Bodenverkehrsdienste MUC (Teil II)

Zu jener Zeit (wir sprechen von 2019ff), als das Management (egal ob bei Flughäfen, Airlines oder sonstigen mit der Luftfahrt verbundenen Dienstleistern) schwerwiegende Entscheidungen zu treffen hatten um das Überleben ihrer Unternehmen sicherzustellen, schlitterte die Luftfahrt in eine in diesem Ausmaß noch nie erlebte Krise mit einer hohen Anzahl von Unbekannten. Durch die Bank weg alle Fachexperten, und ich betone „alle“, Luftfahrtverbände und Beratungsinstitutionen gingen seinerzeit von einem tiefen und lang anhaltenden Einbruch bei den Verkehrszahlen aus. Von einem Zeitraum bis mindestens 2025/26 war damals die Rede, um das Vor-Corona Niveau auch nur annähernd wieder zu erreichen. Dass es Gott-sei-Dank anders kam, ist u.a. der rascher als erwartet erfolgten Entwicklung von hochwirksamen Impfstoffen geschuldet, die das Reisen in dem jetzt bekannten Umfang überhaupt erst ermöglichen. Will sagen, zu den Anfangszeiten der Pandemie hätte ich nicht Entscheider sein wollen. Jetzt im Nachhinein zu sagen, die Manager sind schuld an dem ganzen Chaos und nach Konsequenzen zu rufen halte ich vor diesem Hintergrund - wohlwollend ausgedrückt - für pure Polemik. Ob man den Reisehype für diesen Sommer hätte früher erkennen können und dementsprechend reagieren müssen, steht auf einem anderen Blatt.

Die Problematik des Lohndumpings bspw. im Ground Handling gab es auch ohne COVID schon vor dieser Krise, ja wurde sogar noch durch EU-Initiativen (Öffnung des Marktes für Bodenverkehrsdienstleister) zusätzlich befeuert. Hohe Fluktuationen und miese Abfertigungsqualität beim Personal war mancherorts eine der Folgen. Als die dann bislang noch verbliebenen, ohnehin nicht gerade üppig entlohnten Mitarbeiter bei Ausbruch der Pandemie auch noch ihrer Zulagen beraubt wurden (Zeit-und Feiertagszuschläge) und damit nur noch auf das Kurzarbeitergeld angewiesen waren, suchten sich nicht Wenige - tw. großzügig unterstützt durch Angebote von Aufhebungsverträgen seitens der Unternehmen - eben Alternativen auf dem Arbeitsmarkt, häufig stressfreiere und besser bezahlte Alternativen. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.
 
Zu jener Zeit (wir sprechen von 2019ff), als das Management (egal ob bei Flughäfen, Airlines oder sonstigen mit der Luftfahrt verbundenen Dienstleistern) schwerwiegende Entscheidungen zu treffen hatten um das Überleben ihrer Unternehmen sicherzustellen, schlitterte die Luftfahrt in eine in diesem Ausmaß noch nie erlebte Krise mit einer hohen Anzahl von Unbekannten.
Das ist zwar richtig, aber wir haben inzwischen das Jahr 2022. Die USA waren Europa voraus, dort konnte man sehen, wie der Inlandsflugverkehr sehr schnell wieder auf fast 2019er Niveau zurück schnellte, als das Reisen wieder möglich war. Man hätte sich hierzulande aus den verschiedenen Szenarien auch ein optimistischeres raussuchen können und sich möglicherweise besser darauf vorbereiten können.
Aber ich mache niemandem einen Vorwurf, ich finde es viel eher spannend, dass das nun die weiß ich nicht wie vielte Krise der Luftfahrt ist und es bisher immer hieß, danach wird der Luftverkehr dauerhaft einbrechen und bisher wars doch immer so, dass es danach weiter ging wie vorher. Diese Lehren sollte man vielleicht daraus ziehen. Ich mein, wir leben heute global, die Menschheit wächst, wieso da ausgerechnet der Flugverkehr immer derjenige ist, der dauerhaft schrumpfen soll, das erschließt sich mir nicht.
 
2019 war die Situation ja schon angespannt und, vielleicht erinnert sich der ein oder andere, gab es entsprechende Luftfahrtgipfel. Damals war von Corona aber noch nicht die Rede.

Auch nach der Finanzkrise 2008 hieß es es würde weniger Geschäftsreise geben, Videocalls us. gab es ja damals schon. Eingetreten ist es damals nicht und heute erst recht nicht. Viele haben vermutet dass es anzieht, aber wirklich gewusst hat es keiner.

