Reise nach Israel, Januar 2011 (Bericht ohne Flugzeugbilder), Teil 1

martin67

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Der Familienrat hatte es beschlossen! Wir fahren nach Israel. Weil wir gute Freunde in diesem Land haben, die bis vor kurzem noch in München wohnten und beruflich mit der israelischen ELAL verbunden sind. Es ist schön, wenn man einen Grund hat, in ein fremdes Land zu reisen. Um so besser, wenn der „Grund“ dann auch noch als Anlaufstelle dienen kann.

Am 2. Januar 2011 war es dann so weit. Von der Familie und von Freunden ernteten wir Kopfschütteln, zumal wir unsere 3-jährige Tochter im Schlepptau hatten. Und aus dem nahen Osten hört man ja so viele wilde Geschichten. Als Check-in Time wurde 3 Stunden vor Abflug angegeben. Wir hatten die für diesen Zeitraum günstigste Airline gewählt, das war ELAL. Es hatte leichten Schneefall, als wir vor dem Eingang des Münchner Terminal F standen und auf Einlass warteten. So leicht kommt man da nicht rein. Als endlich geöffnet wurde, mussten wir als erstes Tickets und Ausweise zeigen, dann an einer weißen Linie stehen bleiben. Dann winkte uns jemand an ein Rednerpult, uns wurden diverse Fragen gestellt. Anschließend wurde das Gepäck erstmal durchleuchtet, dann kam schon der Check-In. "B738?" "O.k., dann eine halbe Reihe, rechts oder links vom Gang".

Ich verreise grundsätzlich mit Rucksack. Das ist Sperrgepäck. Den sollte ich nach der Passkontrolle am Sperrgepäckschalter abgeben. Nochmal wurde alles geröntgt, dann durchsucht. Dann wurden wir abgetastet, dann nochmals Tickets und Ausweise kontrolliert. Und dann auf den Bus gewartet. Ich denke, man reist sicher mit ELAL! Der Flieger hatte Verspätung, irgendwann ging es dann doch raus aufs Vorfeld. Das Boarding war recht zügig abgeschlossen und wur konnte mit Begleitung raus zur Startposition. Es folgte ein Flug wie jeder andere, außer, dass das Catering an Bord kosher war, und das mit Zertifikat!

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Bilder aus dem Flugzeug oder vom Flug habe ich keine, nach den ganzen Kontrollen und Checks wusste ich nicht, ob das so gerne gesehen ist.

In TLV angekommen, wurden wir bereits beim Aussteigen in Empfang genommen, was sich noch als großer Vorteil erweisen sollte. Kurz vor uns waren nämlich zwei 747 aus USA angekommen, dementsprechend voll war die Einreisekontrolle. Vitamin-B, wir konnten durch den Crew-Schalter.

Wir hatten natürlich ein Hotelzimmer gebucht, ganz in der Nähe des Strandes, Gordon Inn. Niveau und Sauberkeit erinnerten an eine Jugendherberge. Den Schrei meiner Frau, als sie beim Öffnen der Badezimmertür die tote Kakerlake am Boden liegen sah, werde ich nie vergessen.

Erstmal die Gegend erkunden, dann was essbares finden. Die Gegend war kein Problem, wir gingen Richtung Meer. Und da gibt es sicher Restaurants. Die Temperatur lag bei knapp 20°C. Da ist ein schönes Abendessen in der lauen Brise am Mittelmeer ein Traum für einen wintergeplagten Bayern! Und genau an diesem Punkt kamen die israelischen Lebensmittelpreise ins Spiel. Zunächst schoben wir die 20€ für eine Pizza auf die exklusive Lage und wir gingen wieder etwas mehr in Richtung Stadt. Wir haben dann ein gemütliches Lokal gefunden, direkt an einer Strasse, das Essen war hervorragend. Das recht dunkle, israelische Lagerbier namens Goldstar kann man durchaus trinken!

Wir hatten Bettschwere, nur was, wenn die aufgefundene, verstorbene Kakerlake noch lebende Artgenossen hätte? Das waren die Gedanken meiner Frau. Mir war das erstmal nicht so wichtig.

Tags drauf standen wir frühzeitig auf, denn wir wollten nach Haifa. Der Linienbus brachte uns nach einem ausgiebigen Frühstück zum Bahnhof. Wir kamen auf dem Weg mit einem netten Mädel ins Gespräch, die uns auch beim Ticketkauf mit Hebräisch übersetzen half. Klappt ja soweit ganz gut.

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Der Zug der IR (Israel Railways) war modern und von Siemens. Die 90 minütige Fahrt war schnell vorbei. In Haifa angekommen, stellten wir fest, dass uns ein etwas eigenartiges Ticket verkauft wurde, das uns nicht aus dem Bahnhof hinaus ließ. Erst nach einigen Diskussionen hatte der Bahnhofsvorsteher ein einsehen. Dummerweise kann man aber auch nichts lesen auf diesen Fahrkarten.

In Haifa ist ein Eisenbahnmuseum, mit Exponaten aus einer Zeit, als das Land noch Palästina hieß und man mit dem Zug auf der Hedjaz-Bahn bis Damaskus fahren konnte, oder mit dem Schlafwagen bis nach Kairo. Aus der Zeit des 6-Tage Kriegs die von den Ägyptischen Eisenbahnen eroberte Diesellok

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und der Bunkerwagen.

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Am Hafen von Haifa steht ein riesiges Gebäude, der "Dragon Grain Silo". Dort wird von Schiffen geliefertes Getreide gelagert und mit dem LKW abtransportiert.

