Trip-Report (F-/C-/Y-Class): MUC-SIN-SYD-CNS-CTN-AKL-ZQN-MFN-SYD-SIN-BKK-MUC

Ich habe hier im Forum lange nichts mehr geschrieben. Jetzt bin ich von einer drei wöchigen Reise zurück. Auf dieser Reise durfte ich viel erleben - die Fliegerei mit all ihren Facetten: Einen Flug im A380, einen in einer Cessna, alle langen in der First, einmal Business, alle kurzen Economy, insgesamt 13 Flüge, 8 Airlines, 5 Lounges, eine große Verspätung, eine ungewollte Umbuchung, niemals den Koffer verloren, dafür am Bauch 3 Kilo zugelegt.

Die Route: MUC (München) - SIN (Singapur) - SYD (Sydney) - CNS (Cairns) - CTN (Cooktown) - CNS (Cairns) - AKL (Auckland) - ZQN (Queenstown) - MFN (Milford Sound) - ZQN (Queenstown) - SYD (Sydney) - SIN (Singapur) - BKK (Bangkok) - MUC (München)

Vielleicht interessiert es ja den ein oder anderen, was ich erlebt habe - vor dem Flug, auf dem Flug und nach dem Flug. Ich werde also die nächsten Tage und Wochen mein kleines Erinnerungstagebuch niederschreiben .....
 
München-Singapur

Vor dem Flug München-Singapur:

Ein Langstreckenflug. Da will ich immer rechtzeitig da sein. Wir fahren um halb 11 vom Büro aus los. Im Auto rauche ich meine letzte Zigarette (komisch, was man sich so immer vornimmt, wenn man verreist). Nach 45 Minuten sind wir am Terminal 2. Es stauen sich am Vorfahrts-Checkin lauter wichtige Autos, also fahren wir ins Parkhaus. Es ist mein erster First Class Flug seit Jahren. Es hat sich viel geändert. Der Check-In ist direkt an der Sicherheitskontrolle. Ich lege mein Kärtchen vor, tausche meinen reservierten Sitz von 1A auf 2A und lasse die Fummelei an der Kontrolle über mich ergehen: Sie ist ein wenig behutsamer als gewohnt. Meine Nagelpfeile im Handgepäck bleibt wie immer unentdeckt *smile* - und meine Reservepfeile (falls man eine der beiden entdeckt) auch: First Calss Passagiere werden nicht besser kontrolliert als andere!

Ich suche die neue First Class Lounge, finde sie nicht und lande zweimal in der Senatorlounge. Ein Senator weist mir den Weg: Meine Lounge hat eine bescheidene Eingangstüre. Zwei Lufthansa-Damen begrüssen mich: "Schön, Sie wieder zu sehen!" Ob man mich verwechselt? Ich krieg gleich Geschenke für meine Frau: Pralinen und ein Fächer. Dabei habe ich leider keine Frau mehr. Man nimmt mir den Reisepass ab (der geht schon mal ohne mich zur eigenen Passkontrolle).

In der Lounge gibt es ein paar ordentliche Badezimmer mit Quietsch-Enten (!), eine edle Raucher-Lounge mit Hifi-Anlage und besseren Alkoholika, viele Sessel, eine Bar und ein Restaurant mit sehr gutem Buffet. Die Lufthansa Mädels sind schöner als sonst, aber leider nicht aufmerksamer. Es gibt in der Lounge auch abschliessbare Büroräume, die jedoch nicht schalldicht sind: Ein ganz besonderer Fluggast telefoniert da so laut mit seiner Sekretärin, dass ich alles verstehe. Der Arme hat Vertragsunterlagen vergessen und will auch nach Singapur. Die Sekretärin soll so schnell wie möglich kommen - koste was es wolle. Er zahle alle Strafzettel, sagt er. Die Lufthansa wisse schon Bescheid. Sie müsse nur seinen Namen sagen, den er laut wiederholt. Weiss die Sekretärin nicht, wie ihr Chef heisst? frage ich mich .... Dafür kenne ich jetzt seinen Namen, sein Unternehmen, seine Funktion, seine Geschichte und weiss schon, dass er der zweite First Class-Passagier auf meinem Flug ist. Hoffentlich ist er da etwas ruhiger ....

