brücke auf dem Weg zum Terminal fehlt sie mir: meine Stewardess. Ich habe mich in sie verknallt. Und so etwas passiert mir ganz selten, das letzte mal vor vier Jahren, zum ersten mal in meinem Leben in eine Stewardess und zum ersten mal in eine Asiatin. Ich denke am Gepäckband an sie. Wir haben bestimmt eine Stunde dagestanden und uns unterhalten. Ab und zu ist sie kurz zum Arbeiten weg gegangen, dann wieder gekommen. Erst das Anschnallzeichen zur Ladung beendete unsere Konversation: ich musste mich hinsetzen. Hätte ich sie auf ihre Adresse ansprechen sollen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Die First Class in einer Boeing 747 der Singapore Airlines. Der Sitz, der Sessel, das Bett ....
 

Anhänge

  • IMG_0421.jpg
    IMG_0421.jpg
    159,8 KB · Aufrufe: 167
  • IMG_0438.jpg
    IMG_0438.jpg
    170,6 KB · Aufrufe: 145
  • IMG_0472.JPG
    IMG_0472.JPG
    268 KB · Aufrufe: 123
  • IMG_0491.jpg
    IMG_0491.jpg
    179 KB · Aufrufe: 124
  • IMG_0503.JPG
    IMG_0503.JPG
    290,5 KB · Aufrufe: 143
Fünf der sieben Gänge des First Class Menues: Appetizer, Suppe, Salat, Fisch, Kuchen und Eis
 

Anhänge

  • IMG_0457.JPG
    IMG_0457.JPG
    243,7 KB · Aufrufe: 82
  • IMG_0454.JPG
    IMG_0454.JPG
    292,7 KB · Aufrufe: 87
  • IMG_0452.JPG
    IMG_0452.JPG
    281,7 KB · Aufrufe: 85
  • IMG_0447.JPG
    IMG_0447.JPG
    284,9 KB · Aufrufe: 92
  • IMG_0445.JPG
    IMG_0445.JPG
    269,1 KB · Aufrufe: 90
Vielen, vielen Dank auch von mir fuer deinen grossartigen Bericht! Zur herausragenden Qualitaet wurde hier schon alles gesagt, da kann ich mich nur anschliessen.

Aber was mich besonders fasziniert: Du hast eine Reise gemacht, die fuer die meisten von uns fuer immer ein Traum bleiben wird (Fluege in der First, 6*-Hotels etc.) Aber du schaffst es, das alles mit einer beeindruckenden Bescheidenheit darzustellen. So etwas habe ich bisher bei keinem Tripreport gesehen. Vielleicht liegt es daran, dass du uns hier nicht nur die Fakten deiner Reise darstellst, sondern auch deine persoenlichen Eindruecke und Gefuehle.

Ich freue mich auf jeden Fall auf den Rest deiner Reise! Und natuerlich auf viele weitere Berichte von dir, sofern du dir die Arbeit machen willst!
 
Zuletzt bearbeitet:
@Donnergeräusch
Deine Erzählungen über den First Class Flug sind sehr schön geschrieben. Ich kann mir alles sehr gut vorstellen und das OHNE Fotos! Und das obwohl ich selber noch nie in F oder C geflogen bin.
:resp:

Und wie @Transrapid schon schreibt, alles in einem Stil der nicht angeberisch ist trotz eines recht luxeriösen Fluges. Du lässt einem sehr persönlich mit daran Teilhaben an diesem eigentlich recht alltäglichen Erlebnis für F-Paxe.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wieder mal entdecke ich zu spät ein gutes Thread hier im Forum!
Ich habe schon Teile davon gelesen, aber ich werde sicher Stunden noch hier verbringen! ;)
Also vielen Dank Donnergeräusch, ein tolles Reisebericht!

Gruß,
Cirrus
 
Ich schaue nicht täglich ins Forum deshalb hab Ich deinen Reisebericht erst heute gesehen. Er hat mich jetzt seit 1 1/2 Stunden völlig gefesselt. Danke! Weiter so!

Gruß
Jonas
 
Geduld, Geduld ....

Ich muss heute Abend erst mal von einem anderen Flug berichten, den ich am Sonntag Abend erlebte ..... Evakuierung ! (das erlebt man auch nicht alle Tage)! Den Flug muss ich also unplanmässig einschieben, bevor ich wichtiges vergesse. Ich mache dafür einen neuen Thread auf, weil er nicht zu dieser Reise passt.