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Es ist lustig zu beobachten, wenn sich nach dem Beladen der Trucks plötzlich tausende von Vögeln über die Ladung der Laster hermacht, bis eine Plane drübergezogen wird!

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Haifa war einmal eine deutsche Kolonie. Es gibt dort eine Siedlung mit recht vertraut wirkenden Häusern, deren Wände mit deutschsprachigen Bibelsprüchen verziert sind.

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Wir hatten Hunger in Haifa. Das muss ein Wirt uns angesehen haben, er sprach uns an. Welcome! Ich fragte ihn, was er denn anzubieten hätte. Chicken, very nice chicken! Obwohl der Laden nicht wirklich einladend wirkte, aber er war voll mit Einheimischen und wir nahmen Platz. Die Wandfliesen waren mit Klebeband fixiert. Es gab eine Salatbar und das obligatorische Humus (Kichererbsenpürree mit Olivenöl), dazu frisches Brot. Und das Hühnchen vom Grill am Spieß war hervorragend.

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Ein roter, doppelstöckiger Zug, der irgendwie sehr deutsch aussah, brachte uns zurück nach Tel Aviv.

Am kommenden Morgen wollten wir nach Jerusalem. Angeblich soll die Bahnstrecke durch die Berge traumhaft sein. Wir werden das auf unserer nächsten Reise überprüfen. Anfang Januar fuhr da kein Zug, weil die Züge dieser Strecke wegen eines Brandes alle vorübergehend stillgelegt waren.

In Tel Aviv gibt es ein gigantisches Busterminal, in das man (wie in alle anderen, öffentlichen Gebäude, also auch Supermärkte und Einkaufszentren) nur nach gründlicher Durchsuchung reinkommt. Überlandbusse fahren auf Ebene 7 ab. Da gibt es kilometerlange Rampen, damit die Busse dort oben abfahren können. Nach kurzer Wartezeit brachte uns dann ein Bus auch bis Jerusalem.

Fortsetzung folgt!

Martin
 
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Reise nach Israel, Teil 2

Wir übersahen bei unserer Reiseplanung im Vorfeld, dass bis Heilig-drei-König (für Nichtbayern: der 6. Januar) in Israel Hauptsaison ist. Trotzdem hatten wir bei der Zimmersuche in Jerusalem Glück und wir konnten uns im Gästehaus der Schottischen Kirche einmieten.

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Das Haus war eine Trutzburg im schottisch-orientalischen Stil mit hervorragendem Service und einem schönen Blick auf die alte Stadtmauer. Nur etwa zehn Gehminuten, und man war mittendrin!

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Unser Abendspaziergang ging dann auch noch in die Altstadt. Hier befindet sich der traditionsreichste und grösste Souq des vorderen Orients. Der ganze Krimskrams, die Gerüche, Musik, und alles in den engen Gassen, ein Traum aus 1001 Nacht.

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Am nächsten Morgen, es war bereits Tag vier unserer Reise, wollten wir nach Bethlehem. In Israel ist es übrigens wirklich so, dass man an jeder Ecke mit irgendetwas konfrontiert wird, was mit der Bibel zu tun hat. Da braucht man kein frommer Christ zu sein, man kann dem einfach nicht entfliehen.

In meinem Reiseführer steht, dass nach Bethlehem die Buslinie 21 fährt. Bethlehem liegt im Westjordanland und ist Palästina. Ohne den Satz zuende zu lesen gingen wir an die nächste Bushaltestelle, wo zufällig auch die Linie 21 hielt! Auf die Frage, ob er bis nach Bethlehem fahren würde, bekam ich vom Busfahrer nur einen bitterbösen Blick und ein scharfes "NO", seine Handbewegung zeigte mir, dass ich mich aus seinem Bus scheren sollte. Vielen Dank für die großartige Hilfe....

Wir gingen in die Altstadt, was soll´s. Noch ein paar "wilde Installationen" fotografiert (ich frage mich immer noch, ob da vielleicht auch Gasleitungen dabei waren?),

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dann rüber zum Busbahnhof in Ostjerusalem. Die arabischen Busse fahren nämlich dort ab. Es war alles wirklich entspannt dort, keine Kontrollen, kein Mißtrauen, die Leute waren "easy drauf". Der Busfahrer ließ bei der Abfahrt die Türe auf, damit jeder, der noch mitwollte, reinspringen konnte. Die Fahrt ging auch recht locker weiter, zunächst. Man muss dazu sagen, die Linie 21, also die arabische Linie 21, fährt über die Dörfer und vermeidet so den Checkpoint. Aber nur in Richtung Bethlehem. Auf dem Rückweg fahren die Busse leer bis zum Checkpoint (Israelische Seite) und nehmen erst dort wieder "sichere" Fahrgäste auf.

Eigentlich war eine gute Stimmung im Bus, einige deutsche Touristen, viele Palästinenser. Als Fremder war man sofort integriert, es wirde viel geplaudert und viel erklärt. An irgendeiner Haltestelle in einem Vorort von Jerusalem stürmten plötzlich drei schwer bewaffnete, israelische Soldaten in den Bus. Es wurden alle Ausweise (ausser die der Touristen) eingesammelt. Ein junger Mann wurde "aussortiert", er hatte wohl keine Genehmigung für den Aufenthalt ausserhalb Palästinas und wanderte wohl für ein halbes Jahr in den Knast. Da half auch kein gutes Zureden unseres Fahrers. Nach einer Stunde durften wir weiterfahren.

