Rückenwind für Triebwerke "fatal" - warum?

migg

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Hallo, wiederholt war in den letzten Tagen in der Presse zu lesen, dass die Flugzeuge am Boden wegen dem Sturm "gegen den Wind" gedreht wurden.

Zwei Gründe wurden genannt:

1) weniger Angriffsfläche (logisch u. nachvollziehbar!)
2) Wind von hinten sei für die Triebwerke "fatal"

Leider wurde Grund 2 nicht weiter ausgeführt. Ist das ein echter Grund oder nur die Fantasie eines Journalisten? Was soll so schlimm dran sein, wenn bei einem stehenden Flugzeug ein wenig Wind von hinten in die Turbinen kommt? Beim Auspuff eines Autos passiert ja auch nix :-)
 
Grundsätzlich ist es sicher sinnvoll, ein Flugzeug wann immer möglich mit der Nase in den Wind zu parken, denn für 'Wind von vorne' ist es schließlich gebaut. Leider gibt es an kaum einem Flughafen die Möglichkeit, dies an allen Parkpositionen auch umzusetzen.

Wind von hinten tut besonders dem Seitenruder 'weh' das dann heftig von einer Endlage in die andere geschlagen wird. Bei Flugzeugen mit nicht hydraulisch betätigten Steuerflächen wie BAe 146, MD 8x schlägt u.U. auch noch das Höhenruder hin und her. Deswegen gab es in den Neunzigern z.B. mal einen Vorfall bei Aero Lloyd, ich glaube Startabbruch wegen 'Aircraft not flyable' nach heftigen Winden aufs Heck während der Bodenzeit.

Ansonsten ist das Procedere für 'Ground Ops in Strong Wind' für jedes Flugzeug vom Hersteller festgelegt und teilweise recht einschränkend. Ab bestimmten Windgeschwindigkeiten dürfen manche Türen nicht mehr benutzt werden, es muss u.U. Ballastfuel (vor dem Aussteigen) getankt werden, etc. Abfertigungsgerät ist u.U. bereits bei weniger Wind eingeschränkt (Catering-Hubwagen, High-Loader).

Ein Einschränkung für die max. Tailwind-Component während des Parkens für die Triewerke ist mir bei den Flugzeigen die ich geflogen bin nicht bekannt. Wohl aber reagieren viele Triebwerke sehr 'giftig' auf Rückenwind beim Anlassen und werden dabei deutlich heißer, da ja erst die Drehrichtung des 'Fans' durch den Niederdruckteil umgedreht werden muss. Das kann man aber durch ein entsprechendes Postionieren des Flugzeuges zum Anlassen umgehen.

Insgesamt kann die Boden-Operation an solchen Tagen sehr lästig sein, zum Glück sind des ja nicht so viele.
 
Hallo Max Reverse,
danke für die ausführliche Antwort. Mir kommen die zusätzlich von dir genannten Gründe viel bedeutsamer vor als das Triebwerk!
Wobei ich als Laie schon gedacht hätte, dass die diversen Ruder etwas stabiler und zudem beim Parken irgendwie arretiert sind.

Jetzt hätte ich noch eine kleine Nachfrage, die mit dem Thema aber gar nix zu tun hat:
Wenn ein größeres Passagierflugzeug am Boden rollt, z.B. auf dem Weg zu den Startbahnen, fährt es dann mit Antrieb der Triebwerke oder mit Antrieb über ein Getriebe, also mit Antrieb an den Reifen?


zum Glück sind des ja nicht so viele.
Ja, hier in Binnenland in München bestimmt nicht, zum Glück...wer will schon dauernd soviel Wind um die Nase? :)
 
Hallo migg,

jedes kg Gewicht, die ein Flugzeug schwerer ist (in diesem Fall z.B. Motoren an den Fahrwerks-Rädern) verursacht über die Lebensdauer sechs-stellige Mehrkosten für den dadurch erhöhten Treibstoffverbrauch (wer sich für solche oder ähnliche Rechenspielchen interessiert sei das Buch 'Warum sie oben bleiben' dringend empfohlen).

Ausserdem kann man anstatt einem Motor der 100 kg wiegt einen zusätzlichen Passagier mitnehmen und verdient damit Geld. Besonders 'schwierig' wird diese Abwägung bei gewichtsintensiven Sonderausstattungen, bei denen die Airline dann schon genau überlegen muss, auf welche Parameter optimiert werden soll.

Da die Triebwerke ohnehin vor Belastung mir hoher Leistung (Start) einige Minuten warm laufen müssen, wäre ein Teil des Einspar-Effektes damit schon dahin. Und bei außerordentlich langen Rollzeiten kann man die Triebwerke teilweise oder komplett abschalten.

Ois kloa?

Grüße, MAX reverse
 
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