Trip-Report (F-/C-/Y-Class): MUC-SIN-SYD-CNS-CTN-AKL-ZQN-MFN-SYD-SIN-BKK-MUC

Ein PAD ist ein Angehöriger einer Fluggesellschaft, der Stand-By, und somit viel günstiger, fliegt.
Als PAD muß man für die besseren Klassen einen Dresscode erfüllen, der z.B. für die C-Class legere Businesskleidung vorsieht und in der F sollte man mit Anzug und Krawatte auflaufen um nicht aufgrund von "Underdressment" nicht mitzukommen.
Dabei wird aber meist völlig übersehen, daß in der F kaum einer mit Anzung und Krawatte fliegt und man somit als PAD wohl einer der bestgekleideten Passagiere sein wird- zumindest ging es mir immer so.

Damals, und teilweise in den USA heute noch, nahm und nimmt der 'dresscode' teilweise groteske Züge an... Die einzigen Passagiere mit Krawatten und Sakkos an Bord...? Genau, Pad's. Unabhängig von Temperaturen und Klasse wurde dieser Blödsinn vorgeschrieben. Peinlich...
Heute gibt es einen vernünftigen Dresscode der lediglich ausschliesst (wie bspw. blue jeans, Shorts etc.) und nicht explicit vorschreibt...
 
Warum schreibe ich über Nagelpfeilen?

Nun, lieber Donnergeräusch, deine Abneigung gegenüber übertriebenen Sicherheitskontrollen an allen Ecken und Enden dieser Erde kann ich durchaus nachvollziehen.
Nachdem sich das Thema aber nun schon wie ein roter Faden durch mehrere deiner lesenswerten posts zieht, muss ich jetzt einmal den Grund für die Schikanen dir gegenüber beim Namen nennen und das Missverständnis aufklären, dem du offensichtlich erlegen bist!

Steck doch auf deinen zukünftigen Flügen eine Nagelfeile in dein Gepäck - und laß die Nagelpfeile daheim! ;)
 
@merpati: Du bist ein guter und gewissenhafter Leser :thbup: Alle meine Nagelpfeilen habe ich deshalb gerade in die graue Restmüll-Tonne geworfen und nehme jetzt nur noch Nagelfeilen mit ins Handgepäck. Endlich hat einer meine Marotte entdeckt!
 
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Vor dem Start Auckland - Queenstown

Ich möchte auch mal sparsam sein und verzichte deshalb, mit dem Taxi zum Flughafen zu fahren. Der Airportbus von Auckland tut es sicherlich auch, denke ich mir. Aber vielleicht soll ich nicht soviel denken, denn das kann ganz schön schief gehen. So denke ich mir erstens, dass der Bus wohl etwa 30 Minuten zum Flughafen brauchen wird - etwas länger als ein Taxi also. Zweitens denke ich mir, dass er nonstop zum Airport fährt. Drittens denke ich mir, dass er alle 20 Minuten losfährt - ganz nahe am Hilton, wo ich gestern die Busstation ohne fremde Hilfe selbständig entdeckt habe. Es müsste also reichen, wenn ich um 8 Uhr morgens an dieser Bushaltestelle stehe. Da ist dann nach meiner Zeitrechnung genügend Puffer drin, denn mein Flieger nach Queenstown geht so kurz nach 10 Uhr herum, denke ich mir.

Ich bin pünktlich um 8 Uhr an dieser Bushaltestelle. Aber der Bus ist nicht pünktlich. Ich schaue mir den Fahrplan etwas genauer an: alle 20 Minuten steht da gross geschrieben. Das habe ich mir also richtig gemerkt. Also lese ich das Kleingedruckte: Ab 5:55 a.m alle 20 Minuten, Fahrdauer zum Flughafen ca. 45 Minuten. Aha, ich muss also noch eine Weile warten - und es dauert länger als 30 Minuten. Wie gut, dass ich mir den Zeitpuffer eingeplant habe. Als geübter Vielflieger weiss man, wie wichtig ausreichende Zeitpuffer sind, um entspannt zum Flieger zu kommen.

