Kann ein Airbus auch "immediate take-off"??

AufMUCcer

Mitglied
Wie schön des Öfteren angemerkt, ist die Flex-Power bei A320 & Co. für die Lotsen am TWR zuweilen ein Dorn im Auge. Häufig dauert es ewig (subjektives Empfinden, vor allem wenn die Lücke eng ist) bis das Ding losrollert und dann wirkt der take-off-run irgendwie halbherzig...
Daher meine Frage: Kann man nach vorheriger Absprache mit dem Piloten auch mal verlangen, dass "richtig" Schub gegeben wird?? Beim Bobby ist es ja offensichtlich möglich, kann also ein Airbus auch sofort 100% geben?? Bei einem "Immediate Take-off" würden wir eigentlich am Liebsten im Hintergrund schon die Maschinen hochfahren hören... Kann der gemeine Airbus (-pilot) das auch??
 
Höre ich hier einen gewissen Unterton?

Zunächst hat 'Immediate Take-Off' mit 'Flex' oder 'nicht-Flex' nichts zu tun. Ausserdem halte ich diese Anweisung für eher sinnfrei, da zumindest auf der A320-Family bei LH zwischen Line-Up und Take-Off keinerlei Schaltungen, Checklisten, etc. mehr efolgen müssen, sodass man eigentlich jederzeit losrollen kann.

Dass ist bei anderen Fliegern nicht so, da gibt es 'Line-Up-Items', ggf. mit Checklist oder es muss u.U. noch ein Briefing 're-viewt' werden. Warum Du also gerade auf den A320 abstellst, ist mir nicht klar.

Der einzige Grund für einen aus Eurer Sicht 'schneckenmäßigen' Line-Up ist, folgender: Bei der Berechnung der Startdaten wirft unser Laptop auch eine sog. 'Stop-Margin' aus, d.h. wenn ich bei V1 den Start abbreche bleiben mir genau x m zwischen Bugrand und RWY-Ende.

Dabei wird für den Line-Up eine bestimmte Distanz fix angenommen, die nur mit einem scharfen 90°-Turn zu erreichen ist. Da dieser sehr belastend für Fahrwerk und Reifen ist, muss er mit sehr niedriger Geschwindigkeit gefahren werden.

Wenn die Stop-Margin (die bei einem leichten A319 auch mal +1.800m sein kann) heute leider 0 ist, dann habe ich einfach nicht die Möglichkeit einen eleganten und schnellen Line-Up (z.B. entlang der gelben Linie) zu machen, da dabei bestimmt 200 Meter 'draufgehen'.

Sicherlich verlängert sich der T/O-Roll bei Flex- ggü. TOGA-Power etwas (schätze etwa 10 bis 15 Sekunden), allerdings haben wir hier relativ klare Vorgaben, welches Powersetting zu benutzen ist. TOGA kostet das Triebwerk richtig Lebenszeit, außerdem ist die Wahrscheinlichkeit für einen 'Engine-Failure' bei TOGA deutlich höher, das machen wir also nicht einfach zum 'Spaß'. Außerdem kommt bei manchen Fliegern mit geleasten Motoren sog. 'Pay-per-Thrust' zur Anwendung, hier kostet TOGA also auch richtig Geld.

Falls daher 'flexen' aus Eurer Sicht betrieblich hinderlich ist, kann es nur helfen die Verbindungspiloten er jeweiligen Airlines anzusprechen. Allerdings regieren zur Zeit die Kaufleute und ich habe schon so eine Ahnung, wie die Antwort ausfallen wird:shut:

Zum Thema 'Expedite Immediately' habe ich an anderer Stelle etwas geschrieben, das ich hier nochmal einfüge:

In der Ausbildung versucht man uns umständlich dazu zu erziehen, uns nicht hetzen zu lassen, niemals, durch nichts und von niemandem, denn 'haste makes waste' wie man auf bayrisch sagt.
Ich kann mir vorstellen, dass es psychologisch daher sogar kontraproduktiv ist, häufig mit diesen Formulierungen zu arbeiten, denn in wenn von außen 'Druck' kommt, neigt man dazu alles nochmal doppelt zu checken.

Ansonsten empfehle ich immer wieder einen Streckenerfahrungsflug, da kann man über solche und andere Dinge viel besser diskutieren. Sollte über den 'Dienstweg' wegen des dürftigen Angebotes nichts gehen, dann bitte ich um eine PM und kann ggf. im Einzelfall etwas nachhelfen.