Fortsetzung folgt heute Abend.....

Martin
 
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Reise nach Israel, Teil 3

Nach dem unfreiwilligen Stop ging es endlich weiter in Richtung Bethlehem. Die Aktion des israelischen Militärs war natürlich Gegenstand vieler Diskussionen im Bus, die in Englisch geführt wurden. "Sie verhaften und töten unsere Kinder, wo soll man denn das Geld zum Überleben verdienen, wenn nicht in Israel. Der Mann hatte doch keine andere Chance, seine junge Familie zu ernähren, und jetzt sitzt er für das nächste halbe Jahr im Knast. Ihr Deutschen habt Eure Mauer eingerissen, hier wird sie aufgebaut." In der Tat ist die israelische Mauer bedrückend. Palästina hat kaum Tourismus, viele schrecken sogar vor einem Ausflug dorthin zurück. Vielleicht vor den unmenschlichen Checkpoints, die wir auf dem Rückweg ebenfalls passieren mussten. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir davon noch nichts. Die anfangs richtig gute Stimmung im Bus war leider dahin, wir waren in der täglichen Realität Palästinas angekommen. Bei der Ankunft in Bethlehem wurde die Busgemeinschaft jäh auseinander gerissen. Einige wollten weiter nach Hebron, die anderen blieben in Bethlehem. Natürlich wurden wir von fast allen Mitreisenden herzlich verabschiedet. Unsere Kleine war inzwischen eingeschlafen und wir mussten ein Taxi zur Geburtskirche nehmen. Vorher kam mir noch dieser betagte Mercedes Bus vor die Linse, wie lange hatte ich den O303 hierzulande schon nicht mehr gesehen!

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Die Geburtkirche Jesu liegt am zentralen Platz Bethlehems. Eigentlich teilen sich diesen Platz drei Kirchen, die Armenische, Griechisch Orthodoxe und die Römisch-Katholische. Das geht nicht ohne Reibereien, wehe wenn einer der Mönche versehentlich irgendwas aus dem Zuständigkeitbereich der anderen Konfession putzt. Irgendwo im Keller der Kirchen ist dann auch die Grotte, wo vermutlich vor 2010 Jahren das erste Weihnachten stattfand. Ich glaube nicht, dass sich unsere Tochter in diesem Moment dem historischen Ereignis bewusst war. Einige der strenggläubigen Besucher fielen angesichts des Augenblicks und des Ortes in extatische Verzückung. Ich stand eher noch unter den Eindrücken der Vorfälle im Bus.

Hier das Bild der uralten Kirchen. Der Eingang wurde über die Jahre immer wieder (sichtbar) verkleinert, da arabische Fürsten die Angewohnheit hatten, in die Kirchen hineinzureiten.

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Irgendwie machte das Besichtigen hungrig, wir holten uns eine Ladung Falafel für einen Bruchteil des israelischen Preises. Geschenkt haben wir uns die sogenannte "Milk Grotto", eine Höhle aus weissem Fels. Der Legende nach verlor Maria in dieser Höhle einen Tropfen Milch und das Gestein verfärbte sich für immer weiss! Naja....

Wir beschlossen, nach Jerusalem zurückzukehren. Wir wollten noch die Klagemauer und den Felsendom mit seiner beeindruckenden, goldenen Kuppel bei Tageslicht sehen. Von einem Taxifahrer erfuhren wir, dass der 21er Bus in Richtung Jerusalem erst hinter dem Checkpoint beginnt. Zunächt hielten wir das für einen Marketing-Scherz. Unser Taxifahrer beklagte das Ausbleiben der Touristen in Palästina und wollte uns noch zum Feld der Hirten karren, wir bestanden aber auf eine Direktfahrt zum Checkpoint. Wir waren sehr nachdenklich, als wir durch die drei hintereinanderliegenden Drehgitter und die langen Gänge zum Screening gingen. Irgendwas hat dann beim Durchleuchten angeschlagen und es hat gepiepst. Es war keiner da, der das checken wollte, wir waren ratlos. Hinter einer verspiegelten Scheibe saß anscheinend ein Grenzer, es blökte unfreundlich "GO" durch´s Mikrofon. Dann noch einmal ein Drehgitter und die Passkontrolle. Einreisende Palästinenser müssen hier gleichzeitig die Fingerabdrücke scannen lassen und die Genehmigung und Ausweise zeigen. Wie war denn das früher an der DDR-Grenze? Vermutlich ähnlich menschenverachtend.

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Hier stand dann auch der leere 21er Linienbus, der uns wieder nach Jerusalem brachte.

Als wir durch den Souq in Richtung Klagemauer (sog. "Western Wall") gingen, waren wir froh, wieder unter Arabern zu sein. Der Eingangsbereich zur Klagemauer war wiederum hermetisch abgeriegelt und bewacht, wir wurden schon wieder durchleuchtet. Aus Respekt vor den Betenden sind wir nicht in die Nähe der Mauer gegangen, obwohl das möglich gewesen wäre.

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Es war ein arabischer Verkäufer, der uns den freundlichen Tipp gab. Wir hatten sein Angebot ausgeschlagen, er sagte, "geht da rauf" und deutete auf eine Treppe. "Die Tür oben ist offen....". Wusste er, was wir wollten? Den Felsendom bekamen wir dadurch in voller Schönheit, leiter etwas spät.

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Am kommenden Morgen wollten wir Jerusalem verlassen, in Richtung See Genezareth und die Golan Höhen.

