Eine Einigung wird so schnell wohl nicht kommen....
Frankfurt/Langen, 09.06.2011.
Am Donnerstagnachmittag, 17:05 Uhr, geht nichts mehr. Seit den späten Vormittagsstunden hatten die Verhandlungsdelegationen von DFS und GdF versucht, sich bei den seit Wochen verhandelten strittigen Themen ETV und VTV anzunähern. Im Ergebnis sind alle Versuche fehlgeschlagen.
Die DFS zeigte nach wie vor keine Bereitschaft, überhaupt ein Angebot zu allen Forderungspunkten der GdF zu unterbreiten: Im Komplex Eingruppierungstarifvertrag (ETV) weigerte sie sich, auf die von der GdF-Tarifkommission geforderte Erweiterung der Vergütungsgruppen um eine Vergütungsgruppe 12 einzugehen und bezeichnete dies als „unverhandelbar“. Bezüglich der im Bereich Vergütungs-tarifvertrag aufgestellten vier Einzelforderungen schloss die DFS ein Angebot zu zwei Forderungs-punkten ebenso kategorisch aus.
Und das von der Arbeitgeberseite bereits am 26. Mai 2011 unterbreitete Angebot zur geringfügigen Erhöhung der Vergütung für eine Laufzeit von 4 Jahren und 5 Monaten (!) wurde nur dahingehend modifiziert, dass man sich auf eine um zwei Jahre verkürzte Laufzeit – dann also immerhin noch 2 Jahre und 5 Monate – vorstellen könnte. Aber: Auch dieses, lediglich in der Laufzeit abgewandelte Angebot wurde von dem DFS-Verhandlungsführer, dem amtierenden Arbeitsdirektor Jens Bergmann, mit der Vorbedingung versehen, dass die GdF sich auf weit reichende Regelungen zur Kapazitätserhöhung einlassen müsste. Diese Verknüpfung, die nach Lesart der DFS vor allem die weitere Öffnung der Stundengrenzen bis mindestens Ende 2015 bedeuten würde, hatte die GdF-Verhandlungs-kommission bereits während der VTV-Verhandlungsrunde am 26. Mai 2011 zurückgewiesen.
Die nochmalige Aufforderung der GdF-Verhandlungskommission, ein Vergütungsangebot zu allen Forderungspunkten mit üblicher (12- bis maximal 18-monatiger) Laufzeit ohne die Vorbedingung einer Lösung der Personalengpässe (Kapazität) vorzulegen, wurde von den DFS-Verhandlern ignoriert. Die Arbeitgeberseite stellte unmissverständlich klar, dass jedwede Vergütungserhöhung eine schnelle Verbesserung der Verspätungssituation durch Bereitstellung entsprechender Kapazitäten seitens der Gewerkschaft voraussetze.
Die Verhandlungskommission der GdF hat daraufhin die Verhandlungen abgebrochen und der Arbeitgeberseite mitgeteilt, dass sie der in der nächsten Woche tagenden GdF-Tarifkommission das Scheitern der Verhandlungen empfehlen werde. Die DFS-Vertreter bedauerten diese Entscheidung, zeigten sich aber gleichzeitig wenig überrascht.
Überraschend kann die jüngste Entwicklung für die DFS in der Tat nicht gewesen sein. Denn eben dieses Szenario ist vom DFS-Management nicht nur im Verhandlungsablauf selbst, sondern auch außerhalb sorgfältig und mit erheblichem Aufwand vorbereitet worden. Für diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die noch an einem offenen Verhandlungsausgang und einen hinreichenden Willen der DFS-Geschäftsführung zur Einigung geglaubt hatten, dürfte der letzte Zweifel mit dem „persönlichen“ Schreiben des Vorsitzenden der Geschäftsführung, Dieter Kaden, vom 06. Juni 2011 – also pünktlich einen Tag vor den entscheidenden Verhandlungen – beseitigt worden sein. Das Schreiben ist, auf einen Punkt gebracht, eine einzige vorweggenommene Schuldzuweisung an die Adresse der Gewerkschaft und damit zugleich eine Freisprechung der DFS-Geschäftsführung von jeglicher Verantwortung – in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft.
Parallel dazu hat die DFS pünktlich zum Tag der entscheidenden Verhandlungsrunde einen Leitartikel im Wirtschaftsteil der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lanciert, dessen Titel wohl nicht zufällig den Charakter einer „self-fulfilling prophecy“ trägt: „Gefahr eines Streiks der Fluglotsen im deutschen Luftverkehr wächst“ (F.A.Z. vom 09.06.2011, Seite 9). Passend dazu ein Kommentar unter der Überschrift: „Privilegien“, der die arbeitgeberseitige Sichtweise auf den Punkt bringt: „Die heikle Schlüsselrolle in den laufenden Verhandlungen mit den Fluglotsen fällt der Branchengewerkschaft GdF zu, die ihre Mitglieder auf Abstriche bei der Bezahlung oder einer Ausweitung der Arbeitszeiten einstimmen muss.“
Um das Bild abzurunden, sei noch darauf hingewiesen, dass die von der DFS vor einigen Tagen abgehaltene Führungskräftekonferenz offenbar einige der Teilnehmer in den Glauben nach Hause geschickt hat, dass die Ankündigung von Repressalien und einer „verschärften Gangart“ eine adäquate Einstimmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Herausforderungen der nächsten Wochen sei.
Ist all dies das Verhalten einer Geschäftsführung, die in schwierigen Zeiten die Verständigung mit den Mitarbeitern sucht und deren Gewerkschaft das Bemühen um Deeskalation signalisieren will? Diese Frage stellen sich nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DFS, sie wird auch – im Zusammenhang mit den Tarifthemen und Inhalten, um die es geht – die Tarifkommission der GdF am nächsten Mittwoch (15.06.2011) beschäftigen.
Über die Beratungen der Tarifkommission und deren noch zu fassende Beschlüsse werden wir im unmittelbaren Anschluss an die TK-Sitzung so schnell und umfassend wie möglich berichten. Alle GdF-Mitglieder sind aufgefordert, die weitere Entwicklung mit größtmöglicher Aufmerksamkeit und Wachsamkeit zu verfolgen.
Eure Tarifkommission
Saigor