Gruß MAX
 
Selbstverständlich hörst Du einen "gewissen Unterton", ein bißchen Provokation war beabsichtigt ...
Natürlich gehe ich davon aus, dass ihr nicht aus Spaß mit flex-power anrollt, sondern dass es schonender für die Triebwerke ist. Es ging mir in erster Linie auch darum herauszufinden, ob es technisch überhaupt möglich ist... Nehmen wir folgenden Fall an: man will eine enge Lücke (sagen wir mal 4NM zwischen zwei Inbounds) ausnutzen (schließlich wollt ihr ja auch fliegen?!) und die erste Landung rollt erst recht spät ab, der zweite Inbound ist noch recht schnell ect. - dann können diese von dir angesprochenen 10-15 sec. den entscheidenen Unterschied machen. Diese Sekunden entscheiden evtl. letztendlich darüber, ob ich meine geforderten 2400m oder halt nur 2300m oder weniger Staffelung erstellen kann.
Zum Line-up: Wenn ich mich recht erinnere rechnet der Laptop zwar so, dass u.U. beim Startabbruch nicht mehr viel Platz zum Ende der Bahn ist, aber doch immer mit deutlich höheren Temperaturen als real vorherrschend?! Da diese Temp. nicht herrscht, müsste man doch auf diese 200m auch verzichten können, oder? Wenn ich jetzt mein erlangtes Halbwissen völlig durcheinander schmeiße, korrigiere mich bitte...
Wie auch immer, da möchte ich mich eigentlich nicht einmischen, denn wie sagt man so schön: You fly your aircraft, I make control...
Sollte es allerdings vorkommen, dass ihr wisst einen solchen spitzwinkligen Line-up machen zu müssen, verneint bitte die Frage "ready for an immediate?" (ich will dich jetzt nicht pauschal davon ausnehmen, aber komischerweise sagen nur 0,1% der Piloten dazu "negativ") Dann kommt es nämlich gar nicht soweit, dass ihr euch gehetzt fühlt. Sowieso ist es nicht unsere Absicht irgendeinen Pilot zu hetzen, sondern Staffelung zu erstellen und dafür zu sorgen, dass sich an der Bahn niemand die Beine in den Bauch steht...
 
Wie wird eigentlich überwacht, daß zu keiner Zeit weniger als 2400m liegen
zwischen zwei LFZ, die gleichzeitig in der selben Bahnachse einen Anflug oder
einen Start durchführen? Augenmaß? Bei 120kt sind das weniger als 40sek...
 
Naja, grundsätzlich ist es schon richtig, dass durch das flexen zusätzlicheStop-Margin entsteht.

Allerdings unterscheiden wir bei unserer 'Go/No-Go-Decision' im Falle eines RTO immer zwischen einem kritischen und einem unkritischen Take-Off.

Bei einer Stop-Margin von 800 Meter ist ein RTO sicherlich unkritisch, was bedeutet, dass wir quasi für jeden Fehler vor V1 den Start abbrechen können und ziemlich sicher noch auf der RWY zum stehen kommen.

Bei einem kritischen T/O würde man 'approaching V1' nur noch für Fehler mit Schubverlust und Uncontrolability anhalten, alle anderen Abnormals mit in die Luft nehmen, z.B. ein brennendes Triebwerk in der Hoffnung das Feuer dort auszukriegen.

Wann ein RTO nun kritisch ist, kann man nicht an einer konkreten Zahl aufhängen. In der Theorie würden ja selbst 50 Meter Margin zum sicheren Abbrechen reichen, allerdings kommen in der Realität viele Faktoren zusammen, die einem doch sehr an der schönen Theorie zweifeln lassen z.B. wird das Gewicht der Passagiere und teilweise auch des Gepäcks mit statischen 'Standard Weigts' ermittelt und auf dem Loadsheet auf Kilogramm genau verzeichnet. In der Praxis kann der Flieger aber auch gerne mal 2 Tonnen schwerer sein.

Weiterhin sind Zustand von Reifen, Bremsen und RWY-Oberfläche auch nicht wirklich 'objektiv' zu beurteilen.

Daher gilt ein Wert von 300 Metern bei vielen Kollegen als Schallmauer, denn sie immer gerne auf dem T/O-Data-Sheet stehen haben wollen. Da die Berechnungsmethoden stellenweise sehr undurchsichtig sind, kann man nur schwerlich pauschale Aussagen treffen, jedoch ist bereits bei einem gut besetzten A320 (hat bei uns die schlechteste Thrust/Weight-Ratio) die Tendenz zu einer sehr geringen Margin erkennbar, die dann mit einigen Rechentricks wieder verlängert werden kann. Das kostet dann einige °C der T Flex, ist aber company-seitig abgenickt. Nur bringt es natürlich wenig, die mühsam 'gewonnenen' Meter dann wieder beim Line-Up zu 'verdaddeln'.