Martin
 
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Für die Weiterreise hatten wir uns einen Mietwagen gebucht, den kleinsten, der in der Liste stand. Ich fahre persönlich lieber mit Schaltgetriebe, da kann ich entscheiden, welchen Gang ich nehme. Der Kleinste Wagen war auch nur mit einem solchen zu haben. So standen wir in der Autovermietung, mit Sack und Pack, Kind und Kegel. "We upgraded you", das gefällt mir, ist aber eine Möhre mit Automatik, ein Daihatsu. Wir bekamen noch etwas Kartenmaterial, und die Info, dass die Westbank Tabu sei. Der Highway 90 durch´s Jordantal war aber freigegeben. Das war einmal eine brauchbare Aussage. Erstens konnten wir den Weg abkürzen, zweitens ist das eine landschaftlich wunderschöne Strecke.

Erst mal raus. Wir kämpften uns durch Jerusalem, etwa eine Stunde, bis wir die Autobahn nach Jericho gefunden hatten. Beim Kartenmaterial war dummerweise kein Stadtplan von Jerusalem enthalten. Jerusalem liegt auf einer Höhe von etwa 800m über NN. Das Jordantal liegt 400m unter NN. Die Strecke beträgt knapp 70 km. Die Autobahn geht recht stetig bergab. Die aktuelle Meereshöhe wird auf Schildern angezeigt. Sehr eindrucksvoll ist die Landschaft, die sich bereits nach wenigen Kilometern in eine Wüste verwandelt hat.

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Wie man sieht, leistet sich Israel eine Strassenbeleuchtung auf der Autobahn durchs Niemandsland. Dann, kurz darauf, ein blauer Schriftzug im Felsen, "Sea Level". Zumindest hat das ursprünglich mal draufgestanden.

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Sea Level bedeutet nicht automatisch, dass da auch Schiffe vor Ort sind, in unserem Fall war es aber tatsächlich so. Direkt an der Autobahn stand da ein Wüstenschiff, daneben sass ein alter Bedouine und träumte von den alten Zeiten gemeinsamer Karawanenreisen. Vielleicht.

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Übrigens wurde es mit jedem Kilometer auf dieser Fahrt deutlich wärmer. Als wir auf dem Talboden ankamen, waren es angenehme 24°C. Es war eine recht angenehme Fahrt durchs Jordantal, den Fluss haben wir allerdings nicht gesehen. Er bildet die Grenze zu Jordanien, die Grenzbefestigungen befinden sich zum Teil direkt an der Strasse. Aber es findet ein kleiner Grenzverkehr statt.

Unser Fahrtziel war der See Genezareth, die Nacht wollten wir in einem Kibbutz in den Golanhöhen verbringen. Irgendwann nahm unser Wagen das Gas nur stotternd an. Sicher was mit der Elektronik, dachte ich, und in der Tat liess sich das Problem durch Neustarten lösen.

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Dann endlich kamen wir in Tiberias an. Wir assen zu Abend, es gab Petrusfisch vom Grill, ein Buntbarsch aus dem See. Der Fisch ist etwas grätig und erinnert auch sonst etwas an Karpfen. Gut war er trotzdem. Dann noch ein kleiner Verdauungsspaziergang ans Seeufer...

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...und noch ein Schnappschuss!

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Auf den letzten Kilometern ins Kibbutz-Hotel war es bereits dunkel.

Fortsetzung folgt heute Abend

Martin
 
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Reise nach Israel, Teil 5

Untergebracht (was eigentlich heissen soll, durch meine liebe Frau ausgesucht und gebucht) waren wir in Ramot, hoch über dem Ostufer des Sees in den Golanhöhen. Eigentlich sahen wir erst am nächsten Morgen, was für ein traumhaft schöner Ort das war. Das Ganze war eine kleine Bungalow-Siedlung in einem Kibbutz mit dem Namen "Sagi Family Country Lodging". Das ist dort absolut empfehlenswert....

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Von dort kann man schöne Touren machen, mit dem Auto, dem Rad oder auch zu Fuss, oder einer beliebigen Kombination der verschiedenen Möglichkeiten. Nach dem Frühstuck gingen wir noch in den kleinen Kibbutz-Supermarkt für etwas Proviant, dessen Leiter ebenso nett und hilfsbereit war, wie die "Sagi Family". Wir sind mit dem Auto rauf in die Berge, zumindest ein paar Kilometer, zu einem Aussichtspunkt. Leider war der Blick über den See etwas diesig, also, wieder rein ins Auto und Richtung Capernaum.

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Irgendwann kreuzte die Strasse den Jordan. "Jordan", das ist ein klangvoller Name für einen Fluss, ein ganzes Land benennt sich nach ihm und Jesus hielt dort Taufen ab. Der Jordan ist die Trinkwasserzufuhr Israels und Syrien wollte schon einmal einen Stausee bauen, was wiederum Israel vom Trinkwasser abgeschnitten hätte und dann kurzerhand zur Annektierung der Golanhöhen durch die Israelische Armee führte. Denn, eigentlich gehört der Golan zu Syrien.

Also, der Jordan, da stellt man sich einen großen Strom vor, wie den Amazonas, oder zumindest den Rhein oder die Donau. Ich zeige am besten mal ein Bild. Das ist der Jordan:

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Den Jordan kennt jeder, die Würm (ein Flüsschen ähnlicher Grösse) kennt kaum jemand, der nicht zufällig aus der Münchner Region kommt. Der Jordan durchfließt den See Genezareth in Richtung totes Meer, das er aber nie erreicht.