Wenn ich bei uns schau, da wurde damals geschaut wie flexibel es nach der Kurzarbeit Ende März weiter gehen kann. Ostern war dann ein erster Vorgeschmack, dass es doch schneller zu einer Erholung kommen könnte, aber genau sagen konnte oder wollte dir keiner was. Die Buchungen sind ja nun eher kurzfristiger Natur, was ja auch zum Großteil mit dem Wegfall so gut wie jeglicher Beschränkungen zusammenhing.

Außerdem ist es nachvollziehbar, dass kein Unternehmen neu in größerem Umfang Neueinstellungen vornimmt und gleichzeitig noch in Kurzarbeit ist und Leute daheim lassen muss. Kurzfristig wird sich nichts ändern, der größte Knackpunkt ist die Personalsuche, dann folgt ZUP und ggf. Ausbildung. D.h. der Vorlauf ist bei einigen Bereichen eher im Monatsbereich als im Wochenbereich anzusehen.
 
Das ist zwar richtig, aber wir haben inzwischen das Jahr 2022. Die USA waren Europa voraus, dort konnte man sehen, wie der Inlandsflugverkehr sehr schnell wieder auf fast 2019er Niveau zurück schnellte, als das Reisen wieder möglich war. Man hätte sich hierzulande aus den verschiedenen Szenarien auch ein optimistischeres raussuchen können und sich möglicherweise besser darauf vorbereiten können.
Ich wage zu bezweifeln, dass die USA den Hochlauf viel besser hinbekommen haben. Es gibt genug Berichte über Verkehrsdrehkreuze wie Atlanta, Chicago oder Denver, wo es in den Peaks zu ganz ähnlichen Engpässen kommt wie bei uns. Vom Pilotenmangel (z. B. bei UNITED oder American) mal ganz abgesehen.
 
es geht auch nicht darum ob es in den USA besser oder schlechter hochlief, einzig die steigende Nachfrage auf höherem Niveau als erwartet hätte man als Indikator deuten können das die zurückhaltenden Prognosen eher nicht richtig sein werden.
Aber das sagt sich leichter wenn man nicht in der Verantwortung steht. Allerdings läuft das ganze System Luftfahrt ohnehin auf der letzten Rille, schon vor Corona (man erinnere sich an den bereits erwähnten Luftfahrtgipfel)
Und warum? Wie üblich ist das Geld der springende Punkt und das übliche Vorgehen kurzfristige Einsparungen mit langfristigen Kosten zu erkaufen, aber dann wurde der Ruhm für die Einsparung bereits geerntet. Kurzfristige Denke sorgt auch immer für entsprechende Probleme beim Personalkörper. Wenn ich in meiner Firma schaue was da die letzten 20 Jahre personaltechnisch verbockt wurde..... Seufz

Saigor
 
es geht auch nicht darum ob es in den USA besser oder schlechter hochlief, einzig die steigende Nachfrage auf höherem Niveau als erwartet hätte man als Indikator deuten können das die zurückhaltenden Prognosen eher nicht richtig sein werden.
Richtig, genau so meinte ich das. Man hätte möglicherweise an dem Beispiel USA sehen können, dass die Nachfrageentwicklung sich auch hierzulande besser erholt als angenommen.
 
wie von @XVR geschrieben ist der Zeitfaktor für Einstellungen bestimmt ein großes Thema: einstellen und ausbilden dauert eher Monate oder Halbjahre als Wochen.
man hat überall zuviel Substanz verloren, dir Rädchen greifen nicht mehr ineinander - jeder Beteiligte muss sich jetzt selbst raus arbeiten damit das Gesamtsystem wieder
funktioniert.
Ich bin auch bei @Jetstream dass die Themen nicht alle mit Corona begannen. Die strukturellen Defizite gab es vorher schon: z.B. Sicherheitskontrollen (außer MUC, hier große Klasse)
Lohndumping auf dem Vorfeld und Personalmangel in der Flugsicherung. Corona hat Sie schonungslos offen gelegt und dann durch MA-Abgänge noch verstärkt.
 
Man muss ehrlicherweise schon sagen, dass es sehr viele Stimmen gab, die erklärt haben, dass man nach Corona weniger fliegen werde.
Glaube nie den sogenannten "Experten" sondern auf deinen Verstand. Mir war das von Anfang an klar, dass die Menschen wieder die Flieger stürmen werden sobald sie dürfen.
Auch dieses "es werden wegen Weltenretten und Klimaschützen viel weniger fliegen"... lasst mal die Kirche im Dorf...
 