Ich bin mir nicht sicher, ob es eine Sprechgruppe dazu gibt, aber anstatt 'Ready for Immediate?' würde ich eher nach 'Ready for Rolling?' fragen, da ist dann m.M. nach eher klar was gemeint ist.

Gruß MAX
 
Okay, "ready for rolling" wird auch verwendet. Offizielle Phrasologie ist keines von beidem. Bei mir (und ich glaube auch bei vielen anderen Kollegen) ist ready for rolling eher für intersection-depatures bzw. wenn es nicht ganz so dringlich ist. Wenn ich 4NM oder sogar weniger habe, ist es ein immediate (weiß auch nicht warum, hab ich mir so angewöhnt)...

Ob es 2400m sind oder nicht ist vorerst Augenmaß. Wenn man zweifelt bzw. wenn ein Report/Beschwerde vom Piloten kommt, können die (Boden-)radardaten ausgewertet werden. 2400m bei 26L ist z.B. der B6, bei 08R der B10 usw.
 
Insofern würde ich doch die manchmal offensichtlich aus Deiner Perspektive
etwas schleppende Compliance von Piloten als hilfreich ansehen insofern, als
sie Dein Mißtrauen hinsichtlich von Dir selbst als knapp eingeschätzter
Clearances wachhält. 2400m gelten ja auch dann als Minimum, wenn grad mal
keiner danach fragt. Stillschweigend-einvernehmliche Unterschreitungen
(wenn es umständlich zu prüfen ist) führen früher oder später in die
Abendnachrichten. Außerdem wird der so der Druck für Außenstehende viel
eher sichtbar (etwa durch längeres Holding an der Schwelle), der auf den
Ausführenden lastet (Cockpit, ATC), die theoretisch ermittelte und folglich
koordinierte Kapazität auch zu realisieren.
 
wobei es recht schwer ist über diese art druck auf planungsabteilungen auszuüben. in erster linie sind immer die umliegenden kollegen und die piloten in den fliegern, die justamente in der gegend sind, betroffen. das sich planungstechnisch etwas ändert, dazu bedürfe es monatelanger konsequenz in diesem bereich, nicht nur von einem, sondern von allen. und das ist schwer durchzuhalten........
also werden nicht nutzen von lücken, go-arounds weil's nicht geklappt hat, oder gar staffelungsunterschreitungen (die sicher untersucht werden, denn lotsen sind noch 'gläsener' als piloten) an dem individuellen einzelfall, sprich an der person festgemacht, denn er 'hätte ja nicht müssen, sondern es war seine entscheidung...', womit man erfolgreich die augen ob der möglichen mängel verschließen kann.

sicher ist aber auch das jeder seinen flieger anders fliegt, auch wenn's gleiche airlines und gleiche types sind. 340er die im descent 5000 ft/min machen, ohne das es gefordert ist (mit paxen), gleicher flieger, gleiche airline, rate 1500 ft/min, kommt ein unable, warum auch immer (ich schätze Cabin) usw usw usw
es menschelt halt überall, und das ist oft auch gut so, nur nicht immer ;)

Saigor
 
Naja, damit wir uns nicht missverstehen: knapp eingeschätzte Clearance gibt es eigentlich nicht... Es gibt eine knappe Lücke, die man versucht auszunutzen. Erfahrungsgemäß muss die Depature rollen, wenn der nächste inbound bei 2NM ist damit es reduced runway separation wird (also, wenn euch der Lotse sagt "next inbound 2NM" ist höchste Eile angesagt). Tut er es nicht, wird der Start abgebrochen und es gibt einen go-around. Somit ist eigentlich immer sichergestellt, dass Separation bestehen wird!
 
Triebwerk richtig Lebenszeit, außerdem ist die Wahrscheinlichkeit für einen 'Engine-Failure' bei TOGA deutlich höher, das machen wir also nicht einfach zum 'Spaß'. Außerdem kommt bei manchen Fliegern mit geleasten Motoren sog. 'Pay-per-Thrust' zur Anwendung, hier kostet TOGA also auch richtig Geld.