Wir wollten also nach Capernaum. Das ist heute eine Stelle, wo man alte Ausgrabungen besichtigen kann. Der Ort wird schon in der Bibel erwähnt, das war die Heimat von Petrus, dem Fischer. Biegt man am ersten Capernaum Schild von der Strasse ab, kommt man an einen Parkplatz, der zu einer Griechisch-Orthodoxen Kirche gehört. Die ist schön anzusehen, aber wir wollten ja an die archäologischen Ausgrabungsstätten, das historische Capernaum.

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Also, wieder raus auf die Hauptstrasse (das Auto machte mittlerweile wieder Probleme mit dem Gas) und auf den nächsten Parkplatz. Was wir dort zu sehen bekamen, war ausgesprochen schön! Eine ausgegrabene Stadt mit allem, was dazugehört. Ein Haus, in dem man ein Bodenmosaik mit Fischmotiven fand, wurde zum Haus des Petrus ernannt, darüber baute die katholische Kirche ein UFO-förmiges Gotteshaus, das die Authentizität des historischen Ortes Capernaum weitgehend zerstört.

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Für Bibeltouristen ist in dieser Ecke wirklich jede Menge zu holen. Nur wenige Kilometer weiter ist die Kirche der Speisung der 5000 (Brot und Fisch), oder auch der Ort der Seligpreisungen (erinnert mich irgendwie immer an "Das Leben des Brian"). Wir waren schon wieder auf dem Weg nach Tel Aviv, wo wir unser nächstes Nachtlager aufschlagen wollten. Auf dem Weg hatten wir eigentlich noch vor, in Nazareth vorbeizuschauen.

Das ganze nahm in Nazareth eine andere Wendung. Was ich ursprünglich als Elektronikproblem unseres Autos diagnostizierte, war ein Schaden an der Automatikkupplung. Mitten in Nazareth war die Kiste hinüber. Es war Freitag Nachmittag. Bei Sonnenuntergang setzt der heilige Shabbat ein und ein ganzes Land steht still. Zumindest an dieser Stelle wollten wir das nicht miterleben. Ich rief die Autovermietung an, Zweigstelle Nazareth. Ich dachte, kurzer Weg, Auto getauscht, zackzack und alles wird gut. Falsch! "Rufen Sie die Servicenummer an". Ich tat dies. Sie würden einen Mechaniker schicken, der das Problem vor Ort lösen kann. Macht in meinen Augen Sinn. Also, Warndreieck aufgestellt, Warnblinker an und warten. Die Fahrweise war sehr chaotisch in Israel und ich wartete auf denjenigen, der das Warndreieck über den Haufen fährt. Irgendwie packte jeder die Kurve. Zwischenzeitlich telefonierten wir mit unseren Freunden in Tel Aviv und schilderten die Situation. Sie versprachen, dass sie was tun würden. In der Tat wurde die ganze Sippschaft mobilisiert und beauftragt, im 10-Minutenrythmus bei Hertz anzurufen, ob den schon was bekannt sei. Sie wussten, was sie tun, den in Israel gehen in einem solchen Fall die Uhren anders. Zudem hatten wir ja unsere Tochter dabei.

Nach 90 Minuten kam der Mechaniker, nach etwas rumprobieren war die ernüchternde Erkenntnis, Auto hin, Getriebeschaden. Er wird in der Firma anrufen, dass wir einen Ersatzwagen bekämen. Hertz Nazareth war bereits zu, der Wagen würde aus Haifa geliefert werden. Super. Wir haben das Auto noch auf den Gehweg geschoben und fremdstarten lassen, damit wir etwas Wärme haben. Dann zog der Mechanikus von dannen.

Der nächste Anruf galt wieder unseren Freunden in Tel Aviv. Hertz wurde erneut gepiesackt. Irgendwann nach vier Stunden kam ein LKW mit einem Auto hinten drauf, zerstörte mein mühevoll errichtetes Warndreieck durch rücksichtsloses drüberfahren und tauschte in Rekordzeit den PKW aus. Ab jetz, wir wurden erneut "upgegraded", fuhren wir einen Hyundai. Der Daihatsu war fast leergefahren, der Hyundai vollgetankt. Um so besser! Der Sprit reicht bis zum Ende der Reise!

Fortsetzung folgt!

Martin
 
Es ist schon komisch, wir standen da einige Stunden am Strassenrand, alle paar Minuten fuhr ein Polizeiwagen vorbei, aber so wirklich interessiert hat unsere Situation keinen. Wahrscheinlich mussten sie ihr Land gerade vor Terrorangriffen schützen und hatten deshalb wichtigeres zu tun. Auch von den anderen Vorbeifahrenden auf dieser vierspurigen Strasse mit Ampelkreuzung erkundigten sich gerade mal zwei Personen nach dem Grund unseres physischen Stillstands und ob sie vielleicht helfen könnten.

Gut, nach dem Austausch des fahrbaren Untersatzes ging es erstmal nach Tel Aviv. Israel ist klein, man kann von jedem Punkt des Landes zu einem beliebigen anderen Punkt des Landes fahren, und braucht dazu weniger als einen Tag. Eigentlich waren wir ja auf dem Weg zum toten Meer und wollten in Tel Aviv unsere Freunde aufgabeln, deshalb der komische Schlenker. Der kürzeste Weg wäre über die Jordantalstrasse Highway 90 gewesen. Unsere Freunde mussten dann aber absagen, da eines der Kinder krank wurde.

