Diversions - wohin?

Bruchpilot

Mitglied
So aus reiner Neugierde wüsste ich gerne einmal etwas mehr zum Entscheidungsprozess, wo hin eine Diversion - so sie denn sein muss - geflogen wird. Ist für Long Range bei DEST MUC der ALT immer FRA, weil dort die Anschlüsse einfach besser sind, wogegen ein KONT eher nach NUE oder STR gehen würde, weil es näher am Ziel ist, und der Weitertransport ggfs. am Boden leichter zu handeln ist?

Ist man an an Alternate, den man geplant hat, fix gebunden, oder könnte man sich kurzfristig doch nich einmal anders entscheiden, und einen "ungeplanten" Alternate anfliegen? GGfs. ist das Wetter dort dann auch eher marginal, oder dort ist

Kann man da überhaupt gewisse Faustregeln aufstellen, oder haben die Piloten ggfs. einfach "Lieblings-Alternates", die sie aus eher persönlichen Gründen bevorzugen, wenn möglich? Schließlich sind ja so einige Dinge bei der Wahl zu berücksichtigen. Vor allem, wenn es es nicht in Heimatnähe ist, sondern meinetwegen in Afrika oder SE Asien - da wird man nicht "irgendwo" runter gehen wollen, sondern sich auch überlegen, wo hat man evtl eine Ops oder zumindest eine Kooperation zur Verfügung usw, um nicht im "Nirgednwo" festzuhängen.

Und der Flugzeugtyp spielt ja auch noch eine Rolle Mit A380 wird die Auswahl der "geeigneten" Ausweichmöglichkeiten wohl kleiner sein, als zB mit A350 oder B747.

Alles natürlich immer und zuerst unter dem Blickpunkt der Safety, die natürlich zuallererst kommt.
 
Vorneweg, ich arbeite in der Business Aviation, wo manche Faktoren etwas anders sind, aber vieles ist dennoch ähnlich bei der Planung.

Man ist definitiv nicht an den Alternate gebunden, der im Flugplan angegeben ist. Die Crew kann auch jederzeit einen anderen Alternate requesten.

Ansonsten ist, wie du schon sagst, in erster Linie die Infrastruktur an den jeweiligen Airports zu berücksichtigen. Bei non-Schengen Flügen sollte der Airport halt unbedingt Customs haben, beim Rest sind wir in der Business Aviation jetzt weniger anspruchsvoll, Fire Category muss halt auch stimmen. Mit Widebodies wird man aber immer mit größeren Flughäfen planen, bevorzugt immer solche wo die betreffende Airline eigenes Personal hat. Orly und Bordeaux haben bspw. sogar extra ein NOTAM, dass der Airport nicht als Alternate für A380 geplant werden darf.

Was man auch beachten muss, ist das Wetter. Also nicht nur, dass das Wetter an sich passt, sondern auch, dass das TAF für einen entsprechenden Zeitraum verfügbar ist. In Farnborough und Biggin Hill etwa wird erst morgens ein TAF veröffentlicht, das für den Tag gültig ist. Wenn man einen Flug mit früherer Abflugzeit hat, kann man die Airports also gar nicht als Alternate planen bzw. braucht einen zweiten Alternate, wenn es deine Destination ist.

Ansonsten ja, auch die Piloten haben gewisse Vorzüge und melden sich schon mal wenn etwas anders ist wie gewöhnlich. Wir in der Business Aviation müssen auch berücksichtigen, dass einige Airports wie etwa MUC für unsere Flieger eingeschränkte Betriebszeiten haben, da ist um 22 Uhr Ende. An solche Dinge denken die Piloten nicht immer unbedingt oder wissen es gar nicht. Bei kurzen Runways oder besonderem Terrain sind manche Piloten auch mehr oder weniger locker und haben dann schon mal andere Wünsche.
 
Also wäre es denkbar, wenn man zB die Wahl hat zwischen NUE und STR, daß die Crew dann sagt, "ach lass uns nach NUE, da wohnt eine Freundin von mir...", nachdem alle anderen operationellen Gründe keinen Vorzug für einen der beiden Alternates hergibt?
 
Bei uns durchaus denkbar, weil man vielleicht auch erst im Flug das Endziel der PAX erfährt. Wenn man bei einer größeren Airline fliegt, macht man sich aber glaube ich keine Freunde damit, wenn man sich spontan gegen die Planung der eigenen Ops entscheidet.
 
Also an den Alternate ist man nicht fix gebunden, sondern dient lediglich erstmal der Kalkulierung des Alternate-Sprits.
Aufgrund dynamischer Wetterlage(n) und ggf. Verfügbarkeit von Stellplätzen, kann es auch schnell passieren, dass man kurzfristig umplanen muss im Cockpit. Grade NUE wird schonmal schnell voll (Stellplätze wie auch generell Abfertigungskapazitäten), weil's oft der 1st ALTN für MUC ist - dann muss man entsprechend weiter nach STR/LEJ/LNZ fliegen.
Also nie verkehrt da n Plan B, C und D im Kopf zu haben ;)

Air China nutzte früher oft MXP als Alternate für München und nicht FRA (obwohl's ja eigentlich auch der nächste StarAlliance-Hub wär).
 
Auf MXP wäre ich nicht gekommen. Wo bei ich LNZ auch nicht so Top finde. In LNZ habe ich meinen PPL gemacht. das ist am Boden schon ne Tour nach MUC, und der Flugplan und die PAX weiter zu bringen ist doch eher überschaubar. Da bleibt fast nur, sitzen bleiben, Wetter (wenn das der Grund ist) abwarten, und dann mit PAX und Crew weiter zum ursprünglichen Ziel...
 
Mailand ist/war auch bei Air China der Ausweichflughafen von Frankfurt. Warum?
Air China fliegt täglich PEK-MXP und 6/7 PVG-MXP. Vor Ort gibt es eine Air China Station und bei einer Diversion fliegt man im besten Fall dorthin, wo man eine eigene Station vor Ort hat. Somit ist auch eine Abfertigung "garantiert" (Prozesse/Verfahren sind bekannt) und die Passagiere können ab MXP auch weiter verteilt werden, falls es kein Continuing an das Endziel gibt.
 
Air China fliegt auch 14/7 PEK-FRA und 7/7 PVG-FRA + diverse andere Verbindungen (TFU, SZX …) + Cargo.
DAS kann der Grund also nicht sein.
 
Ich kann mir zwei mögliche Gründe vorstellen:

Zum einen ist bei Diversions für die Länge der Verzögerung oft gar nicht mal die Distanz zum Alternate so der entscheidende Faktor, sondern die Abwicklung dort. Einfach gesagt kann es sich lohnen, pro Richtung zehn Minuten länger zu fliegen, wenn dafür das Handling am Boden ne Stunde schneller geht.

Zum anderen gibts nach MXP die Alpen als Wettersperre. Gerade bei großen meteorologischen Lagen ist die Chance nicht schlecht, dass FRA mit den gleichen Problemen kämpft wie MUC.
 
Zurück
Oben