Wirklich interessante Diskussion für einen Aussenstehenden. Das oben kommentierte "Pay-per-Thrust" ist mir neu aber auch einleuchtend, auch wieder was gelernt.
Vielen Dank für diese Informationen von euch Fachleuten! :thbup:
 
Entschuldigung: leicht off-topic!

bei einem gut besetzten A320 (hat bei uns die schlechteste Thrust/Weight-Ratio)

Echt? Hätte jetzt bzgl. schlechtester Thrust/Weight-Ratio auf die 321-100 getippt. Ist die bei denen tatsächlich besser?
Was kriegen eigentlich die neuen 320er für Motoren? Bleibt LH beim Modell -211 mit den CFM56-5A1, oder werden es -214er mit dem fortschrittlicheren B-Modell (oder sogar die neuen 216er)?
Übrigens: Danke für die Infos aus erster Hand, die wir von Euch Piloten und Controllern hier so bekommen!:thbup:
 
321-100: 3,21 N/kg
321-200: 3,15 N/kg
320-200: 3,02 N/kg
319-100: 3,07 N/kg, alle MTOM.

Hinsichtlich der Motoren würde ich die 4U-Order als richtungsweisend erachten
- aber es sind noch zwei Jahre Zeit bis zur Lieferung der ersten neuen A320.
 
321-100: 3,21 N/kg
321-200: 3,15 N/kg
320-200: 3,02 N/kg
319-100: 3,07 N/kg, alle MTOM.

Nach meinen 'Berechnungen' (und auch nach dem Bauchgefühl;D) ist der A321-200 noch ne Ecke besser motorisiert als der -100.

A319-100 2x 23.500 lbs / 68.000 kg (=137.637 lbs) = 0,341
A320-200 2x 25.000 lbs / 73.500 kg (=148.808 lbs) = 0,336
A321-100 2x 30.000 lbs / 83.000 kg (=168.042 lbs) = 0,357
A321-200 2x 33.000 lbs / 89.000 kg (=180.189 lbs) = 0,366

Hinsichtlich der Motoren würde ich die 4U-Order als richtungsweisend erachten

Was meinst Du damit? Was haben die denn da bestellt?

Satchmo hat gesagt.:
Was kriegen eigentlich die neuen 320er für Motoren? Bleibt LH beim Modell -211 mit den CFM56-5A1, oder werden es -214er mit dem fortschrittlicheren B-Modell (oder sogar die neuen 216er)?

Was ist denn da genau der Unterschied?

Viele Grüße, MAX
 
Welche Muster/Hersteller arbeiten sonst noch mit Flex-Power??
Komplette Airbus-Familie?? Avro??

Aus den o.g. Gründen arbeitet eigentlich jeder halbwegs moderne Jet (auch der Avro;)) wann immer möglich mit 'reduced T/O-Thrust'. Wie das dann genau heißt ist wieder Hersteller-Abhängig. Ebenso die Art und Weise der Berechnung und der Grad der Reduzierung.

Früher wurde öfters nur um einen festen Betrag reduziert, ohne genaue Berechnung ob unter den aktuellen Bedingungen evtl. mehr gehen würde. Mit dem Einzug der Laptops ins Cockpit wird aber viel genauer gerechnet und somit ist häufig ein weiteres Reduzieren der Leistung möglich.

Letzteres ist wohl auch seit kurzem auf dem Avro der Fall, seitdem unterscheidet sich dessen Take-Off-Roll nicht mehr nenneswert von dem eines vollen A343.

Gruß MAX
 
Letzteres ist wohl auch seit kurzem auf dem Avro der Fall, seitdem unterscheidet sich dessen Take-Off-Roll nicht mehr nenneswert von dem eines vollen A343.

Gruß MAX

Ach weißt Du, das macht eigentlich nix. Vom Avro erwartet sowieso niemand so etwas ähnliches wie PeRfOrMaNcE... Wir müssen nur immer leicht schmunzeln, wenn es heißt "unable for intersection-depature; request full length". Antwort: "Roger, in this case through the de-icing loop to B15" :dead:
Vielleicht sollten wir die dritte Bahn ausschließlich für Avros bauen und sie 6km lang machen...
Wie Du siehst: Es wird nicht immer nur auf'm 320er rumgehakt... :whistle:
 
A321-100 2x 30.000 lbs / 83.000 kg (=168.042 lbs) = 0,357
A321-200 2x 33.000 lbs / 89.000 kg (=180.189 lbs) = 0,366
Wenn die -200 tatsächlich auf 33000lbs betrieben werden, hast *Du* recht.
Ich hatte mit 31557lbs gerechnet: 0,350. Mehr als die 33000lbs stehen
übrigens auch für die 93,5t nicht zur Verfügung.

Was meinst Du damit? Was haben die denn da bestellt?
IAE.

Was ist denn da genau der Unterschied?
CFM56-5B (320-214, 319-112) gegenüber -5A (320-211, 319-114) anderer
Niederdruckbereich, andere Brennkammer, bessere Schadstoffwerte (NOx).
Swissairs Flotte wurde mit -5Bs geliefert.
 
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