An diesem Tag war Shabbat, auf den Strassen war nichts los. In meinem Reiseführer stand "Vermeiden Sie den Shabbat-Aufzug im Hotel". Dieser Aufzug ist ein Aufzug, der an Samstagen so programmiert ist, dass er automatisch an jedem Stockwerk hält, damit der gläubige Jude nicht die schwere Arbeit in Kauf nehmen muss, den Knopf für das gewünschte Stockwerk zu drücken. Unser Aufzug fuhr nach getaner Arbeit, d.h. Drücken des Knopfes mit der 1 drauf, direkt in die Hotellobby. Mal wieder Glück gehabt!

Zurück zu den Strassen. In Richtung Totes Meer fährt man zunächst durch "Blühende Landschaften", ein Gebiet, das landwirtschaftlich intensiv genutzt wird. Bilder davon habe ich nicht, es sah aus genau wie bei uns. Aber irgendwann wurde es trockener, der Pflanzenbewuchs karger, wir kamen so langsam in die Negev-Wüste. Ich mag diese Wüstenlandschaften, zum Ersten gibt es sie hier in Bayern nicht und sind daher schon was besonderes, zum Zweiten haben sie etwas ursprüngliches, wildes, und man hat zwei Autostunden östlich von Tel Aviv das Gefühl, total weit weg zu sein.

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Die Strasse führte schon wieder bergab, wir mussten ja hinunter auf -410m. Unten angekomen, führt die Strasse direkt am Meer entlang und passiert den kleinen Ferienort Ein Boqeq.

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Wir wollten weiter bis in die Oase Ein Gedi, aber auf dem Weg lag noch die alte Felsenfestung Masada.

Masada ist eine alte römische Festung, die im Jahr 67 n. Chr. von jüdischen Rebellen erobert wurde. Die Festung liegt fast uneinnehmbar auf einem Felsplateau. Zur Rückeroberung bauten die Römer anschliessend eine Rampe auf den Berg, die heute noch sichtbar ist und die dazu diente, Belagerungsgerät nach oben zu schaffen. Als Masada nicht mehr zu halten war, brachten sich alle Einwohner, bis auf zwei Frauen und drei Kinder, um.

Heute ist die Felsenfestung eine Touristenattraktion. Auf den Berg führt die tiefstgelegene Seilbahn der Welt, deren Bergstation gerade mal auf 33m über NN liegt. Der Ausblick von Masada über das Tote Meer oder in die Negev ist traumhaft!

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Auf dem letzten Bild ist die Rampe der römischen Belagerer zu sehen.

Und wie schon so oft, folgt die Fortsetzung heute Abend!

Martin
 
Reise nach Israel, Teil 7

Oben auf der Festung war es recht kühl und sehr windig. Deshalb, und weil eh schon bald geschlossen wurde, haben wir die nächste Seilbahn nach unten genommen. So sieht die Bergstation auf gerade mal 33m Höhe über NN aus.

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Bis Ein Gedi waren es nur noch wenige Kilometer. Meine Frau hatte uns im Kibbutz Hotel eingebucht. Wie im Golan war das eine Art Bungalowsiedlung, Sehr schön gelegen, aber nicht am Meer. Man kann auch am Toten Meer nicht am Meer bauen. Zunächst mal schon, aber, sobald man sich eingewöhnt hat, merkt man, dass sich langsam etwas verändert. Das Tote Meer verdunstet schneller, als dass neues Wasser nachfliesst. Vor 20 Jahren z.B. war der Strand noch einen Kilometer weiter, der Wasserspiegel um 8 Meter höher. Irgendwann wird hier nur noch eine Salzwüste sein.

Wir wollten einchecken. Es war bereits halb fünf Uhr abends. "Ihr Zimmer ist noch nicht fertig". Die junge Dame an der Rezeption war zwar schon irgendwie freundlich, auf der anderen Seite hatte man das Gefühl, unsere Ankunft war im falschen Moment. "Macht nichts, wir kommen später wieder!". Noch war es hell, und ich wollte nichts mehr, als den Höhepunkt unserer Reise wirklich zu sehen. Meine Frau wollte lieber mal das Spa ansehen. Wir fuhren dort zuersthin, es stank nach faulen Eiern und sie machten gerade zu. "Macht nichts, wir kommen morgen wieder".

Jetzt aber zum Strand. Der "Strand" ist ein Stück flach abfallendes Gelände, was wahrscheinlich früher wirklich der Strand war. Dann kommt ein steiler Abhang und dann das Ufer. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und überall standen Schilder, dass es verboten wäre, im Dunkeln zu Schwimmen. Ein paar Engländer waren aber doch noch dabei, im Meer rumzutreiben.

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Die Steine am Strand sind mit einer dicken Salzschicht überzogen. Sieht trotz der 21°C Wassertemperatur aus, als wäre es Eis. Ich habe meinen Finger reingesteckt ins Wasser, es fühlt sich ölig an und riecht sehr gesund. Auf der Kleidung hinterlässt es eine Art "Fettflecken", die nicht verdunsten.

Der Blick rüber nach Jordanien war wunderschön.

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Zurück im Hotel, unser Zimmer war schon fast fertig. Schon kurz nach der Buchung per Internet bekamen wir ein Mail. "Wir laden Sie auf ein kostenloses Abendessen ein". Die Bungalows, waren einfach, aber sehr angenehm und sauber. Und das Abendessen war mit seinem Buffet und lokalen und internationalen Spezialitäten, Früchten, Eis und Kuchen ein Traum.