Mit diesem Tripreport geht es dann hoffentlich noch in dieser Woche weiter. wenn ich Zeit finde (Flugabschnitt Singapore - Bangkok - obwohl nur ein Hüpfer aber dennoch First Class)
 
Auch wenn es schon zigmal gesagt wurde @donnergeräusch:

Dein Report ist definitiv das Feinste in Sachen Reisebericht, das ich je gelesen habe.

Da ich die Zeit, bis sich ein Verlag deiner genialen Texte annimmt, nicht erwarten kann, habe ich alle Berichte herauskopiert (mit deiner Erlaubnis hoffentlich...) und in einen langen Text umgewandelt.......bisher sind es über 20 Seiten DinA4 ( !!! ) normal formatiert (Arial 12pt) - das hätte ich so nicht erwartet.
(Auf diese Art und Weise kann ich den Report z.B. meinem ebenfalls flugzeug-verrücktem Vater zum Lesen geben - in seinem Alter liesst er nicht mehr gerne vom Monitor ab).

Aber das Schönste daran ist: Das "Buch" ist ja - wie du selbst sagst - noch lange nicht zuende :)

DANKE !
:resp:

Gruss aus ETSF
 
Zuletzt bearbeitet:
Und bekomme ich noch die letzten Berichte du noch schreiben wolltes???

Ich frage deswegen weil man dein Bericht bis jetzt in ein Buch abrucken sollte und Verkaufen solltes, Weil du es wirklich sehr gut geschrieben hast und weil man es sehr gut lesen kann. Also sage ich mach weiter so!!!!
 
Singapore - Bangkok (Boarding First Class)

First Class auf Mittelstrecken werden weltweit kaum mehr angeboten - auch in Asien nicht mehr. Doch zwischen Singapore und Bangkok bietet eine Fluggesellschaft feinstes First Class Fliegen an - und das sogar zur passenden Abendzeit: Nach dem Tagwerk in Singapore kann man im Flugzeug bestens zu Abend speisen, um dann in Bangkok zu einer menschlichen Zeit vor Mitternacht müde ins Bett zu fallen. Wer bietet einen solchen First Class Service auf der Strecke Singapore nach Bangkok am Abend an? Die Antwort hat mich auch überrascht: Es ist nicht die Singapore Airlines und auch nicht die Thai. Es ist eine kleine, aber sehr feine Gesellschaft eines ebenso kleinen Bergvolkes, das sehr stolz auf sich ist und ihre Fluggesellschaft. Dieses Bergvolk hat eine Flagge, an der man es sofort erkennt: es ist eine rote Fahne mit einem weissem Kreuz mittendrin. Und diese Flagge ist auch das Erkennungszeichen der Fluggesellschaft des kleinen Bergvolkes: es ist die Swiss. Die Schweizer bringen mich also in der First Class von Singapore nach Bangkok. Und sie tun es auf ihre Art und Weise, die einmalig ist: Es geht bei diesem Flug um lockeren First Class Service und um das Gefühl, ein wichtiger Mensch zu sein. Genau das vermittelt mir die Swiss und allen dezenten Wichtigkeitsfacetten.

Also: Wer sich einmal im Leben so richtig wichtig fühlen möchte, der sollte diesen Flug buchen und natürlich auch fliegen. Man erlebt auf diesem kurzen Trip alle unterschiedlichen Wichtigkeitsgefühle - von "Normal First Class Wichtig" - das ist die unterstes Abstufung - beim Check-In in Singapore bis hin zum "Super Extrem Wichtig" bei der Einreise in Bangkok. Man steigt förmlich auf der Wichtigkeitsskale auf - vor, während und nach dem Flug. Am Schluss weiss man gar nicht, wie wichtig man nun wirklich ist. Man könnte sogar Grössenwahnsinnig werden: Ich lag 50 Minuten nach der Landung in Bangkok schon in meinem Hotelbett mitten in der Stadt. Das glaubt mir keiner, aber mit First Class geht es. Eigentlich bräuchte man im Hotelbett dann jemanden, der einen in die Nase beisst und sagt: "Hör mal: Du bist auch ein ganz normal Sterblicher!"