8:10 Uhr. Gleich wird der Airportbus kommen. 8:13 Uhr: Ist es schon dieser gelbe Bus da vorne? 8:15 Uhr: Dies muss jetzt der Bus sein. 8:16 Uhr: Warum hält er nicht? 8:18 Uhr: Aber jetzt, der grüne Bus dort ist es bestimmt! 8:20 Uhr: Soll ich mir doch besser ein Taxi nehmen? 8:22 Uhr: Wenn es dieser blaue Bus nicht ist, dann suche ich mir ein Taxi! 8:23 Uhr: Das Warten hat sich gelohnt. Der blaue Flughafenbus hält vor mir. So komme ich für 11 neuseeländische Dollar billig zum Flughafen. Und von der Zeit reicht es ja noch, denke ich mir. Ich bin ja ein erfahrener Vielflieger, der sich in der Welt auskennt und weiss, was alles passieren kann und deshalb immer rechtzeitig losfährt und Zeitpuffer einplant.

Ich hab das Fahrgeld passend. Das Bezahlen geht schnell. Doch meine Mitfahrer (fast alles Backpackers, zu denen ich ja vor 25 Jahren auch mal gehörte) haben es nicht passend. Das dauert. Einer der Rucksacktouristen will sogar mit seiner Kreditkarte im Bus bezahlen. Das geht gar nicht. Damals schon gar nicht und heute auch nicht. Gefühlte 5 Minuten später fahren wir los. Und nach gefühlten 30 Sekunden stoppen wir schon ein paar Metern weiter, obwohl die Ampel grün ist: Der Fahrer öffnet die Türe, es steigen Fahrgäste ein. Manche haben das Ticketgeld passend, manche nicht. Gefühlte 5 Minuten dauert es wieder, bis wir weiterfahren.

Der Busfahrer entdeckt viele Seitenstrassen, in die er reinfahren kann, weil auch dort jemand warten könnte, der zum Flughafen will. Manchmal warten an den vielen Haltestellen tatsächlich Leute, manchmal war der Umweg umsonst. Sogar den Christlichen Verein junger Männer (YMCA) steuert er an: Dort erwarte ich jetzt eine ganze Horde gläubiger Jesu-Backpackers, aber niemand will zusteigen. Ist wohl noch zu früh, um gleich in den neuseeländischen Himmel zu fliegen.

Die Zeit vergeht. Bestimmt 10 Haltestationen fährt der Bus ab - und das mitten im Berufsverkehr. Stop and go. Ich schalte im minutentakt mein IPhone ein und frage es nach der aktuellen Uhrzeit. Es ist mein einziger Chronometer, denn neben Nagel(p)feilen habe ich eine zweite Marotte: Ich habe noch nie eine Armbanduhr besessen. Kurz vor 9 Uhr ist es, sagt mir mein IPhone. Fast 9 Uhr, und wir sind noch immer in Auckland. Das wird knapp, doch es wird reichen. Ich habe ja als alter Weltreisender einen Zeitpuffer eingeplant, denke ich mir. Aber Denken ist doch manchmal echte Glücksache.

Endlich scheint es jetzt nonstop zum Flughafen zu gehen. Der Bus hat nun seine Reisegeschwindigkeit von 50 Kilometer erreicht. Er hält dieses Tempo auch konstant, bis er nun auf die Autobahn fährt (was er schon dreimal hätte tun können). Dort kann er jetzt sicherlich auf 100 Kilometer beschleunigen, denke ich mir. Doch genau bei diesem Gedanken schiesst mir Adrinalin in mein Blut und von dort in den Kopf, denn meine Augen melden ein Alarmsignal an mein Hirn: Stau, so weit das Auge reicht - Stau auf dieser Autobahn Richtung Flughafen. Und der Busfahrer fährt da trotzdem voll rein in den Stau, satt weiter langsam auf der Stadtstrasse zum Flughafen zu fahren. Hat er keine Augen ?

