Merpati
Mitglied
Der reine dba-thread dürfte ausgedient haben!
Alle Entscheidungen die zukünftig bei dba und/oder LTU fallen werden in Zusammenhang stehen und von Bedeutung für beide sein.
Ich bin mir sicher, dass diese Kooperation uns noch mit vielen Neuigkeiten überraschen wird...
Alle Entscheidungen die zukünftig bei dba und/oder LTU fallen werden in Zusammenhang stehen und von Bedeutung für beide sein.
Ich bin mir sicher, dass diese Kooperation uns noch mit vielen Neuigkeiten überraschen wird...
Liebe Mitarbeiterinnen,
liebe Mitarbeiter,
seit Freitag, den 17. Februar 2006, haben LTU und dba nicht mehr und nicht
weniger als einen gemeinsamen Gesellschafter, der jeweils 60 % der Anteile
hält.
Unter diesem Aspekt ist die Frage legitim, welche Vorteile bringt es der
LTU, dass sie mit der INTRO einen neuen Gesellschafter hat, der auch die
Geschicke bei der dba mitbestimmt und umgekehrt.
Die Pressekonferenz am 17. Februar 2006 war für LTU-Insider ein wenig
ungewohnt. Kein Taktieren und Schönfärben, sondern eine klare Ansage zur
wirtschaftlichen Situation und den angestrebten Zielen. So weit ? so gut,
werden Sie vielleicht sagen, aber muss das Ganze auch noch gleichzeitig mit
einer Breitseite gegen den Branchenprimus Lufthansa verbunden sein?
Bis vor drei Jahren habe ich öffentliche Auftritte in dieser Form gemieden.
Doch nach der dba-Übernahme blieb mir überhaupt keine andere Wahl, als
durch eine schonungslose Offenheit gegenüber den Medien die geplanten und
erfolgreich abgeschlossenen Maßnahmen der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Ob ein Journalist zu einer Pressekonferenz kommt und wie er darüber
berichtet, hängt im Wesentlichen davon ab, was seine Leser wirklich
interessiert. An ein paar Zahlen, an weichgespülten Presseerklärungen und
Friede-Freude-Eierkuchen-Statements verliert die Öffentlichkeit aber
schnell das Interesse.
dba und jetzt auch LTU sind aber keine normalen Unternehmen, sondern wir
werden massiv von mächtigen Gegnern angegriffen, denen wir mutig die
Stirne bieten müssen. Kein Krieg lässt sich gewinnen, wenn nicht jedem
Soldaten klar ist, dass es um Sein oder Nichtsein geht und dass der Gegner
jede Schwäche ausnutzen wird, um zum entscheidenden Schlag auszuholen.
Zwei Jahre lang hat die dba eine ehrliche Politik gegenüber dem
Lufthansa-Konzern und gegenüber Hapag-Lloyd betrieben: die Konzentration
auf den innerdeutschen Markt zu fairen und kostendeckenden Preisen ? einen
friedlicheren Nachbar kann man sich nicht wünschen. Selbst als wir die GEXX
integrierten, haben wir uns nicht verleiten lassen, von diesem Kurs
abzuweichen, sondern die Auslandskapazitäten weitgehend auf das Inlandsnetz
verteilt, um LH und Hapag-Lloyd nicht zu provozieren.
Diese Fairness wurde aber leider nicht honoriert. Lufthansa hat seit dem
Winterfugplan 2005/06 alles getan, um uns selbst bzw. mit Germanwings auf
dem mühsam aufgebauten innerdeutschen Markt anzugreifen.
Nicht die dba hat den ersten Stein geworfen und da nehme ich mir schon die
Freiheit, dies auch der Öffentlichkeit zu erklären.