Dieser Flug muss deshalb von Anfang an beschrieben werden. Ich beginne mit dem Check-In in Singapore. Dort bin ich auf der Wichtigkeitsskala noch als "normal" eingestuft. Ich bin gute drei Stunden vor Abflug da, denn ich möchte auf dem Flughafen noch eine spezielle Sache einkaufen. Am Swiss-Schalter stehen nur vier Menschen - es sind die vier kleinen und gar nicht mal so hübschen asiatischen "Handling-Agentinnen" der Swiss (apropos Handling-Agentin: was für eine sonderbare Wortschöpfung. Da denke ich doch eher an James Bond Agent 007 und seine Girls, aber nicht an Boden-Stewardessen).

Von Fluggästen ist weit und breit nichts zu sehen: am Economy-Schalter steht keiner an, am Business-Schalter auch nicht und am First-Class-Schalter ebenso niemand. Liegt es daran, dass ich zu früh dran bin? Liegt es daran, dass niemand von Singapore über Bangkok nach Zürich fliegen möchte? Ich weiss es nicht. Jedenfalls steht kein Passagier an. Ich gehe also zum Economy-Schalter und lege mein wichtig aussehendes Lufthansa Kärtchen und meine Reisepass vor. Ich habe ja ein "unsichtbares" F-Etix - also mal sehen, was passiert, wenn man am falschen Schalter steht. Da passiert folgendes: ein Auflauf von weiblichen Swiss-Agenten! Die kleine Economy-Handling-Agentin schnattert asiatische Wörter zu ihren beiden Agentinnen am Business- und First-Class-Schalter. Beide Agentinnen springen auf, und auch die zweite Economy-Agentin links daneben stösst hinzu. Ich habe es jetzt mit vier kleinen Handling-Agentinnen zu tun, die zwar nicht so hübsch, aber dafür um so unterhaltsamer und nett sind. Sie schnattern mit mir Englisch, ich schnattere auch zurück. Ich fühle mich wohl. Vier Frauen kümmern sich um mich: um meinen Koffer, meinen Gutschein für die Lounge und um meine Boardingkarte.

Singapore hat einen sehr interessanten Flughafen. Man läuft auf Teppichböden und man kann gut Einkaufen oder durch Geschäfte schlendern, um zu sehen, wie und was andere einkaufen. Zweites tue ich am liebsten (Leute beim Einkaufen beobachten), denn das Einkaufen selbst gehört nicht zu meinen Stärken. Ich habe erstens keine Geduld und zweitens keine Ahnung von den meisten Produkten, die ich einkaufen soll oder muss. Doch diesmal steht tatsächlich ein Einkauf auf meinem Programm, den ich mir fest vorgenommen habe: Ich möchte mir für mein IPhone einen Kopfhörer besorgen, wie ihn Singapore Airlines für seine First Class Gäste anbietet - einen Kopfhörer, der Aussengeräusche absorbiert. Den gibt es im Apple-Store. Der ist in einem anderen Terminal. Also fahre ich nach der Passkontrolle erst einmal Zug zum nächsten Terminal: es ist ein automatischer Zug auf Gummireifen ohne Zugführer (gesteuert durch Geisterhand wie die U-Bahn in Nürnberg). Mich begeistert so eine Kleinigkeit, und ich fahre deshalb wie auch schon bei meinem letzten Aufenthalt in Singapore vor zwei Wochen mit dem automatischen Zug auf Gummireifen wie ein Kleinkind umher - von Terminal 1, 2 bis zu 3 und wieder zurück. Ich glaube, dass ich in Termnal 3 ausgestiegen bin: Ich finde schnell den Apple-Store, erkläre dort mein Anliegen und bekomme auch einen Kopfhörer zu hören. Er hört sich gut an. Ich kaufe den Kopfhörer - obwohl ich den Produzenten-Namen nicht kenne und ich den Preis auf den ersten Blick etwas teuer empfinde. Erst in München erfahre ich, dass ich mit 150 Euro für den Kopfhörer und seinen Markennamen ein Schnäppchen gemacht habe. Doch der Verkäufer hätte mir auch einen Schwachsinn andrehen können. Ich hätte es nicht gemerkt, weil ich beim Thema Kopfhörer keine Kompetenz besitze. Ich habe aber Glück gehabt: Der Kopfhörer reduziert tatsächlich Aussengeräusche. Beim Fliegen hört man kaum die Fluggeräusche. Das ist auch ein Wunder der Technik - ein Wunder, das ich nicht verstehe. Dafür verstehe ich, warum Flugzeuge fliegen. Das habe ich begriffen. Ist ja auch etwas, oder?