Ich telefoniere nicht im Warteraum, sondern lasse es mir einfach gut gehen: Ich esse ein paar Schmankerl und lese die Süddeutsche.

Zurück zur Lounge: Sie gehört zu den Besten, die ich bisher besuchen durfte. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes exklusiv, da nur HONs und First-Class-Passagiere Einlass bekommen. Neben mir waren nur 5 Gäste da. Eine überschaubare Anzahl an Fluggästen.

Viertel vor eins mache ich mich auf den Weg zum Flieger. Der Weg ist kurz. In der Lounge bekomme ich meinen Reisepass zurück. Der A340 nach Singapur steht gleich neben der Lounge. Ich bin früh dran. 30 Minuten vor Boarding. Ich telefoniere noch mal mit dem Büro, schaue mir die Fluggäste an (das mache ich immer, wenn ich fliege) und warte, dass es los geht.
 
Ich bin schon auf die Fortsetzungen gespannt, dein Schreibstil gefällt mir jedenfalls schon mal sehr gut! :thbup:
 
München - Singapur

Das Boarding beginnt. Es gibt keinen besonderen Aufruf für die First und Business-Class. Ich stehe am falschen Schalter und drängle mich gewohnheitsmässig elegant nach vorn (ich kann nicht in Schlangen oder in Staus stehen, ein Unart von mir). Ich bin froh, wie immer als einer der ersten im Flieger zu sein. In der First Class hat man mich so schnell noch nicht erwartet. Ich nehme Platz und verstaue schon meine Reisetasche, ohne dass vorher die erste First Class Stewardess mich begrüssen konnte. Sie holt es nach. Ab jetzt werde ich immer mit meinem Nachnamen angesprochen. Die Stewardess hängt meine schwarze Lederjacke in der Garderobe auf. Sie bringt mir ein Glas Orangensaft und Nüsse. Es hätte auch Champagner gegeben, aber ich trinke auf Flügen kaum Alkohol. Alkohol ist nicht gut, wenn man Jetlag-Probleme hat.

Die zweite First Class Stewardess begrüsst mich und überreicht mir die Menuekarte, die Weinkarte und die Frühstückskarte. Die Speisekarten sind bei der Lufthansa sehr gross. Sie passen nicht einmal in einen A4-Grossbriefumschlag. Sie lesen sich aber wie in einem edlem Restaurant.
Zum Beispiel die "Variationen von Hors d'oevres", also die Vorspeise: Kaviar mit den üblichen Beilagen, Rinderfiletspitzen mit mariniertem Gemüse, Thunfisch mit Seegras und Marinierte Rote Beete ....

Es scheint so, dass die zweite First Class Stewardess ab jetzt für mich zuständig ist. Sie überreicht mir den Schlafanzug, die Hausschuhe, die Kulturtasche - also alle kleinen Nützlichkeiten, die ein First Class Passagier so braucht, um fliegen zu können. Jetzt kommt noch die Chefstewardess vorbei und stellt sich vor. Fehlt nur noch der Pilot, davon aber später.

Das Boarding ist langsam completed, der wichtige Passagier aus der Lounge aber nicht an Bord. Hat wohl nicht mehr geklappt mit den Vertragsunterlagen. Ich freue mich: Scheint ein ruhiger Flug zu werden. Zwei Leute sitzen in der First. Aus der Business Class strafen mich Blicke - Neid und Missgunst. Sie ist rappelvoll. Und ich habe Platz. Der Sitzabstand beträgt bestimmt 2 Meter oder mehr. Ich habe keinen Nachbarn. Ein Einzelsitz. Sozusagen ein Fenster- und Gangplatz.
Doch dann kommen doch drei Gäste nach vorne in die First. Man will hinten Platz schaffen. Es ist der familiäre Anhang von Crewmitgliedern. Sie freuen sich sehr, man sieht es ihnen an. Mir ist das ganz recht. So fühle ich mich nicht ganz so wichtig.

Ich lese. Ich merke nicht, dass wir schon zur Startbahn rollen. Der Flieger bremst. Das merke ich. Ich schaue aus dem Fenster. Wir stehen an der Gepäcksortieranlage mit der Schnauze nach vorne - als ob wir gerade in München gelandet wären und dies unsere Parkposition sei. Meine Erfahrung sagt: Das kann nichts gutes bedeuten.

