Cairns - Auckland
Es waren drei aussergewöhnliche Tage in Cooktown. Besonders der Montag. Public Holiday. Feiertag. Nicht in Australien, nur in Cooktown. Die ganze Stadt feiert sich selbst. Das muss man sich so vorstellen: Die Farmer kommen in die Stadt und stellen ihr Vieh aus: Kühe, Schweine, Ziegen, Federvieh. Manche kommen sogar angeritten und binden ihre Pferde an einem Baum nahe der Stadthalle. Jeder putzt sich raus. Das Vieh, aber auch die Seniorinnen und Senioren. Alles wirkt wie eine Freaky Show. Lustige Gestalten, die alle etwas tun: Die Seniorinnen backen Kuchen, viele Kuchen. Der beste wird prämiert - nicht nach Geschmack, sondern nach Aussehen. Alles wird prämiert: das schönste Vieh, der bunteste Blumenstrauss, das geschmackvollste selbstgebraute Bier, der wärmste selbstgestrickte Pullover, das schönste Foto jeder Alterklasse, die längste Schlange und der schönste Kürbis. Es waren schöne Tage in Cooktown und im Regenwald drumherum. Es war für mich eine Ehre, einen solches Stadtfest erleben zu dürfen. Doch es heisst jetzt Abschied nehmen.
Es reicht, 15 Minuten vor Abflug am Flughafen von Cooktown zu sein. Ich werde mit dem Wagen direkt vorgefahren zum Checkin: das Terminal hat kurze Wege und ist sehr übersichtlich! Skytrans fliegt mich am späten Nachmittag zurück nach Cairns, diesmal in einer Dash-8. Die Maschine ist zur Hälfte ausgebucht. Es sitzen viele Aborigines in der Turboprop - und eine Dame, die soviele Pfunde hat, dass die Stewardess für ihren Sicherheitsgurt eine Verlängerung organisieren muss. Ich habe wieder Glück und bekomme die ganze Sitzreihe am Notausgang für mich, ohne dass ich danach gefragt hätte.
Vom Flug gibt es nichts Aussergewöhnliches zu berichten. Nach gut 30 Minuten landen wir schon in Cairns und es regnet. In Cairns muss ich eine Nacht im Hotel verbringen, denn der Flug nach Auckland geht erst am nächsten Vormittag. Es ist ein Zimmer in einer Hotelkette für mich reserviert. Dabei mag ich keine Hotelketten. Die sind alle gleichförmig. Auch die Höflichkeit des Personals ist gleichförmig. Da gibt es keine Ecken und Kanten, keine Besonderheiten und Marotten. Das langweilt mich. Ich fliehe sofort und finde ein Backpackers-Pub, wo ich für 10 Australische Dollar eines der besten Steaks bekomme - und ein Bier dazu. Am liebsten hätte ich auch in diesem Backpackers-Hotel übernachtet, so wie vor 25 Jahren, als ich mit dem Rucksack einmal um die Welt gereist bin.
Am nächsten Vormittag geht es dann zum Flughafen. Ein netter kleiner Flughafen. Das macht mich leichtsinnig. Der Flughafen wirkt zwar nett, die Sicherheitskontrolle ist aber scharf und streng. Eine Auszubildende entdeckt auf den Röntgenschirm ein verdächtiges Objekt: eine meiner beiden Nagelpfeilen! Sie holt ihre Chefin dazu. "I'm not happy about this!" sagt sie mir mit strengem Ton und zeigt mir das gefährliche Instrument. Ich aber antworte genauso streng, dass diese Nagelpfeile schon seit 2001 mit mir im Handgepäck reist (es gibt nichts unschöneres, als dreckige Fingernägel ! ). Ich sage ihr genauso streng, dass dieser Nagelreiniger schon in New York, Chicago, Meanapolis, Denver, Singapore und Sydney und sonst wo war. Sie antwortet ebenso streng: "We are not the States. We are Australia. And this ist not Sydney. This is Cairns!" Und schwupps landet die Nagelpfeile in einer scheusslichen grauen Tonne.
Der Airbus 320 startet nach Auckland, Neu Seeland. Der Flug dauert für mich erschreckend lange: fast 5 Stunden. Ich habe also viel Zeit, meiner Nagelpfeile nachzutrauern und mir Gedanken zu machen, warum ich sie an das Sicherheitspersonal verloren habe. Ich war an diesem Morgen einfach zu unaufmerksam und hatte sie in meiner Kondom-Tasche gelassen (Kondomtasche = mein durchsichtiger Beutel mit den erlaubten Mini-Kultursachen). Da darf eine Pfeile natürlich nicht rein, da fällt sie auf. Schon gar nicht darf man diese Tasche aus dem Handgepäck rausnehmen. Am besten einfach im Handgepäck lassen. Ansonsten kann man so ein Instrument auch irgendwo ins Handgepäck legen. Man muss nur das Sicherheitspersonal freundlich ablenken - ja, sich sogar sehr interessiert an ihrer Tätigkeit zeigen. Dann bekommt man jede Nagelpfeile ins Flugzeug. Das klappt bei mir seit 7 Jahren. Und man hat als geübter Flugzeug-Nagelpfeilen-Nagelreiniger natürlich eine zweite Pfeile dabei haben - so als Sicherheit, wenn die erste entdeckt wird. Dass jemand mit zwei Nagelpfeilen reist, damit rechnet niemand - auch die strengen Sicherheitsdame in Cairns hatte diese Möglichkeit nicht in ihrem persönlichem Blickfeld, aber auf ihrem Bildschirm: Ich schaute auf ihrem Bildschirm sogar nach, wo die zweite, unentdeckte Pfeile war (ich hatte es nämlich vergessen): sie war im Sakko.
Warum schreibe ich über Nagelpfeilen? Weil ich von den Sicherheitskontrollen nichts halte - nicht in Deutschland (besonders nicht in Köln/Bonn), nicht in Australien und auch nicht in Amerika, wo man sich ja fast bis auf die Socken ausziehen muss. Es wird nicht ernsthaft kontrolliert. Die Kontrollen sollen der Bevölkerung nur zeigen: Leute, wir tun was gegen den Terrorismus. Blinder Aktionismus. Daraus hat sich mein "Hobby" entwickelt, mit meiner kleinen Nagelpfeil weiterhin meine Fingernägel im Flugzeug zu reinigen. Und dazu muss ich sie an Bord bringen. Und das gelingt mir.
Auf dem Flug nach Auckland dachte ich nicht nur über Nagelpfeilen nach, sondern spielte Schach und Domino auf meinem IPhone, las ein unanständiges Buch Namens "Feuchtgebiete" und bekam in der Economy auch ein Essen. Ganz nett: Auf dem Bildschirm startete Air New Zealand ein Quiz. Es waren sehr regionalspezifische Fragen - durchaus lehrreich, unterhaltsam und kurzweilig. Am späten Nachmittag landeten wir dann in Auckland. Das Taxi brachte mich gleich von einem Hafen zum anderen, vom Flughafen zum Seehafen. Auf einem Pier hat Hilton dort ein aussergewöhnliches Designer-Hotel gebaut. Es gibt also doch Häuser von Hotelketten, die etwas anders und damit interessant sind: am nächsten Morgen kurz nach sechs Uhr legte auf der anderen Seite ein Schiff an - ich konnte es von meinem Zimmer aus genau beobachten: das Anlegen und das Löschen der Ladung. Beeindruckend.