Zum Wegfliegen nach Bangkok ist es noch viel zu früh. Ich fahre wieder Flughafenzug und suche in meinem Terminal die Lounge, die auch Swiss-Gäste betreten dürfen. Die Lounge hat eine Wartebereich für Business-Class-Passagiere von mehreren Airlines, die sich diese Lounge teilen. Dieser Wartebreich ist voll. Geschäftsmänner, Businessfrauen und Familien mit Kinder warten da. Die Lounge hat aber auch einen einen offenen Wartebereich speziell für First-Class-Passagiere, getrennt nur durch ein Schild vom Businessbereich "only First Class Passangers beyond this point". Mein Bereich, der First-Class-Wartebereich ist komplett leer. Ich bin der einzige. Ich habe vielleicht 100 qm, mehrere Sessel, einen riesigen Flat-TV und unzählige Zeitungen und Zeitschriften für mich alleine. Es ist ein offener Wartebereich. Jeder kann mich sehen. Ich fühle mich wie in einem Zoo: "Guck mal, ein First Class Mensch! Was macht der da?" - so deute ich den Blick eines kleinen Kindes. Ich verkrieche mich deshalb ins hinterste Eck. Ich sehe mich um: Das warme und kalte Buffet ist sowohl für C- als auch für F-Passagiere da. Es schmeckt mir weder nach C (Businessclass) noch nach F (Firstclass) - es schmeckt mir gar nicht, es schmeckt sogar schrecklich (man möge mir diese harte Kritik verzeihen). Also esse ich nichts. Ich beschliesse, Duschen zu gehen. Als First Class Mensch habe ich einen eigenen Eingang zu den Duschräumen. Nach dem Eingang stosse ich aber auf die selben Duschen, die auch Business-Class-Leute benutzen dürfen. Unter der Dusche sind wir alle also wieder gleich. Ich bin ja im Augenblick noch "normal" wichtig, warum soll es mir also besser gehen. Das ist auch nicht wichtig. Entscheidend ist die Qualität der Duschen. Und die ist sehr gut: Jede Kabine ist abschliessbar, hat einen Waschtisch, einen grossen Spiegel, einen Rattan-Sitz, Handtücher und natürlich die Dusche. Was will man mehr?

Eine halbe Stunde vor Abflug verlasse ich die Lounge und gehe zum Gate, zum Swissflug nach Bangkok. Die Boardingpass-Kontrolle ist gleich am Gate-Eingang. Nach dem Kontrollpunkt sitzen die Passagiere und warten auf das Boarding. Für mich ist dies nach zweieinhalb-Wochen Australien, Neuseeland, Sydney und Singapore ein erstes Heimatgefühl. Es mag für den ein oder anderen Lesern keine lange Zeitspanne sein. Doch nach den vielen Flügen der letzten Wochen und nach den vielen beeindruckenden soziokulturellen Erlebnissen freue ich mich auf ein kleines Stück Heimatgefühl, auch wenn die Heimat gerade nur Swiss heisst. In Vier Tagen bin ich zwar schon in München (dazwischen liegt noch Bangkok), aber am Dienstag zwei Tage nach der Rückkehr nach München fliege ich schon wieder los, hat mir mein Büro gemailt. Deshalb freue ich mich über die Swiss, über zwei Stunden Heimat. Am Gate sitzen ein paar Asiaten, viele Franzosen und Italiener, vor allem aber Schweizer und Deutsche. Ich höre den Dialekt, und er tut irgenwie gut. Ich schaue mich um: Viellleicht kenne ich ja jemanden. Das kommt schon mal vor, dass man auf einem Flughafen alte Bekannte trifft. In München hatte ich einmal meinen Physik-Lehrer getroffen. Der hatte in meiner Schulzeit dafür gesorgt, dass ich ich die 11te Klasse wiederholen durfte und fast im Abitur gescheitert wäre. Am Flughafen habe ich ihn dann öffentlich spüren lassen, dass man auch als schlechter Schüler eine Karriere machen kann, auch wenn sie nicht bedeutend ist. Das war damals meine Rache. Doch heute sehe ich niemanden, an dem ich mich rächen könnte, oder bei dem ich mich bedanken solte. Denn so etwas kommt auch vor, dass man sich bei anderen Menschen bedanken könnte - nur vergisst man dieses doch zu leicht. Aber heute ist niemand da, bei dem ich mich bedanken könnte, denn schliesslich sind wir nicht in München, sondern in Singapore und warten auf das Boarding nach Bangkok. Weit weg also von der Heimat.