Und es bedeutet nichts gutes: Die Hydraulik an der Vorderrad-Lenkung funktioniert nicht richtig. Sie muss repariert werden. Und falls das nicht klappt, wird ein Ersatzflugzeug organisiert. Zufällig sei gerade ein A340 in München frei, was sehr selten ist, sagt der Pilot. Ich mache mir Sorgen um meinen Anschlussflug nach Sydney, der zwei Stunden nach Landung in Singapur starten soll. Ich rufe im Büro an. Man soll Sydney informieren, dass es mit dem Abendessen am Freitag wahrscheinlich nicht klappt und ich erst spät in der Nacht oder schlimmstenfalls erst am Samstag morgen ankomme.


Gut zwei Stunden stehen wir da. Ich freunde mich mit der Crew an. Ich frage nach, ob ich einen Blick ins Cockpit werfen dürfte (wohlwissend, dass das eigentlich verboten ist). Ich darf. Ich gehe mit schlechtem Gewissen in die Pilotenkanzel. Doch alle sind freundlich: Der Pilot stellt sich mit Namen vor und schüttelt mir die Hand, der 1. Offizier dann auch, und der dritte Pilot ebenso. First Class Passagier scheinen doch wichtig zu sein. Ich sehe und lerne viel: Es gibt im Cockpit eine Lucke, die direkt zum Fahrgestellraum führt. Dort unten schaut es aber nicht so aufgeräumt aus. Und hinter dem Cockpit ist eine Schlafkoje für einen der drei Piloten. Der schaut schon aufgeräumter aus. Einer der drei Piloten darf dort schlafen. Ich lerne, dass der Flug nach Singapur zu lange für eine Zweimann-Besatzung ist. Und ich werde von der Chefstewardess gelobt: Ich sei sehr ruhig trotz der Verspätung. Ja soll ich mich aufregen?

Es geht mehr als 2 Stunden zu spät los. Wie immer hebt der A340 erst kurz am Ende der Startbahn ab. Warum eigentlich? Das habe ich vergessen, den Piloten zu fragen. Anfangs hat mir das Angst gemacht, dass der A340 nicht vom Boden weg kommt. Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt. Auch steigt er nicht schnell hoch, fnde ich.

Ich bekomme langsam Hunger. Vom Hauptmenü wähle ich das Rinderfilet vom Grill mit Espressosauce mit Gemüseauswahl und Süsskartoffelpuree. Das Essen in der First dauert sehr lange - zumindest bei mir, denn ich gehöre nicht zu den Schnellessern. Es ist aber sehr angenehm, dass bei der Lufthansa die einzelnen Gänge genau dann kommen, wenn man es wünscht. Nach der Käseauswahl verzichte ich auf die Nachspeise, es wäre zuviel. Meine Stewardess bringt mit entcoffinierten Espresso.

Der Pilot kommt zu mir und übermittelt schlechte Nachrichten auf einem Telex. Wir erreichen meinen Anschlussflug nicht mehr, der nächste Flieger nach Sydney geht erst Freitag abend, ich habe also den ganzen Tag Aufenthalt in Singapur. Ich mache einen Rundgang durchs Flugzeug. Schon nach ein paar Stunden hat man sich so an das grosszügige Raumgefühl in der First Class gewöhnt, dass mir schon die Business-Class-Passagiere leid tun, ganz zu schweigen von der Economy.

In München ist es 7 Uhr abends, draussen ist es aber schon dunkel. Wir fliegen ostwärts - genau die Richtung, die ich jetlag-mässig nicht gut vertrage. Ich versuche deshalb schon zu schlafen. Der Sitz lässt sich ganz wagrecht stellen. Der Sitz ist dann fast wie ein Bett. Vom Schlafanzug ziehe ich nur das Oberteil an. Mein Hemd hänge ich aber in die Gaderobe. Dort knittert es nicht. Meine Stewardess fragt mich, wann ich geweckt werden möchte. Ich decke mich zu, und versuche zu schlafen...

Vier oder fünf Stunden schlafdöse ich vielleicht. Dann bin ich wach. Ich mache mein Leselicht an, lese mein Buch ("Ich bin dann mal weg" von Harpe Kerkeling) und höre mit meinem IPhone Musik. Das ist das Beste, was man machen kann, denn das Unterhaltungsprogramm der Lufthansa ist nicht das Beste. On demand geht da glaube ich nichts. Und ausserdem ist der Bildschirm sehr klein.