Mit meinem Adrenalin im Kopf renne ich nach vorn zum Busfahrer: "Wie lange brauchen wir noch zum Flughafen?" 15 Minuten verstehe ich und wiederhole, ob ich es auch richtig verstanden habe: Nur 15 Minuten? "Nein, 50 Minuten dauert es, vielleicht aber auch eine Stunde. Oder eine Stunde und 15 Minuten.", sagt der Busfahrer gelassen und zuckt mit den Achseln: "Da ist heute morgen an der Autobahnbaustelle ein grosser Unfall passiert, und seitdem geht nichts mehr...." . Ich höre verblüfft zu: "Ja warum haben Sie uns das nicht bei der Abfahrt gesagt?" Ich hätte sonst ein Taxis genommen. "Weil niemand gefragt hat", sagt der Busfahrer ruhig und verschränkt seine Arme auf dem Lenkrad, weil gerade nichts vorangeht. Mein Kopf wird rot. Doch Aufregen nützt ja nichts. Ich will jetzt einfach wissen, was für ein Psychogramm dieser Busfahrer hat. Deshalb frage ich so ruhig wie ein Therapeut mit meiner senoren Stimme: Und warum fahren Sie jetzt auf die verstopfte Autobahn statt uns über die Stadtstrasse zum Flughafen zu bringen? "Weil ich das so tun muss, weil das auf meinem Plan steht, weil ich das jeden Tag so mache, weil man mir das gesagt hat, weil das unsere gewohnte Route ist, weil es über die Stadtstrasse für gewöhnlich länger dauert .... " Irgendeine dieser Antworten hat der Busfahrer mir gegeben. Genau weiss ich es nicht mehr. Es war auf jeden Fall eine typisch neuseeländische Antwort, irgendwie very british, ja eigentlich bayerisch sogar: Der Busfahrer kam mir vor, wie ein obrigkeitshöriger Münchner Busfahrer, der am liebsten wieder einen König und viele Lebensregeln in Bayern hätte, nachdem ihm die CSU jetzt keinen Ersatzkönig mehr zu bieten hat.

Ich setze mich wieder brav auf meine Platz und harre der Dinge des Lebens. Es geht mit 5 Kilometer voran. Stop and go. Ich halte Ausschau, ob ich erste Indizien entdecke, die auf das baldige Erreichen eines internationalen Flughafens schliessen lassen. Zu diesen Indizien gehören derzeit weltweit zum Beispiel haushohe Werbeschilder von Emirates oder Airporthotels am Rand der Strasse. Oder irgendwelche Cargohallen, die nach Luftfracht aussehen. Oder einfach nur ein Flugzeug, dass man entweder starten oder landen sieht. Ich sehe nichts dergleichen. Ich gebe innerlich auf.

Den Flug nach Queenstown erreiche ich nicht mehr, denke ich mir. Schade. Dabei habe ich mich so gefreut, schon Mittags in Queenstown zu sein. Dann hätte ich den ganzen Nachmittag für mich gehabt. Ich hätte mit der Seilbahn auf den Hausberg von Queenstown fahren können, ich hätte oben eine Wanderung machen können, ich hätte mich also bei frischer Bergluft erholen können. Das soll ganz gesund und entspannend sein. Und ich denke mir: Vermutlich geht heute kein Nonstopflieger mehr nach Queenstown, vermutlich muss ich in Christchurch umsteigen, vermutlich bin ich erst abends in meinem Hotel... Schade.

Doch wie aus heiterem Himmel lese ich plötzlich ein Schild: "Auckland International Airport". Dabei habe ich wirklich kein einziges Indiz gesehen, welches auf einen Flughafen geschlossen hätte. Ein paar Kurven im Kreisverkehr noch, und wir sind am Terminal. Ich stehe schon sprungbereit im Bus am Ausgang - mit meinem Rollkoffer und meinem Handgepäck. Es ist kurz vor 10 Uhr. Ich probiere es, vielleicht habe ich ja Glück. Ich renne, ich schwitze dabei, ich renne ins Terminal. Eine grosse Schlange befindet sich vor allen Economy Schaltern. Und ich fliege Economy, weil es nach Queenstown ja gar nichts anderes im Angebot gibt. Ich orientiere mich kurz. Ich sehe einen einzigen Schalter von Air New Zealand, wo keiner ansteht, kein einziger Mensch. Das ist meine Chance. Ein roter Teppich ist vor dem Schalter ausgerollt. Sowas kommt mir bekannt vor. Club, Executive, Member oder so was ähnliches steht über dem Schalter. Mir egal. Vielleicht hilft mein wertvoll aussehendes Lufthansa Kärtchen. Ich lege es auf den Tresen, bevor ich der Schalter-Dame (auch schon mit grauem Haar, also in meinem Alter) beginne, meine Geschichte von dem bösen Busfahrer zu erzählen. Sie schaut sich nicht das Kärtchen an, sondern legt ihre Hand auf meine und sagt ruhig: "Entspannen Sie sich. Kein Problem, jetzt haben Sie es ja noch geschafft, das Flugzeug ist noch nicht in der Luft, das Boarding ist noch nicht beendet. Aber bitte entspannen Sie sich."