Das Boarding beginnt: Gebrechliche, Honcircle-Mitglieder und Star-Alliance-Goldmember sollen zu erst boarden. Ja, so ähnlich wurden wir aufgerufen, und einen solchen Aufruf habe ich bis heute noch nicht gehört. Dieser Aufruf war neu für mich. Ich bin im Augenblick noch "normal" wichtig und gehöre deshalb nicht zu erwähnten Kreis, geselle mich aber dennoch dazu, denn schliesslich fliege ich First Class und da will ich schon einer der ersten im Flugzeug sein. Ein alter Rollstuhlfahrer mit Frau, zwei Herren und ich gehen zum Eingang der Fluggastbrücke. Kontrolliert wird keiner. Doch die beiden Anzugherren und ich scheinen ohne Worte so wichtig genug aufzutreten, dass wir zum erlesenen Kreis der First-Boarder gehören - beim älteren Rollstuhlfahrer sieht man es und seine Frau lässt man gewähren, obwohl ich doch meine, dass beide auf ein solches Privileg gerne verzichten würden und lieber gesund wären.

An der Flugzeugtüre finde ich mein kleines Boardingpass-Sitzplatzetikett nicht mehr. Ich sage, dass ich ganz vorne auf Platz 2A sitzen würde. "Oh, Herr ....., ja bitte sehr, gerne", sagt der Steward an der Flugzeugtüre, nennt meinen Namen und weisst mit den Händen mir den Weg nach vorne. Woher kennt er meinen Namen? Ich finde doch meinen Boardingzettel nicht mehr, wo mein Name draufsteht, der mich berichtigt, in der First Class zu sitzen. Woher kennt der mich? Ich gehe durch den vorderen Teil der Business in die First Class und lege dort auf dem Ottoman meine Reisetasche ab (ja, Swiss hat einen Ottoman vor jedem First Class Sessel). Eine Stewardess in meinem Alter kommt zu mir, nimmt mir mein Sakko ab und begrüsst mich ebenfalls mit Namen: "Guten Abend, Herr ....., schön, dass sie heute mit uns fliegen!" Woher kennt Sie meinen Namen? Ich habe doch meinen Bordingzettel nicht mehr. Sie nimmt mir mein Sakko ab, hängt es in die Garderobe und bringt mir einen Orangensaft, den ich gewünscht hatte. "Bitte sehr, Herr ....." Es entwickelt sich nun eine Unterhaltung, die ungefähr folgendermassen abgelaufen ist: "Darf ich Ihnen sonst noch etwas bringen, Herr ...... Haben Sie noch einen Wuúnsch?" Ja, den habe ich: Eine Süddeutsche Zeitung und den Spiegel bitte! "Einen Spiegel?" Ja, den Spiegel bitte! Die Stewardess geht und kommt wieder. "Bitte sehr, Herr .... Hier Ihre Süddeutsche Zeitung. Einen Handspiegel haben wir leider nicht an Bord, auch im Kulturtäschen ist keiner. Sie müssten in die Refreshingroom gehen! Dort finden Sie am Waschtisch einen Spiegel. Ich werde aber Ihre Anregung weitergeben!" Ich kläre sie auf, dass ich das Nachrichtenmagazin Spiegel meinte. Ja, ja - die Schweizer. Sie lacht. Ich lache. Wir verstehen uns, und wir werden uns den ganzen Flug sehr gut verstehen. Davon später.

Man bekommt ja bei allen Airlines in der First Class einen Kulturbeutel und wird bei fast allen besseren Airlines in der First Class immer mit Nachnamen angesprochen. Doch diesmal ist es anders: Es ist alles irgendwie noch zuvorkommender als sonst, aber geichzeitig auch lockerer (vielleicht liegt es am Schweizerdeutsch, dass ich diese so wahrnehme). Doch: Es scheint, als ob ich mit dem Betreten des Airbus A 340 eben gerade in Singapore die Wichtigkeitsstufe "Sehr wichtiger Mensch" erklommen hätte. Zumindest fühle ich so, als ob ich plötzlich sehr wichtig bin. Doch zu diesem Gefühl erlebe ich auf diesem Flug noch Steigerungen bis hin zum absoluten Gefühlstatus: "Ausserordentlich sehr wichtiger und einzigartiger Mensch". Doch von diesen Steigerung in meinem nächsten Bericht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was ist ein Ottoman?