Am nächsten Morgen bekamen wir ein Frühstück, das dem Abendessen in nichts nachstand. Auf dem Weg vom Restaurant zu unserem Bungalow war ein kleiner Aussichtspunkt, der für diesen spektakulären Anblick eingerichtet wurde.

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Und ums Hotel herum gab es Kakteen in allen Formen und Farben.

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Man will ja nicht rumsitzen und nichts tun, deshalb haben wir ausgecheckt und sind wieder runter ins Spa. Wir bekamen Gutscheine vom Hotel für diesen Besuch. Unser Kind trugen wir sichtbar beim Eintritt. Nach dem Umziehen, kurz bevor wir ins Wasser steigen wollten, kam eine Art Bademeister und sagte uns, dass kleine Kinder hier nicht rein dürfen. Wir zwei (unsere Kleine musste leider draussen am Beckenrand bleiben) sind dann doch noch für ein paar Minuten ins braungrüne Eierwasser. Eigentlich war ich Stocksauer, denn sowas sollte man beim Eintritt sagen. "Ich hoffe, Sie hatten einen schönen Tag und besuchen Sie uns bald wieder", naja, fühlen taten wir uns eher wie abgezockt! Gut, wir hatten nichts bezahlt...

Die Luft hatte inzwischen 25°, dann gehen wir doch mal in echte Meer! Das Wasser des Toten Meeres besteht zu 33% aus Feststoffen, Salzen, Mineralien. Ach ja, man sollte Badeschuhe tragen, beim Reingehen ins Tote Meer. Was passiert eigentlich ohne? Man schneidet sich alles auf, an den Salzkristallen. Ich hab´s probiert!

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Vielleicht hat´s ja wegen meiner Dummheit noch so lange gebrannt auf der Haut! Ein unglaubliches Erlebnis ist es aber!

Ja, es war bereits unser letzter Tag. Wir mussten zurück nach Jerusalem, den Leihwagen abgeben, dann mit dem Bus nach Tel Aviv, der Flieger ging am kommenden Morgen früh um 6. Also nach Jerusalem zu Hertz. "Der Sprit ist leer" Bei der Rücknahme des Wagens wurde alles notiert. "Der Sprit ist leer, wei wir dafür bezahlt hatten". Wir gingen ins Büro. Die Dame konnte im System wohl sehen, dass wir den Wagen tauschen mussten. Im neuen Wagen, dem Hyundai, waren wohl ein paar Kratzer. Eine Übergabe mit Fahrzeugcheck fand auch in Nazareth nicht statt. Und angeeckt bin ich nicht. Als die Diskussion über die Kratzer begann, mischte sich die Kollegin vom Nebentisch ein. Ihr Gesicht wirkte recht gestresst. "Ist schon in Ordnung". Vielleicht war sie es ja, die am Abend unseres Getriebeschadens in Nazareth Dienst hatte und die Telefonate unserer Freunde abbekam.

Die nationale Busgesellschaft "EGGED" brachte uns wieder nach Tel Aviv. Das Hotel war zunächst nicht auffindbar, mit Hilfe eines Taxifahrers und seines Navis klappte es aber dann doch. Wir trafen uns noch mit unseren Freunden auf ein Abschiedsessen. Am nächsten Morgen um zwei klingelte der Wecker, um halb drei hupte das Taxi. Wir fuhren zum Flughafen. Der Check-In in TLV ist langwierig. Unsere letzten Shekel gaben wir für CD´s und ein McBreakfast aus. Der Flug zurück nach München war unspektakulär, der Blick auf die verschneiten Alpen dafür sehr spektakulär. Unsere Tochter konnte sich nicht sattsehen. München erwartete uns mit leichtem Schneefall, gestern hatte ich noch im Toten Meer gebadet....

So, der Reisebericht ist nun abgeschlossen. Es folgt aber noch ein Teil 8. Ich werde noch ein kleines Fazit schreiben. Ebenfalls mit Bildern.

Bis morgen,

Martin
 
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Reise nach Israel, ein Fazit

"BUILD THE FUTURE OF YOUR DREAMS IN ISRAEL, TODAY"
Modern Israel offers a high quality of life, a developed economy, a wide range of educational and academic options and a vibrant Jewish culture, all amidst the ancient heritage that is your birthright.

So steht es geschrieben in einer Anzeige im Onboard Magazine der israelischen Airline ELAL. Es ist ein Aufruf an alle Menschen jüdischen Glaubens, nach Israel heimzukehren. Viele machen davon Gebrauch.

Ich bin mittlerweile in meinem persönlichen Fazit dieser Reise angekommen. Wie kein anderes Land zuvor hat Israel einen sehr bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Israel ist ein schönes Land. Es ist ein Land mit einer uralten Geschichte, ein Land, das von vielen Menschen aller möglichen Kulturen bevölkert wird. Eigentlich ist das durchaus positiv.

Aber in Israel regiert die Religion. Es gibt kein Land auf dieser Welt, wo ein derartiges "Experiment" je funktioniert hat. Ich bin kein Atheist und ich möchte auch keinem Menschen dieser Welt seinen Glauben absprechen. Der grosse Einfluss ultraorthodoxer Juden (einer kleinen Minderheit) verschlingt Unmengen an Geld. Am Shabbat fährt kein Bus, kein Zug und ELAL darf nicht fliegen. Ein komplettes Land steht still. Einzig das Militär arbeitet. Jeder junge Israeli, ob Männlein oder Weiblein, muss zum Militär. Bei uns wird der Wehrdienst aus Kostengründen abgeschafft. In Israel ist fast immer und überall Fluglärm zu hören und der stammt nicht von zivilem Fluggerät.