Einer LTU ging es nicht viel anders, nur wurde viel zu oft stillschweigend
darüber hinweggegangen. Die Verbindung nach Peking war z.B. visionär und
ein mutiger Schritt in die Zukunft des Unternehmens, der abrupte Rückzug
nichts anderes als das Kuschen vor dem Feind. Man ließ die LTU nicht aus
reiner Nächstenliebe in Frieden, sondern weil die Wettbewerber genau
wussten, dass sich die Gesellschafter nur noch überlegen, wie sie am Besten
dieses Engagement beenden können, ohne dabei das Gesicht zu verlieren.
Früher oder später wäre die LTU von der Bildfläche verschwunden und das
Condor/LH-Monopol noch etwas mächtiger geworden.
Auf einen Nenner gebracht sind sowohl die dba als auch die LTU für sich
alleine angreifbar. Auch der Einstieg eines Investors bei der dba kann
daher nur die Performance verbessern, die Situation jedoch nicht
grundlegend ändern.
Die meisten Firmenzusammenbrüche haben eines gemeinsam, die Mitarbeiter
sind sich nur in den seltensten Fällen der drohenden Gefahr wirklich
bewusst. Solange sich die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens 'nur' im
freien Fall befindet, merkt niemand etwas von der drohenden Gefahr des
finalen Stopps, schlimmer noch, man empfindet oftmals sogar noch ein
gewisses Maß von Leichtigkeit und Unbeschwertheit bevor alles vorbei ist!
Genau um diesen freien Fall rechtzeitig abzubremsen und um eine sanfte
Landung zu vollziehen, sind wir vor drei Jahren bei der dba und am 17.
Februar 2006 bei der LTU angetreten.
Bei der dba haben wir etwas bewiesen, was jeder Fachmann für unmöglich
gehalten hat: Es ist möglich, in das Monopol der Lufthansa bei
Geschäftsreisenden und Vielfliegern im innerdeutschen Markt einzudringen.
Nach dem anfänglichen Schock fiel die Gegenwehr in der typischen Manier
eines Großkonzernes aus, - der lästige Eindringling sollte dank der großen
Kriegskasse wieder aus dem Markt gedrängt werden.
Mathematisch gesehen kein wirklich schwieriges Vorhaben, denn auf den
parallel geflogenen Strecken generiert die LH weniger als 8 % ihres
Gesamtumsatzes und selbst wenn sie durch Kampfmaßnahmen wie im
Winterflugplan 2005/2006 die Durchschnittserträge um 50 % senken würde,
wirklich negative Auswirkungen auf ihr Jahresergebnis hätte das kaum.
Die LH hat das Kriegsbeil ausgegraben und würde ich das nicht lautstark
kundtun, dann wäre dies der X. Teil des "Schweigens der Lämmer". Doch ich
bin kein Lamm und bevor ich mich schlachten lasse, werde ich kämpfen. Meine
Waffe ist dabei die öffentliche Meinung.
Damit sind wir bei der Frage, ob der Verbund dba/LTU etwas verändern kann.
Ich meine JA. Es bedarf immer einer 'kritischen Masse', um den großen
'Bang'' zu erzeugen, aber weder LTU noch dba alleine reichen dafür aus. Ein
Verbund ist also unerlässlich, kann man nicht Milliarden ausgeben, um diese
'kritische Masse' selbst aufzubauen. Nur die Ölscheichs von EMIRATES und
ETIHAD haben das bisher aus eigener Kraft geschafft.
Mit zwei Firmen gemeinsam aufzutreten, reicht aber nicht aus. Es gehört
auch ein übergeordneter Plan dazu und an diesem arbeiten wir. Die
Voraussetzungen sind gut, denn dba hat ein starkes regionales Netz und das
ist die unabdingbare Voraussetzung für jede Langstreckenoperation. Die LTU
hat ein nettes, aber nicht wirklich dominierendes Europanetz mit dem
Schwerpunkt Touristik; das verbessert sich aber um die
dba-Auslandsstrecken.