Beim lauten Vorlesen meines Teilberichts eben gerade sind mir erstens viele Rechtschreib- und Tippfehler aufgefallen, die ich jetzt nicht korrigiere. Es ist aber auch eine Frage gestellt worden: Was ist ein Ottoman? Das ist ein gepolsteter Hocker, der als Zusatzteil zu einem Sessel gehört. Auf diesem Hocker kann man entweder seine Beine lang strecken und die Füsse drauf legen. Auf diesem Hocker kann aber auch eine andere Person sitzen, mit der man sich vis-a-vis unterhalten möchte.

Bei der Swiss erfüllt der Ottoman beide Funktionen. Man kann seine Füsse darauf ablegen und es kann aber auch ein weiterer Gast darauf sitzen. Das ist ganz praktisch, wenn man zu zweit reist. Denn dann kann man bei der Swiss gemeinsam an einem Tisch zum Beispiel Abendessen und sitzt sich gemütlich gegenüber. Da ich aber alleine unterwegs war, war der Ottoman nur für meine Füsse da und für meine Reisetasche, die ich auf dem Ottoman abgelegt hatte. Per Tastenbefehl in der Armlehne lies sich der Ottoman heranfahren oder wegfahren. Das war ein lustiges Spiel, wenn man gerade etwas aus der Tasche brauchte.
 
Zwei Bilder vom Ottoman in der Swiss First Class: einmal als Ablage für meine Reisetasche, das andere mal als Ablage für meine Füsse
 

Anhänge

  • IMG_0584.jpg
    IMG_0584.jpg
    153,9 KB · Aufrufe: 155
  • IMG_0577.jpg
    IMG_0577.jpg
    167,1 KB · Aufrufe: 139
Singapore - Bangkok

Jetzt habe ich schon lange nichts mehr geschrieben von meiner Reise. Ob die Reise noch interessiert? Ich würde mich freuen. Jetzt muss ich wieder den Anschluss an meinen letzten Teilbericht finden. Das ist gar nicht so einfach, jedenfalls fehlt mir gerade der rote Faden. Erstens, weil alles schon eine Weile her ist. Zweitens, weil ich im letzten Bericht von dem Gefühl geschrieben habe, welches ein First Class Passagier empfinden kann - und nun muss ich diese Schilderungen der gefühlten Erlebnisse nahtlos aufgreifen, damit der Leser spürt, wie man so fühlt, wenn man als First Class Mensch so durch die Welt jettet. Ja, das ist alles gar nicht so einfach, jetzt nahtlos weiter zu schreiben, denn auch der dritte Grund hemmt: Ich habe gerade hier im Forum andere Beiträge gelesen, die mit meiner Reise nun gar nichts zu tun haben. Gedanklich bin ich wo anders (ich habe gerade den Beitrag mit Korean Airlines gelesen, weil ich auch bald in Seoul bin, diesmal aber "nur" C-Class mit Asiana).

Ich habe auch Kommentare gelesen, die die Fotoqualität von anderen Berichterstattern kritisch beleuchten. Da wird mir ganz Angst und Bange, wenn ich meine Fotos so sehe. Ich erkläre mich deshalb im Sinne einer möglichen Anklage vorsorglich für schuldig: Meine Fotos sind schrecklich! Da gibt es nichts zu beschönigen. Ich kann es einfach nicht besser. Ich habe auch keine echte Kamera. Ich habe nur so ein trendy-Ding, so ein IPhone. Ich liebe es, denn es ist einfach zu bedienen - so einfach, dass ich erst mit diesem IPhone angefangen hatte, Fotos zu machen, einfache Schnappschüsse, viele Schnappschüsse, nicht nur von dieser Reise hier, sondern von ganz alltäglichen Erlebnissen, kleinsten Erlebnissen, vom Wochenende gerade eben. Vor dem IPhone, dass ich seit 9 Monate habe, hatte ich nie Fotos gemacht. Jetzt schon. Ich stelle die Schnellschüsse dieser Reise sogar mutig ins Netz. Sie sollen ja meine Eindrücke des Erlebten vermitteln, gewisse Sachen untermalen, dem Betrachter bildlich mitnehmen. Qualität haben sie sicherlich nicht, meine Schnappschüsse. Meine Fotos können dies nicht leisten. So, damit habe ich vorsorglich mich gegen Kritik hoffentlich gewappnet.