Ich muss auf Sie wohl sehr unentspannt wirken. Wie aber auch Entspannen? Nicht nach so einer Busfahrt! Und Entspannen, wenn schon das Boarding läuft und ich noch durch die Kontrolle muss? Geht wirklich nicht, so kann ich mich nicht entspannen. Ich renne zur Fummelkontrolle und drängle mich diplomatisch charmant vor. Schliesslich muss ich ja ins Flugzeug, ich! Ich renne direkt zum Gate und will in den Flugsteig rein, aber die Tür ist schon zu. Doch zu spät, schiesst es mir sofort durch den Kopf. Ich habe es also nicht mehr geschafft. Ich gucke mir die beiden Boden-Stewardessen an und lege mir eine Argumentation zurecht, wie ich es trotzdem noch schaffen könnte, in das Flugzeug zu kommen, obwohl das Boarding schon beendet und die Türen geschlossen sind. Ich werde einfach sagen, dass mein Koffer an Bord ist. Der hat es noch geschafft, werde ich sagen. Den Gepäckschein habe ich ja. Und ohne Passagier darf ja ein Koffer nicht fliegen, denke ich mir.

Doch Denken ist manchmal Glückssache: "Sir", sagt eine der beiden Boden-Stewardessen streng: "Sir, bitte warten Sie wie alle anderen auch, bis wir mit dem Boarding beginnen!"

Ich drehe mich um und sehe, dass gut 100 Passagiere im Warteraum sitzen und neuseeländisch geduldig warten, warten und warten. Gute 10 Minuten darf ich auch noch warten, gut 10 Minuten versuche ich, mich zu entspannen. Das ist nicht so einfach. Das Boarding begnnt: Zuerst Frauen mit Kinder und ältere Menschen, dann die hinteren Reihen, also auch ich, denn ich sitze diesmal hinten: Sitz 19 A. Hauptsache ich bin an Bord, Hauptsache ich sitze. Egal wo. 19 A ist ok. Jetzt muss diese Boeing 737 der Air New Zeeland nur noch starten, und dann bin ich wieder glücklich und bestimmt bald vollkommen entspannt ....
 
So, nach deiner nervenaufreibenden Fahrt zum Flughafen bin ich jetzt richtig wach. Guten Flug nach Queenstown. :thbup:
 
Ach Gott ist das herrlich!;D

Ich weiß schon gar nicht mehr, was ich zu diesen genialen Berichten sagen soll! Einfach GENIAL!

Ich kann mich nur wiederholen und sagen: Der beste Trip-Report, den ich je gelesen habe! Da kommt keiner von a.de ran!
Fantastisch!:thbup:
 
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Muss ich mich auch anschließen. Wirklich sehr unterhaltsam. Konnte bei deiner Busfahrt richtig mitfiebern.:resp:
Weiter so. Freue mich schon auf den nächsten Teil :)

Gruß
 
:resp: vor diesem Bericht!
Hast Du dir während des Tripps schon Dinge notiert oder erst hinterher den Handlungsstrang nachvollzogen als Du wieder zu hause warst?;)
An deinem Bericht sehen vielleicht auch mal jüngere High-Sporne, dass etwas durch die Nutzung des geschriebenen Wortes - auch ohne bunte Bildchen - interessant sein und auf sein Erlebtes aufmerksam machen kann.:cool:
 
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Ich muss echt sagen, einer der besten Reiseberichte, die ich je gelesen hab, genau so viele Bilder wie es braucht um den toll geschriebenen Bericht dezent zu untermalen. Freu mich schon auf die Fortsetzung!
 
@Boeing707: Der Bericht ist ein Erinnerungsprotokoll, wobei mir die Schnappschüsse mit meinem IPhone helfen. Und manchmal schaue ich auch auf meinem Reiseplan, wenn es um ein Datum oder so geht. So, und nun muss ich arbeiten, vielleicht schaffe ich ja heute abend, über den nächsten Flug zu schreiben.
 
@merpati: Kennst du mich? Woher weisst du, dass ich neben dem Nagelfeilen-Fetisch noch einen weiteren habe: ich stehe voll auf Grapefruit-Saft!
 
Auckland - Queenstown.