Iregendwann mal wird es draussen hell, und ich bekomme mein Frühstück. Meine Stewardess entschuldigt sich, dass die Rührei-Pfanne defekt ist. Also bekomme ich kein Rührei, dafür aber warmen Speck.
Ansonsten ist das Frühstück bei der Lufthansa sehr gut: Früchte, Joghurt, Schinken, Käse, Lachs, Salami, Garnelen .... schön serviert mit Tischdecke, Porzellangeschirr und mit richtigem Besteck.

Die Chefstewardess kommt vorbei und erklärt mir meine weitere Reise. Die Bodenstation in Singapur hat mich auf die Abendmaschine nach Sydney gebucht, allerdings nicht First-, sondern Business-Class. Warum Business, weiss sie auch nicht. Und für die acht Stunden Wartezeit hat man mir ein Hotelzimmer gebucht, den Gutschein dafür und das neue Ticket bekomme ich am Ankunftsgate. Und so war es dann auch nach der Landung in Singapur.
 
Der A340 am Münchner Gate vor dem Start nach Singapur. Anschliessend ein paar Fotos aus der First Class Kabine, ein Foto von dem Vorspeisenteller und ein Foto von der echten Rose, die in einer Vase an jedem First Class Sitz jeden Passagier anlächelt
 

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@Donnergeräusch
man wird richtig neugierig wie es weitergeht. Klasse geschrieben. Hat dich Hape Kerkeling inspiriert? ;)
 
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, nach dem Flug ist also vor dem Flug. Diesen dummsinnigen Spruch von Übungsleitern mancher Fussballvereine mache ich mir zu eigen, denn diesmal passt er: Nach der Ladung hat die Lufthansa direkt am Gate einen Tisch aufgebaut, wo alle Verspätungsopfer Antwort bekommen, wann sie nun weiterfliegen können. Ich fliege in 9 Stunden weiter, vorher geht kein Flug nach Sydney. Ich bekomme ein handgeschriebenes Flugticket. Das ist fast eine Rarität. C-Class steht drauf. Warum nicht F? First sei ausgebucht, sagt man mir. Ich kann es nicht glauben. Dann bekomme ich noch drei Gutscheine - einen für ein Hotelzimmer im Crown Plaza und zwei für Restaurantbesuche. Bei einer so langen Wartezeit von 9 Stunden möchte man mir keine Lounge zumuten.

Ich plane aber anderes: Auf nach Singapur in die Stadt zur Orchid Road, sage ich mir. Vorher muss ich aber noch ins andere Terminal zu Singapore Airlines. Die fliegt mich nach Sydney. Ich brauche noch die neue Bordkarte. Mein bereits durchgechecktes Gepäck wird automatisch in den richtigen Flieger umgeleitet. Und genau da liegt nun das Problem: Ich komme nicht mehr an meinen Koffer heran. Dort sind nämlich die Sommersachen drin. Ich habe Wintersachen an. Auch im Handgepäck ist kein T-Shirt, sondern nur ein warmer Pullover. Denn in Sydney ist gerade Winter, es ist dort 8 Grad kalt. Ich lasse den Plan fallen, in die City zu fahren. Ich würde nur schwitzen in meiner Jeans, in meinem Hemd und in meiner Lederjacke bei 34 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit.

Ich glaube, ich habe Alzheimer. Ich kann mir das richtige Terminal nicht merken und steuere das falsche an. Also nochmals zurück und alles von vorn. Ich finde den Transferschalter von Singapore Airlines. Ich frage, warum ich in die Business-Class downgraded wurde und zeige mein ursprüngliches F-Ticket. Da müsse ich Lufthansa fragen, sagt man mir. Nein, ich habe keine Lust, nochmals zurück ins andere Terminal zu fahren und nehme mir vor, das elegant am Gate zu klären.