Nur in einem Segment ist LTU einzigartig ? auf der Langstrecke. Zwar ist
das Netz dünn und stark auf die Bedürfnisse des bisherigen
Hauptgesellschafters zugeschnitten, aber es ist vorhanden. Wer die Branche
kennt, der weiß wie aufwändig es wäre, eine solche Langstreckenoperation
neu aufzubauen. Selbst eine Southwest hat sich bisher nicht an so etwas
gewagt.
Unsere Aufgabe ist es jetzt, mit diesen Pfunden zu wuchern.
Dazu wird es zukünftig drei Geschäftsbereiche in unserem Verbund geben: die
Kurzstrecke, vornehmlich als Inlandsnetz(e) unter dba, die Mittelstrecke
für Europa und Nordafrika unter dba und LTU sowie die Langstrecke unter
LTU. Jeder dieser Geschäftsbereiche wird sein eigenes Produkt anbieten,
denn die Ansprüche der Reisenden ändern sich mit der Dauer des Fluges
erheblich.
Bei dem Begriff "Billigfluggesellschaft" sträuben sich wohl manchem
(insbesondere bei der LTU) die Nackenhaare. Wenn wir als "Billig-Airline"
bezeichnet werden, dann freue ich mich darüber, selbst wenn wir das gar
nicht sind, gar nicht sein wollen. Dieser Begriff signalisiert ja nur
günstige Preise und nichts kann uns lieber sein, als wenn uns der
Verbraucher als 'billig' in preislicher Hinsicht einstuft. Im Produkt aber
werden wir ihn überraschen, denn 'billig' wird unter dem Strich erst dann
interessant, wenn der Verbraucher das Gefühl hat, für sein Geld mehr zu
bekommen als er eigentlich erwartet hat. Genau dahin müssen wir kommen.
Keine hohe Erwartungshaltung beim Passagier wecken, ihn aber bei jedem Flug
angenehm überraschen.
Wer glaubt, ich könnte mir einen Flug von DUS nach LAX vorstellen, auf dem
der Passagier nur gegen Bares etwas zu Essen und Trinken bekommt, der hat
mich völlig falsch verstanden. Nein, er wird mindestens so gut behandelt
wie bisher, aber er soll das Gefühl haben, 'billig' gebucht zu haben.
Konsequenterweise darf aber die Zielgruppe nicht nur der Tourist sein,
dessen einziger Focus der günstigste Preis ist. Den werden wir nicht immer
zufrieden stellen können, wenn er hinsichtlich seiner Reisepläne flexibel
ist. Dazu sind zu viele Restkapazitäten der großen Netzwerkcarrier auf dem
Markt, die über Frankfurt, München, Paris, London und Amsterdam jeden Preis
unterbieten können.
Wir brauchen also Passagiere, die mehrere Faktoren bei ihrer Buchung
berücksichtigen und dabei den Faktor Zeit vorrangig mit ins Kalkül
einbeziehen. Zeit kann er durch optimale Flugpläne, kurze Umsteigezeiten
und schnelle Abfertigung am Boden gewinnen. Genau hier müssen wir ansetzen.
Ist der Passagier einmal an Bord, dann soll er das Gefühl haben, bei
Freunden und nicht in einer Behörde zu sein. Die dba hat das geschafft und
diverse Publikumspreise bestätigen das der Öffentlichkeit. Die LTU ist sehr
gut, gilt aber dennoch bei manchem als beschauliche, 51 Jahre alte
Chartergesellschaft, mit der man in den Urlaub fliegt. Wir haben bei LTU
einfach kein klares Erkennungsbild für die Zukunft und Tausend verschiedene
Programme machen aus unserem Flugplan ein 'Buch mit 7 Siegeln', ohne kurz
zu sagen, worauf es wirklich ankommt.
Das soll sich ändern. Wir wollen schneller und besser als die
Netzwerkcarrier sein, wir wollen Freunde und keine Paxe, wir wollen nicht
nur den Touristen, sondern wir wollen auch den Vielflieger an Bord haben.