... wo brodelt es derzeit nicht, kannst du mir luftfahrtspezifische Unternehmen in Deutschland bitte nennen!

Warum so bissig? Was soll dieser Ton, empfindest du den Artikel als persönlichen Angriff auf "deinen" Flughafen?

Für mich ist die Debatte gar nicht "schau mal, der Flughafen ist schlechter", sondern schlicht und einfach eine journalistische Darstellung von Mängeln am Arbeitsplatz von Arbeitnehmern. Wieso sollte der Merkur, ein lokales Münchner Blatt, eben nicht spezifisch über diese Probleme am Münchner Flughafen schreiben, nur, weil es sie woanders auch gibt? Glaubst du, den überarbeiteten Leuten auf dem Vorfeld geht es besser, wenn sie nur daran denken, dass die Leute an anderen Flughäfen ja auch überarbeitet sind?

Glaube nie den sogenannten "Experten" sondern auf deinen Verstand.

Kennst du den Begriff "Risk Mitigation"? Es geht in solchen Situationen nicht darum, den bestmöglichen Outcome zu erreichen. Während Corona überflüssiges Personal zu halten, wäre eine High-Risk-High-Reward-Entscheidung gewesen. Geht es sich gut aus, bist du der Held, aber geht es schief, bist du der größte Depp. Verringert man hingegen synchron mit allen anderen Abfertigungsfirmen den Personalkörper, steht man zwar im Worst-Case im Ramp-Up ein bisschen blöd da (wie es jetzt eingetreten ist), das wirtschaftliche Risiko ist aber überschaubar, da ja die Konkurrenz genauso agiert hat. In solchen Situationen geht es schlichtweg nicht darum, den größtmöglichen Gewinn unter dem Einsatz von hohem Risiko zu erreichen, in solchen Situationen geht es für alle beteiligten Manager verständlicherweise erstmal darum, ihren eigenen Arsch und Ruf zu retten.

Noch dazu darf man nicht vergessen, dass die meisten Abfertigungsfirmen und BVDs in Deutschland keine Hilfen seitens der Bundesregierung über die Kurzarbeitsregelung hinaus bekommen haben. Und so, wie das KUG aufgebaut war, war es halt für Arbeitnehmer am Flughafen, deren Löhne sich oft maßgeblich auch aus Zulagen zusammensetzen, nicht ergiebig.
 
Wenn die Jungs in der Steinzeit den Begriff 'Risk Mitigation' schon gekannt hätten, würden wir noch immer in der Höhle sitzen - ohne Feuer......

Es ist nachvollziehbar das die Luftfahrtbranche insgesamt so reagiert hat. Was ich aber zum Vorwurf mache ist der Umstand daß Flüge/Tickets verkauft wurden en masse, obwohl es klar war das diese mit dem vorhandenen Personal, bzw mit dem wieder eingestellten, nachgeschulten Leuten (ist ja häufig auch an Pflichten zur Schulung um wieder current zu sein gebunden) in keinster Weise möglich ist zu fliegen.
Was ich von den meisten Managern halte ist unschwer aus meinen Posts zu erkennen. Es gibt aber auch Gute.... (Als Beispiel mag unser leider verstorbener Personal Geschäftsführer Dr. Hann dienen)

Saigor
 
Nochmal zum BVD, da ist heute im Flughafen Lokalteil des Münchner Merkurs ein Leserbrief von Ralf Krüger (Sprecher Verdi Vertrauensleute bei FMG und Aeroground) zu dem weiter oben verlinkten Artikel.

Der Einstiegsstundenlohn war da bislang 12,88€ und soll zukünftig eine Stufe höher liegen, nämlich bei 14,26€. Die FMSicherheit ehemals CAP startet bei 16,85€ und auch Aicher sucht derzeit wohl händeringend für den Mobility Service und bietet ab 16,50€.

Wundert es jemanden, wenn sich da niemand findet, der für dieses Geld auf dem Vorfeld bei Wind und Wetter schuften will? Und bei Kurzarbeit warens dann anfangs 60 bzw. 67 Prozent vom Netto. Die Flughafenregion ist ein teures Pflaster, wohnt man weiter weg fressen die Spritkosten vieles auf. Der Personalexodus wird sich, trotz Erholung in der Luftfahrtbranche, weiter fortsetzen wenn nicht monetär dagegen gesteuert wird.
 