Ich werde plötzlich schlapp. Ich gehe ins Hotel. Es ist jetzt 12 Uhr Ortszeit. In München ist es 6 Uhr morgens. Mein Raum im Crown Plaza ist überraschend gut: Er hat ein Badezimmer mit einer durchsichtigen Glaswand zum Schlafzimmer. Das Fenster öffnet den Blick auf die Startbahn und das Vorfeld. Ich versuche wach zu bleiben, gehe zum Outdoorpool und schwimme etwas. Dort hört man die Flieger starten, sieht sie aber nicht. Ich lege mich auf eine Liege, und schlafe ein... (was nicht passieren sollte, denn so bekomme ich den neuen Zeitrhythmus nicht rein). Ich wache auf, geh aufs Zimmer, geh ins Restaurant, dann wieder aufs Zimmer und langweile mich endlos im Crown Plaza.

Es ist 6 Uhr abends. Eigentlich hätte ich schon in Sydney sein sollen. In einem sehr schönen Hotel. Statt dessen gehe ich jetzt in die Lounge, um unter Menschen zu kommen. Dort mache in nochmals einen Versuch, die Sache mit der dem F-Class-Ticket zu klären. Die Ticketingdame in der Lounge zeigt sich verständnisvoll - obwohl ich langsam genervt bin und mein Englisch immer schlechter wird (das wird es immer, wenn ich müde bin). Sie telefoniert. Sie sagt dann: Ich fliege im A380, der hat keine First Class. Wie bitte? Ja, der hat nur Suites. Die kosten Aufpreis. Die Lufthansa hat deshalb C gebucht. Ich müsste das mit Lufthansa klären. Die neue Business-Class im A380 ist aber so gut wie eine First Class, sagt sie. Ich habe auch einen besonders guten Platz bekommen: 15K. Der ist ganz vorne, die dritte Reihe im Oberdeck, im kleinen C-Class-Abteil mit nur 16 Plätzen. Sozusagen die inoffizielle Premium Business Class. Mag sie mir etwas schönreden? 15 K ganz vorne? Sie kann mir nichts mehr schönreden: Ich komme auch nur in den Warteraum für Businessclass-Passagiere - man müsste eher sagen: Wartehalle - so gross ist diese Lounge in Singapur. Es ist die grösste, die ich jemals gesehen habe. Dort warten vielleicht so 200-300 Leute, oder sogar mehr. Mir fällt auf, das Business Class Passagiere eindeutig besser gekleidet sind als First Class Passagiere. Fast alle tragen Anzug oder Kostüm. Fast alle haben ihren Laptop dabei. Fast alle telefonieren mit ihren Handys. Fast alle scheinen sehr Wichtiges zu tun zu haben. Business eben. Bin ich auch so, wenn ich nicht gerade First Class fliege?

Eigentlich ist mir immer noch ziemlich langweilig. Ich könnte ja eine SMS schreiben. Oder mal probieren, ob ich von meinem IPhone tatsächlich einen Schnappschuss an die Daheimgebliebenen mailen kann. Ich könnte auch auf dem Laptop irgendwelche sinnlosen Sachen machen. Nein, ich lass das mal lieber und beobachte weiter all diese Business Menschen...

Es wird Zeit. Ich gehe zum Gate. Da warten tatsächlich gut 500 Menschen, die im A380 im Nachtflug nach Sydney wollen. Große Plakate zeigen, wo welcher Platz ist und durch welche der drei Fluggastbrücken man einsteigen soll. Das Boarding geht los: Man will nicht nur meine Bordkarte, sondern auch das Ticket. Ich wehre mich. Ich brauche das Ticket doch für die Buchhaltung daheim als Nachweis, dass ich nur C-Class geflogen bin. Da gibt es doch Geld zurück. Und das ist der einzige Beleg, den ich habe. Der Flight Manager bekommt meinen Ärger zu spüren. Er verspricht mir, eine Kopie vom Ticket zu machen und die Kopie mir gleich an meinen Platz zu bringen. Ich vertraue ihm und besteige den A380 durch die Fluggastbrücke für's Oberdeck, wo die Business Class drin ist ....
 
Ich warte seit einer halben Stunde auf die Fortsetzung!:dribb:

Ich auch :yes:

Echt super geschrieben. Ohne Fotos ist Deine Story besser als jeder der Tripreports mit Unmengen an Fotos. Wirklich spitze geschrieben, kann mir das alles sehr gut vorstellen :thbup:

Nur eine Frage zwischendurch:
Hast Du MUC-SIN-SYD auf First gebucht oder war das ein Upgrade? Wundert mich wirklich dass einem First-Passagier nur die Business gegeben wird... aber vielleicht kommt die Auflösung meiner Frage in einer der folgenden Geschichten
 
Danke, Danke,

zur Frage: MUC-SIN-SYD war First gebucht. Mich hat's auch gewundert, aber der A380 war scheinbar tatsächlich komplett voll und der Flug war der letzte, mit dem ich noch pünktlich nach Sydney kommen konnte.
 