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Wäre es nicht erstrebenswert und ein schöner Traum, all diese Eneregie in die Versöhnung mit den Nachbarstaaten zu stecken? Um Palästina herum wird gerade eine Mauer errichtet. Hat es ein halbwegs zivilisiertes Land heute noch nötig, so etwas zu tun? Welche unglaubliche Arroganz steckt dahinter, in den abgekapselten Gebieten dann noch militante und radikale Bauern anzusiedeln, die zum Zeitvertreib und dumm wie die Ochsen mit Waffen durch die Ortschaft ziehen. Die sich dann noch wundern, warum sich die durch sie geschürten Aggressionen gegen sie entladen. Zum Schutz von 500 Siedlern sind in Hebron 1400 Polizisten stationiert.

Auch uns schlug auf dieser Reise oftmals viel Arroganz entgegen. Nicht in Haifa, das sich in meinen Augen zurecht rühmt, die toleranteste Stadt Israels zu sein. Und auch nicht vom muslimischen oder christlichen Teil der Bevölkerung.

Israel ist schmutzig und heruntergekommen. Wo immer sich ein freies Grundstück befindet, wird Müll deponiert.

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Viele der Häuser in Tel Aviv sind in einem erbärmlichen Zustand, z.T. sehen ganze Strassenzüge und Stadtvietel so aus.

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Und irgendwo hatte dieses weggeworfene Kinderspielzeug einen fast symbolischen Charakter.

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Es war trotzdem eine schöne und sehr interessante Reise. Ich würde gerne wieder hin. Ich würde gerne Palästina bereisen, nochmal in die Golanhöhen, das Jordantal, mehr Zeit am toten Meer verbringen und durch die Negev bis nach Eilat am roten Meer. Unsicher haben wir uns nie gefühlt, trotz der Verantwortung, die ja naturgemäß bei einer Reise mit einem kleinen Kind um so größer ist. Diese Reise hat aber auch den Wunsch geschürt, andere Staaten des Nahen und Mittleren Ostens zu besuchen. Dafür muss ich jetzt einen neuen Reisepass beantragen. Reisen in arabische Länder (ausser Jordanien und Ägypten) sind mit einem israelischen Stempel im Pass nicht möglich. Andersrum natürlich ebenso!

Ich hoffe, der kleine Reisebericht hat etwas Freude gemacht! Bis zum nächsten Mal,

Martin
 
Vielen Dank, dass Du uns auf diese Reise in ein doch recht exotisches Land mitgenommen hast. Danke für die schönen Fotos und auch vielen Dank für Deine offenen und auch kritischen Worte zu Mißstände die von der Politik häufig aus "political correctness" oder anderen dubiosen Gründen unter den Teppich gekehrt werden!´

:thbup:
 
Ich denke, dass wir, also die aktuelle Generation der Deutschen, die die Zeit um den 2. Weltkrieg nur aus Erzählungen von Leuten kennt, die ebenfalls zum großen Teil schon verstorben sind, wir dürfen uns das Recht nehmen, auf bestimmte Dinge hinzuweisen. Zumal gerade wir einer Generation angehören, die das Ende des kalten Krieges z.T. aktiv herbeigeführt, zumindest aber miterlebt hat. Unsere Generation hat sich in den Köpfen mit Osteuropa ausgesöhnt, hat Mauern eingerissen. Da können wir als Europäer schon irgendwie ein bißchen stolz drauf sein.

Ich habe das Gefühl, Israels Nachbarn haben längst die Tatsache akzeptiert, daß ein Staat Israel existiert. Insbesondere Jordanien und Ägypten unterhalten ja eine recht freundliche Beziehung zu Israel. Solange aber die Ultraorthodoxe Jüdische Minderheit politischen Einfluss in diesem Land hat, werden Mauern aufgebaut. Richtige Mauern und Mauern in den Köpfen.

Ich habe mich auf dieser Reise oft gefragt, warum Israel keinen Staat Palästina (der ja eh schon eingezäunt ist) offiziell zulassen kann. Gerade im Bus nach Bethlehem haben wir viel von den Mitreisenden erfahren. Sie könnten ja nach Jordanien einwandern, aber warum? Warum das Land verlassen, in dem sie schon sein Generationen leben. In ihren Augen sähe das nach "klein beigeben" aus. Lieber wird hier die aktuelle Situation akzeptiert. Und die aktuelle Situation besteht aus Repressalien, Unterdrückung, Aggression und Gewalt. Natürlich gehören da immer zwei Seiten dazu, ganz klar! Der Großteil der Bevölkerung (ganz speziell der jungen Bevölkerung) will diese Auseinandersetzung nicht. Es ist ein Kampf der nationalistischen Betonköpfe, der auf dem Rücken des kleinen Mannes ausgetragen wird. Ein Mann im Bus sagte: "Sie machen uns zu Attentätern". Das sollte zu denken geben!

Mir ist klar, daß ich mit meinen Beiträgen hier im Forum rein gar nichts bewegen werde. Aber einfach nur stumm schweigen halte ich auch nicht für den richtigen Weg. Zumindest habe ich mal das erzählt, was mir auf dieser aussergewöhnlichen Reise aufgefallen ist!

Schöne Grüsse und vielen Dank an alle für die vielen "Danke", auch wenn leider keine Flugzeugbilder dabei waren. Aber, wir sind ja hier im Reiseforum!

Martin
 
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