Eigentlich ist Fliegen langweilig - gerade dann, wenn man schon hunderte oder vielleicht sogar tausende Flüge hinter sich hat. Es ist wie U-Bahn-Fahren: Man steigt ein, liesst die Morgenzeitung und steigt aus, um zu arbeiten. Und abends steigt man wieder ein, liesst seine Arbeitsnotizen und steigt aus, um daheim zu schlafen. Ganz selten schaut man beim U-Bahnfahren aus dem Fenster. Und im Flugzeug schaut man auch nicht mehr raus. Man kennt den Anblick der grauen Nebelsuppe über Deutschland mittlerweile gut genug, zumindest ich kenne ihn. Es ist schon eher selten, dass man über Deutschland Interessantes sieht - eine interessante Wolkenformation, einen schönen Sonnenaufgang an einem Montag Morgen, die freie Nachtsicht am Freitag Abend auf eine Grosstadt wie beispielsweise Frankfurt oder im Winter ein Flug über schneebedeckten Alpen nach Mailand, wenn gerade Hochdruckwetter ohne Wolken ist.

Ich denke gerade über meine bisherigen Flüge auf dieser Reise nach, über die ich gerade berichte: der einzige Ausblick, an den ich mich erinnere, war der Blick aus dem Oberdeck des A 380 in der Business Class der Singapore Airlines durch das Fenster, als ich den Vollmond sah, wie er mitten in der Nacht über Australien hell die Tragfläche und die Riesenturbinen des A 380 anstrahlte. Ja, das hat mich gefesselt. Das ist tatsächlich der einzige Ausblick, an den ich mich erinnere - und den ich auch minutenlang im Schneidersitz auf meinem fliegenden Bett genoss (der Ausblick bei Skytrans auf dem Flug Cairns - Cooktown läuft ausser Konkurrenz, denn da sass ich ja fast im Cockpit mit einer schönen blonden Pilotin, da schaut man nach anderen Dingen ...)

Auch heute scheint es wieder für das Auge ein langweiliger Flug zu werden. Es ist durchgehend bewölkt in Auckland, es schaut nach Regen aus. Die Boeing 737 startet und geht steil in den Himmel, erreicht bald die Wolkenuntergrenze und steigt in der grauen Nebelsuppe weiter auf. Doch bald wechselt das Grau des Nebels in ein sauberes Weiss - und dass ist ein gutes Zeichen: Über der unteren Wolkendecke befindet sich oben offensichtlich keine weitere, sondern die Wolken werden geradewegs von der Sonne angestrahlt. Das macht den Nebel weiss. Die kleine Boeing durchsticht die Wolkendecke. Sie fliegt aus dem schneeweissen Wattemeer - und diesen Anblick geniesse ich: Die Wolken schauen so gepflegt aus, wie gerade frisch gewaschen, weisser als weiss (wie ein Werbetexter die Deutsche Sprache verhunzen würde). Ich liebe genau diesen Anblick, wenn eine Maschine knapp über diesem Wattemeer fliegt - entweder nach Start oder beim Landeanflug. Also schaue ich tatsächlich eine, vielleicht auch zwei Minuten aus dem Fenster.

Wir fliegen von Auckland nach Queenstown. Auckland ist die grösste Stadt Neuseelands (ich denke, sie hat so 800.000 Einwohner) und liegt auf der warmen Nord-Insel. Queenstown ist eher eine mittelgrosse Stadt in Neuseeland (sie hat vielleicht 5.000 Einwohner) und liegt auf der kalten Süd-Insel. Man merkt schon: In Neuseeland ist alles verkehrt, alles anders herum (wenn wir hier in Deutschland schlafen, sind die Neusseländer hellwach). Beide Städte sind etwa 1.200 Kilometer auseinander. Man fliegt also gut eineinhalb Stunden aus dem Norden in den Süden.

An Bord sitzen überraschend viele ältere Menschen. Wollen die alle zum Skifahren? Es ist Ende August, der Winter ist noch nicht vorbei und zum Wandern mag es doch zu kalt sein, denke ich mir. Wir fliegen noch über der Südinsel. Ich schaue spontan aus dem Fenster und entdecke zufällig eine Kleinigkeit in einer gewissen Entfernung, wo ich mir bald sicher bin, welche Kleinigkeit ich da sehe: es ist der schneebedeckte Gipfel eines Vulkans, der links aus der Wolkendecke lurgt. Den muss ich natürlich mit meinem IPhone aufnehmen, denn ich weiss, wie dieser Vulkan zur Sommerzeit aus der Bodenperspektive aussieht. Ich war da schon mal, und deshalb freue ich mich, diesen Vulkan wiederzusehen. Hallo Vulkan, wie heisst du nochmal?