Flug im A380 Business Class

Eine hübsche Singapore-Stewardess empfängt mich an der Oberdeck-Türe. Sie wirkt fast wie eine Puppe. Sie geleitet mich zu meinem Sitz: 15 K. Er ist ganz vorne im Oberdeck. Es ist der neue Business-Class-Schlafsitz von Singapore Airlines im A380.

Mein Schlafsitz. Was für ein Sitz. Ich schaue ihn mir an. Er ist beige, das Leder dunkelbraun. Er ist groß, sehr groß. Man würde sagen: Er hat Masse. Viel mehr Masse als die zarten First-Class-Sitze von Lufthansa. Er ist schwer zu beschreiben, deshalb setze ich mich mal hin. Er ist breit, sehr breit. Man muss sich entscheiden, ob man lieber den rechten oder linken Arm auf eine der beiden schmalen Armlehnen legen möchte. In das entsprechende Eck dieses Sitzes muss man sich dann aber auch setzen. Beides gleichzeitig geht nicht. Ich schätze, der Sitz ist einen Meter breit. Mir kommt er doppelt so breit vor, wie der First-Class-Sessel von Lufthansa. Man könnte sich zu zweit gut in diesen Sitz kuscheln, wenn man denn eine Kuschelpartnerin hätte. Ich habe keine. Deshalb brauche ich jetzt große Kissen. Eins liegt schon da, zwei weitere kommen. Ich lege sie auf die Gangseite, denn an der Fensterseite habe ich viele Ablagen und Fächer auf Armlehnen-Höhe. Ich könnte in diese Fächer zwei mal 10 kg Handgepäck tun, steht da geschrieben. Soviel habe ich aber nicht. Nur 3 kg ingesamt. Und die sind schon oben verstaut. Ich lege mal den Kerkeling auf die Fensterablage, vielleicht lese ich ja. Unter der Ablage finde ich ein kleines Fach. Da tue ich meine persönlichen Ohrhörer mitsamt IPhone rein. Musikhören werde ich auf jeden Fall. Auch für eine große Flasche ist schon mal passend Stauraum da.

Am Vordersitz ist der grosse Flachbildschirm angebracht. Er ist so nach hinten zu mir versetzt, dass man die Türchen für weitere Ablagen links und rechts vom Bildschirm ohne Aufstehen gut erreicht. Auf der rechten Seite finde ich unten im Vordersitz die große Ablage für meine Füße, wenn ich mich denn ausstrecken möchte.

Das Boarding ist beendet. Die Business Class ist voll, kein Sitz mehr frei. Vielleicht stimmt es ja doch, dass die Maschine komplett ausgebucht ist und ich von Glück reden kann, an Bord zu sein. Der Flight Manager bringt mir die Kopie meines handgeschriebenen Tickets (das Original braucht er zur Abrechnung mit Lufthansa) und entschuldigt sich für die Unannehmlichkeiten und fragt, ob ich mit dem Sitzplatz zufrieden bin. Es geht los. Der A380 ist leise, schon beim Anlassen der Triebwerke, auch beim Rollen zur Startbahn und beim Start Richtung Sydney - ein acht Stunden Nachtflug, vier Stunden kürzer als München - Singapur, aber der zweite Nachtflug in Folge.

Wir fliegen, aber der Sitz beschäftigt mich weiter. Ob ich ihn schön finde? Nein, er ist zu massig und erinnert mich an einen Strandkorb. Man hat zwar seine Privatsphäre, man kann sich im Sitz ja fast verstecken. Aber er hat keine Leichtigkeit. Die Businessclass wirkt deshalb verbaut. Die Gänge sind schmal. Man blickt nur auf wuchtige, beige Sitzelemente.