Kennst du den Begriff "Risk Mitigation"? Es geht in solchen Situationen nicht darum, den bestmöglichen Outcome zu erreichen.
Für mich ist das ist die reine Lehre von BWL... nicht nachdenken, einfach alles was momentan kein Geld bringt weg machen. Das Ende solchen Denkens können wir momentan bewundern. Dabei hat es gerade in Deutschland möglichkeiten dank Kurzarbeit und Beschäftigten, die auf Teile ihres Gehaltes verzichtet haben dies zu umgehen. Und wenn selbst Spohr zugibt, dass LH es übertrieben hat... da fällt so mancher fast vom Glauben. Aber so fordern die Jünger des BWL sogar von einer Krankenhaus-Notaufnahme dass sie Gewinne erwirtschaften muss - ganz schön krank.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich werde mich jetzt hier sicher nicht in eine Grundsatzdiskussion über BWL verzetteln lassen, möchte aber schon dazu anmerken, dass diese ganze Heulerei über BWL meistens ziemlich kleingeistig sind. Lustigerweise kommt sie auch oft von Leuten, die noch nie in ihrem Leben auch nur entfernt betriebswirtschaftlich gearbeitet haben. Vielfach ist das glaube ich auch aus einem gewissen Frust über die eigenen Arbeitsbedingungen gespeist. Quasi das "die da oben" der Arbeitswelt.

Aber so fordern die Jünger des BWL sogar von einer Krankenhaus-Notaufnahme dass sie Gewinne erwirtschaften muss - ganz schön krank.

Schöner Strohmann. Was hat die öffentliche Daseinsfürsorge mit profitorientierter Privatwirtschaft zu tun?
 
Vielleicht kommt das von den Leuten die dauernd mit dem Mist leben müssen den die BWLer so verzapfen.
Sich der Diskussion verweigern aber gleichzeitig auf die anderen draufhauen. Ich weiß ned....


Saigor
Ich verstehe den Post #171 von LL oben als (m.E. zutreffende) Zustandsbeschreibung und an sich als wertungsfrei. Warum also so "g'schnappig", Saigor ?
 
Ich verstehe den Post #171 von LL oben als (m.E. zutreffende) Zustandsbeschreibung und an sich als wertungsfrei. Warum also so "g'schnappig", Saigor ?
Na ja, die Antwort #171 ist schon von LL ein wenig bissig, auch wenn er es mir aus Antwort #157 vorwirft. Ist halt seine Art, wenn man seine Beiträge ansieht.
Hab damit keine Probleme, aber andere nehmen halt auch Bezug, daher kann ich die Reaktion von User Saigor gut nachvollziehen.
Vieles hat halt eine Vorgeschichte, die können manche aber hier und in anderen Beiträgen leider nicht trennen.
Und nochmals ein Hinweis von mir, für andere Airports gibt es bald täglich auch Berichte dieser Art, werden aber in den Unterforen auch nicht eingestellt, macht auch wenig Sinn weil das Thema mehr als allgemeine bekannt sein sollte. Hier wird aus einer Mücke wieder einmal ein Elefant gemacht!
 
Vielleicht kommt das von den Leuten die dauernd mit dem Mist leben müssen den die BWLer so verzapfen.

Ich verstehe den Frust, aber das ist meilenweit zu kurz gedacht. BWLer verzapfen diesen Mist nicht, weil sie einfach zu blöd sind, um von der Tapete zur Wand zu denken. BWLer verzapfen diesen Mist, weil sie darum gebeten werden.

Wenn es die Maßgabe wäre, könnten dir BWLer die Firma mit den schönsten und entspanntesten Arbeitsbedingungen zaubern. Tun sie aber nicht, weil im aktuellen Zustand unseres Wirtschaftssystems Langlebigkeit und Kontinuität nicht mehr von Bedeutung sind. Weil kurzfristige gute Kennzahlen wichtiger sind als langfristiger Erfolg. Ihr wettert gegen das Symptom, dabei seid ihr eigentlich wütend auf die Krankheit.
 
Das ist alles sehr pauschal und es gibt genügend Arbeitgeber in Deutschland, die deine Thesen nicht 1 : 1 umsetzen. Klar sind gewisse Leistungen über einen Zeitraum weggefallen, weil sich Rahmenbedingungen verändert haben (z. B. für betr. AV). Die Luftfahrtbranche hat dies viel zu lange ignoriert und steht daher vor besonderen Herausforderungen.
 
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