Ich jedenfalls finde alle Fotos bemerkenswert, die das ganz normale Leben zeigen - zum Beispiel Fotos von verdreckten Scheiben der Flugzeugfenster. Ich bin heute gelandet aus Köln mit LH und hatte wieder einmal eine Scheibe, auf der nur Eiskristalle zu sehen waren - vor dem Start, auf dem Flug und nach der Landung. Kann mir ein Mensch erklären, warum so manche Fenster Kristalle haben, andere aber nicht? Ich persönlich finde ja, dass so gut wie keine Airline dieser Welt auf saubere Fensterscheiben Wert legt - weder in der F-, C- oder Y-Class. Diese Phänomen der verdreckten Flugzeugfensterscheiben begleitet mich seit meiner Zeit als Kind, wo ich damals doch raus schauen wollte, als Kind, aber nichts sehen konnte, weil die Scheibe verdreckt war. Als Kind fand ich das ganz schlimm, denn Fliegen war eine Wahnsinns-Teure-Sache (mein erster Flug über den Atlantik war teuerer als die Reise mit dem Schiff!). Ja, damals war der Blick aus dem Fenster noch etwas Besonderes, heute ist er es nicht mehr: Damals waren die Fenster-Plätze begehrt bei den Geschäftsreisenden, heute sind es die Gangplätze möglichst mit abgedunkelten Fenstern, auch wenn die Sonne scheint.

Zu Fenster und Fotos aus Flugzeugen gäbe es viel noch zu schreiben. Ich möchte schreiben, was mir für diesen Bericht wichtig ist: Ich habe hier nur wenige Fotos reingestellt, obwohl ich ganz viele gemacht habe - manchmal sogar einen Schnappschuss nach dem anderen, gerade wenn ich locker bei Einheimischen unterwegs war. Da sind lustige Bilderserien entstanden. Von den Flügen habe ich eher weniger Fotos gemacht, aber sie sind mir eine grosse Hilfe: Sie helfen mir jetzt, mich zu erinnern, sie sind mein Tagebuch. Zusammen mit dem ausgedrucktem E-Ticket, den Bordkarten, dem Ticket, den First Class Speisekarten und anderen Erinnerungstücken sind sie eine Stütze für diesen Bericht. So kann ich auch heute noch gut das aufschreiben, was ich vor zwei oder sogar fast drei Monaten erlebt habe.

Die Fotos, die ich hier zeige, sind hoffentlich technisch einigermassen vorzeigbar (nicht verwackelt, nicht zu dunkel). Andererseits sind es aber nur die Fotos, die man auch vorzeigen darf. Auf vielen meiner Fotos sind Menschen mit ihren Gesichtern zu sehen. Diese darf man nicht vorzeigen, denn ich habe diese Menschen nicht gefragt, ob es ihnen Recht ist, dass ich sie der Welt im Internet vorzeige. Ich habe diese Fotos deshalb hier nicht gezeigt. Das Recht auf sein eigenes Bild sollte gewahrt bleiben (dieses Recht gibt es wirklich).

So, und ich habe mich nun total verrannt in meinem Bericht, schreibe gerade über das "Recht am eigenen Bild" und solche Sachen, die zwar vielleicht für den ein oder anderen interessant sein könnten, aber es für die Meisten nicht sind. Und ich schreibe nicht über den First Class Flug nach Bangkok - genau über einen Flug, den ich auch ohne Fotos jahrelange in Erinnerung behalten werde, weil die Behandlung als Passagier auf diesem Flug einmalig war. Ich sollte jetzt mal abbrechen und schreibe weiter mit dem Flug nach Bangkok, wenn es mir die Zeit erlaubt.

... *smile* ich koche gerade thailandisch, deshalb wegen kann ich nicht mehr weiterschreiben.
 
Durch deinen grandiosen Schreibstil schaffst du es, diesen kleinen Diskurs über die Qualiät deiner Fotos, für die du dich übrigends nicht einmal ansatzweise rechtfertigen müsstest, genauso lesenswert zu machen wie den Rest deines Reiseberichtes!
:resp:
 
Zurück
Oben