Aber er ist praktisch: Der Sitz soll sich sogar in ein richtiges Bett verwandeln lassen - ein richtiges Bett ohne Ritzen. Ich drücke darum alle Knöpfe: Die Fußstützen gehen nach oben, die Sitzfläche nach vorn, die Rückenlehne nach hinten. Ich habe jetzt zwar einen bequemen Fernsehsessel, aber kein richtiges Bett. Und nach meiner Logik geht es auch nicht, da vorne und hinten nicht genügend Platz vorhanden ist.

Es gibt Abendessen, schon wieder Essen. Soweit ich mich erinnere, habe ich ein asiatisches Rindfleischgericht mit Nudeln gewählt. An die Vor- und Nachspeise kann ich mich nicht mehr erinnern. Vermutlich liegt es daran, dass mich der Sitz so beschäftigt, weil ich die Konstruktionsweise verstehen möchte. Wie mache ich daraus jetzt ein zwei Meter langes Bett?

Ich kapituliere. Im Bordprogramm gibt es einen kleinen Film, der zeigt, wie man mit einem Handgriff aus dem Sitz ein Bett macht. Ich spiele den Film ab. Hut ab vor diesem Konstrukteur, der auf diese einfach Idee gekommen ist. Man muss nur die Rückenlehne nach vorne (!) klappen, schon hat man das Bett - fertig bezogen mit Bettlacken und Decke. Man liegt im 45 Grad Winkel, die vorhin beschriebene Fußablage ist dann das etwas schmale Bettende. Die Stewardess sieht es, kommt sofort zu mir und deckt mich mit der Bettdecke zu. Genau wie im Film. Mir ist das fast zuviel Nähe von einer Stewardess. Da liege ich nun, obwohl ich ja noch gar nicht schlafen will, sondern nur das Bett ausprobieren wollte. Das machen mir jetzt aber fast alle nach. Meine Reihe geht komplett schlafen, die einzelnen Lichter gehen aus. Nur an einem Sitzplatz ist noch Licht.

Als ich wieder aufwache, ist dieses auch aus. Ich höre nur ein grosses Massen-Geschnarche. Ich glaube, jeder der 20 Passagiere vorne ist ein Schnarcher, auch die einzige Dame unter uns. Ich denke an Eugen Roths Vers: Ein Beispiel, dies mach dir klar, der Schnarcher selbst schläft wunderbar. Ich schlafdöse wieder (und schnarche wahrscheinlich auch) und wache wieder auf. Ich setzte mich im Schneidersitz auf das Bett und schaue aus dem Fenster. Es ist Vollmond. Man sieht die Tragfläche und die sehr grossen Triebwerke im Mondlicht. Diesen Anblick lasse ich eine Weile auf mich wirken - vermutlich, weil ich noch nie in einem Flugzeug im Schneidersitz auf einem Bett gesessen habe. Dann schlafe ich wieder - und so geht das bis ich entscheide, als erster das Licht anzumachen. Die Stewardess kommt und fragt, ob ich frühstücken wolle. Ja, sage ich. Frühstück im Bett! Das geht: Ich sitze im Schneidersitz, vor mir der Tisch. Das Frühstück ist bei Singapore Airlines sehr aufgreäumt und übersichtlich: Eine große Porzellanschale mit ein wenig frischen Früchten drin. Dann gibt es etwas Butter und Marmelade, dazu Brötchen. Reicht eigentlich auch. Nur das Plastikmesser passt nicht zum Edelstahlbesteck.

Ich mache mich mal wörtlich auf die Socken und versuche, diesen Riesenairbus zu erkunden. Die Toilette ist ein Raumwunder. Endlich Platz, viel Platz. Vorne geht eine breite Treppe nach unten, sie ist aber durch eine Kordel abgesperrt. Hinter uns setzt sich die Businessclass fort, dann kommen ein paar Economy-Sitze auf dem Oberdeck, und dahinter ist auch eine breite Treppe, die zum Hauptdeck führt. Dort sieht man 300 oder mehr Economyplätze - alles schmale Flugsitze, soweit das Auge reicht.

Wir landen in der Samstags-Morgendämmerung in Sydney. Gerade noch rechtzeitig da. Ich stehe am Gepäckband. Trotz Priority ist mein Gepäck nicht das schnellste. Schnell bin ich aber in der Stadt. Sie wirkt um halb sieben am Samstag morgen wie ausgestorben. Im Hotel erwartet man mich schon. Es ist das "Observatory" mitten in Rocks, dem alten Stadtviertel von Sydney gleich bei der Harbour Bridge. Ein kleines, aber feines Haus. 50 Zimmer. ein Restaurant, eine Bar, 6 Sterne. Wer mal zufällig in Sydney dort eingeladen ist, sollte diese Einladung nicht ablehnen.
 