Unsere wirtschaftlichen Probleme können wir lösen, wenn es gelingt, im
Verbund die unterschiedlichen Auslastungen der einzelnen Flotten
auszugleichen. In den 4 Ferienmonaten durchleidet die dba Höllenqualen,
denn die Geschäftsreisenden fehlen und Zubringerdienste fliegen wir nicht.
In dieser Zeit aber platzt die LTU aus allen Nähten und könnte jeden
zusätzlichen Platz, sei es als Zubringer oder als Ergänzung dringend
gebrauchen.
Nur wenige Wochen später verändert sich das Bild. Eine zu geringe
Auslastung auf Airbus und Wartelisten auf der B 737. Die Flugzeuge
getauscht und der Loadfaktor bereitet Freude.
Das alles können wir schaffen und gerade deswegen sind unsere 'Freunde'
nicht wirklich glücklich über das, was am Freitag, den 17.02.06 um 02.00
Uhr morgens geschehen ist.
Wenn ich sage, dass es möglich ist, ohne personelle Veränderungen auch die
LTU wirtschaftlich zu stabilisieren, dann setzt dies aber voraus, dass sich
bei der LTU manches grundlegend ändert. Auch die dba-Mitarbeiter müssen
merken, dass sie nur einen kleinen Zwischengipfel, aber noch lange nicht
das eigentliche Ziel der wirtschaftlichen Stärke erreicht haben. Sollen
alle Jobs sicher bleiben, dann geht das nur, wenn man auf allen Ebenen
bereit ist, den engen Schulterschluss mit den neuen Kollegen zu suchen.
Synergien heißt das im Neuhochdeutsch und das bedeutet nichts anderes, als
Vorteile aus einer Zusammenarbeit zu schöpfen. Das Feld ist unendlich groß
und beginnt bei 'Abfertigung' und endet bei 'Zustellung' von verlorenem
Gepäck. Dazwischen liegen alle Sparten des Fluggeschäftes und der Technik.
Jeder hat eine neue Herausforderung vor sich und eine große persönliche
Chance. Doch um diese zu nutzen, bedarf es Offenheit und der Fähigkeit,
Gewohntes loszulassen. Wer meint, dass jede Veränderung erst einmal bis in
das letzte Detail geklärt und somit verzögert werden muss, der schadet dem
ganzen Team, - wer aber mitzieht, dem billige ich auch gerne einmal einen
Fehler zu. Fehler kann man immer korrigieren, aber Nichtstun führt auf
jeden Fall zum Scheitern.
Mit meinen 58 Jahren geht es mir nicht um Geld oder Macht. Ich habe
vielmehr eine Vision und sollte es mir gelingen, diese zu verwirklichen,
dann haben wir in Deutschland wieder einmal etwas, was es auf der Welt noch
nicht gibt: die erste "GLOBALE LOW FARE AIRLINE". Vor 17 Jahren schmiedete
ich Pläne für eine "AIR CARRY & CASH". Leider ging vor der Realisierung
unser damaliger Partner, die ILG (Air Europe) in Konkurs und wir mussten
alle Energien aufwenden, um die NFD (heute Eurowings) zu retten. Fast
alles, was wir damals konzipierten, wurde Jahre später zum Erfolgsmodell
für RYAN AIR; EASY JET und viele andere.
Dieses Mal haben wir die Nase vorn, dieses Mal können wir die ersten sein,
die ein völlig neues Bild des Fliegens malen. Ich finde das toll und dafür
arbeite ich gerne. Wir sollten ja in unserem Berufsleben stolz auf das sein
können, was wir tun. Das alleine verschafft wirkliche Lebensqualität, denn
wenn wir es richtig machen, stimmt am Ende auch das, was auf dem
Gehaltszettel steht.
Also lassen Sie uns die dba/LTU aufbauen.
Ihr
Hans Rudolf Wöhrl
Aufsichtsratsvorsitzender