Es gibt Tee, Kaffee und sonstige Getränke. Es gibt einen Snack, der nach irgendetwas schmeckt. Ich nehme wie immer Tomatensaft mit Pfeffer und einen Plastikbecher mit Wasser. Das trinke ich immer, wenn ich Economy fliege, aber nur in der Economy Class. Es ist ein Phänomen, dass viele Menschen nur im Flugzeug Tomatensaft trinken. Woran liegt das? Vielleicht sagt mir das Air New Zealand: Die Fluggesellschaft vertreibt uns die Zeit wieder mit ihrem Quiz auf dem Bord-Bildschirm. Ich hoffe, dass auch mal nach dem Grund des Tomatensaft-Konsums gefragt wird - aber leider hoffe ich vergeblich. Es wird nach Politik, Erdkunde, Showbusiness unbd Sport gefragt. Bei den ersten beiden Themen komme ich mit, bei den letzten beiden Themen bin ich erstaunt, was ich alles nicht weiss.

Ich schaue wieder aus dem Fenster. Ich sitze auf 19 A hinter der Tragfläche und blicke nach vorne über sie hinweg. Was ich da entdecke, entzückt mein Auge: die Wolkendecke reisst auf, und vorne steigen Berggipfel empor - schneebedeckt wie mit Puderzucker. Wir scheinen schon über der Nordinsel zu sein. Was ich da sehen komme, sind die Neuseeländischen Alpen (ja, die heissen wirklich so und sind viel schöner als unsere Alpen). Der Flug über Berge und Täler, über Seen und Flüsse ist beeindruckend. Ich mache davon Fotos mit dem IPhone. Und ich schaue jetzt nur noch aus dem Fenster, denn endlich gibt es auf einem Flug für mich etwas zu sehen. Normalerweise ist es hier eigentlich eher bewölkt (das liegt an der Geographie, den Wetterströmen und am Pazifik), doch heute haben wir Sonnenschein. Glück hast du, Andreas, sage ich mir.

Noch etwas mehr Glück hätte ich gehabt, wenn ich auf der anderen Seite des Flugzeugs gesessen hätte. Der Pilot meldet sich und sagt uns Linken, was die Rechten alles sehen: "Wer rechts sitzt, sieht gleich den Mount Cook, den höchsten Berg Neuseelands, und vorne Rechts sehen sie den Franz Josef Gletscher... dann den See Soundso ....". Ich versuche auch den Rechtsblick, aber ich sehe nur die Hinterköpfe der Nachbarn. Ich kann also nur im Kopfkino erahnen, wie toll das da drüben bei den Rechten aussehen muss. Warum muss ich auch immer so links ausgerichtet sein?

Wir sinken. Die Landeklappen fahren aus. Dann das Fahrwerk. Die Boeing 737 kommt dem Berg neben uns doch sehr nahe. Ich sehe über der Tragfläche die Bergstrasse mit einem Skibus drauf, und unter der Tragfläche ist 100 Meter tiefer der Shotover-River im Tal. Wir sinken nicht mehr, merke ich. Das Tal steigt steil an, sehe ich. Wir setzen plötzlich auf, spüre ich. Wir sind also da, weiss ich jetzt, wir sind in Queenstown, und es ist schönes Wetter. Was will man mehr.

Ich hole meinen Koffer, setze mich ins Taxi, checke im Hotel ein, gehe auf meine Terasse, geniesse bei 8 Grad die Wintersonne und beschliesse, mit der Seilbahn auf den Hausberg zu fahren. Dort oben mache ich eine dreistündige Wanderung. Ich bin komplett mir mir alleine und treffe nur zwei andere Wanderer. Es ist überrschend mild da oben. Der Schnee ist auf 1.000 Meter Höhe fast schon ganz weg und der Frühling kommt mit schnellen Schritten in das südliche Neuseeland.
 
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Wer entdeckt den Vulkan? Wie heisst die Quizantwort? Wo sind wir gerade? Welcher Fluss ist da zu sehen? Wo steht das Flugzeug?
 

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Da scheinst du ja für den Stress in Auckland gut entschädigt worden zu sein. Mach weiter so mit Deinen Berichten!:resp:
 
@ Donnergeräusch: Mein Mitgefühl - auch ich wurde damals in Cairns von meiner guten Nagel(p)feile beim Screening getrennt. Deine Berichte lesen sich wirklich hervorragend. Freue mich schon auf weitere Fortsetzungen.
 
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