Bilder vom A380

Schnappschüsse mit dem IPhone: Ein A380 in Singapur (aufgenommen aus dem Airporthotel), dann Ansichten aus der Businessclass: Blick von meinem Sitz auf andere Sitze, Eigenportrait im Spiegelbild des Monitors, Fussablage und das "aufgeräumte" Frühstück.
 

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Das Frühstück sieht ja wirklich "sehr aufgeräumt" aus ... ;)

Ich muss sagen, einer der interessantesten Tripreports, die ich bislang gelesen habe ... wenn nicht sogar der interessanteste. Wirklich klasse geschrieben und mit der richtigen Anzahl - weil nicht zu viele - an passenden Bildern "gewürzt".

Ich freue mich auf die Fortsetzung! :)

Servus,
Robert
 
Danke für das Lob. Es war aber auch eine ganz aussergewöhnliche Reise. Da fällt es einem leicht, darüber zu berichten. Ich beschränke mich hier mal nur auf die Flugerlebnisse und meine Eindrücke. Und manchmal sind sie ganz banal und langweilig, wie bei meinem nächsten Flug.
 
...Da liege ich nun, obwohl ich ja noch gar nicht schlafen will, sondern nur das Bett ausprobieren wollte. Das machen mir jetzt aber fast alle nach. Meine Reihe geht komplett schlafen, die einzelnen Lichter gehen aus. ...

Ich stelle mir gerade vor, wie das abgelaufen sein könnte. :-)
Danke für die Infos bislang. Weiter so! :thbup::resp:

grüßle
 
Sydney - Cairns mit Qantas

Zwei Tage war ich in Sydney. Samstag und Sonntag. Trotz Jetlag am Samstag Vormittag waren es zwei eindrucksvolle Tage.

Jetzt schreibe ich über den Montag. Ich geniesse nochmal das Frühstück im Observatory. Dann geht es mit dem Taxi zum Flughafen, Domnestic Terminal. Mit Qantas solll ich nach Cairns fliegen. Das liegt im Nordwesten von Australien. Am Flughafen bewundere ich zwei Dinge: erstens, wie man dort älteren Menschen beim Thema Etix hilft (was für ältere Menschen ein neuartiges Thema ist) und zweitens, wie man Warteschlangen managet (ich stehe in einer Schlange und halte es geduldig aus). Da können wir noch was lernen von den Australiern, denke ich mir.

Vom Flug gibt es eigentlich nichts Besonderes zu berichten. Ein Flug mit einer Boeing 737 in der Economy Class, Qantas (die noch nie einen Absturz hatte, so weit ich weiss). Ich sitze am rechten Flügel, wie immer ein Fensterplatz (ich mag Fensterplätze, weil man rausgucken kann, weil man dort seinen Kopf am Fenster anlehnen und ungestört schlafen kann und weil ich nur dort das Gefühl habe, nicht in einer Röhre gefangen zu sein). Glück habe ich, dass mein Nachbarsitz frei bleibt. Ansonsten ist der Flieger ziemlich voll.

Von diesem Flug habe ich nur zwei Schnappschüsse gemacht: Einen vom Essen (schon ein kleiner Gegensatz zur First Class), und einen zweiten von der Tragfläche. Eigentlich sind beide Schnappschüsse nicht würdig, veröffentlicht zu werden. Ich tue es trotzdem, damit der Tripreport vollständig ist.

Und zur Info: Es war ein Vormittagsflug, so etwa 3 Stunden hat er gedauert. Am frühen Nachmittag war ich am ersten Ziel (Cairns) und gut zwei Stunden später mit dem Auto am endgültigen Ziel (Port Douglas). Das liegt noch nördlicher als Cairns.

Der nächste Flug wird wieder spannend, der Flug von Cairns nach Cocktown.
 
Super angenehm zulesen! :thbup: :resp:
Für viele von uns, wie mich, die egal in welchem Flieger noch nicht so weit vorne saßen, macht das Ganze zur Mitfühl Angelegenheit. :flower:
 
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