Warten auf die Landefreigabe

wrzl

Mitglied
Hallo Controller,

gestern hatten wir bei einem FluSi-IFR-Onlineflug folgendes Problem:

2 Jets hintereinander im Anflug, der Vordere zur Landung, der Hintere zum APP freigegeben, auf die Landefreigabe wartend. Die Sicht war gut, also der Hintere hatte alles im Blick.

Der TWR-Controller war ein "bisserl" unerfahren und wartete, daß der Vordere nach der Landung "RWY vacated" meldet. Und kümmert sich - weil er gebannt auf den Trödler wartet - nicht mehr um den anfliegenden Jet. Der wartet ebenso gebannt auf die Landefreigabe und fliegt auf dem ILS der Schwelle entgegen.

Normalerweise hätte bestimmt entweder der TWR dem Trödler ein Expedite gegeben. Oder der 2. Pilot hätte gefragt was jetzt ist mit der Freigabe. Oder TWR hätte von sich aus einen GA gegeben. Aber alles das ist nicht passiert.

Nun meine Frage: wie weit darf der 2. Jet weiterfliegen, bis er einen GA machen MUSS? Spielt da die MDA eine Rolle? Oder darf der 2. Pilot bis 1 Fuß über der Schwelle warten bis er die Landung abbricht? Zumal ja der 1. Jet am anderen Ende der RWY kurz vor dem Verlassen der RWY ist und somit durch den GA des 2. Jets nicht tangiert wird.

Eine Zusatzfrage: wie hätte man die Situation noch entschärfen können bzw. sind meine 3 Vorschläge realistisch?

Vielen Dank!!
Martin
 
Nun meine Frage: wie weit darf der 2. Jet weiterfliegen, bis er einen GA machen MUSS?
Der zweite hatte die Freigabe für den Anflug, also darf er den Anflug ausführen/abfliegen. Der Anflug
endet am MAP und an der MDA bzw. auf dem ILS an der DA/DH. Wenn der Tower im Dienst eingeschlafen
ist (oder eine Super Star ihn ablenkt), ist am anwendbaren der o.g. Punkte bei fehlender Landefreigabe
Durchstart verpflichtend. Späte Landefreigabe ist an manchen Plätzen durchaus üblich (mE zB LHR), also
hängt es an der Erwartung und Erfahrung der Piloten, ob sie noch nachfragen (also eine Nachlässigkeit
vermuten, statt eines handfesten Grundes).

Oder kurz gesagt: Er darf den Anflug durchführen (Clearance), aber das Landemanöver (ohne Clearance)
gar nicht erst beginnen.

Sollte der Tower aber zu früh die Landung freigegeben haben, obliegt es der Besatzung, bei einem
Verdacht auf Staffelungsunterschreitung dennoch durchzustarten.
 
Sollte der Tower aber zu früh die Landung freigegeben haben, obliegt es der Besatzung, bei einem
Verdacht auf Staffelungsunterschreitung dennoch durchzustarten.

Klar können Sie das machen, aber vielleicht wäre es nicht verkehrt sich vorher zu vergewissern was los ist. Z.B. wissen sicher nicht alle Piloten, dass die Landefreigabe unter bestimmten Voraussetzungen auch erteilt werden darf, wenn die Bahn noch nicht frei ist...
 
Vielleicht hätte ich schreiben sollen "begründetem Verdacht"? Ich gehe aber doch davon
aus, daß wir von profizienten Piloten reden, die zB die örtliche AIP kennen, in denen solche
Verfahren iA angekündigt werden, wenn sie denn hinreichend regelmäßig "gefahren" werden,
und also zwischen normaler und zweifelhafter Situation am individuellen Platz hinreichend
schnell unterscheiden können. Außer bei gekoppelten und kategorisierten Anflügen ist jede
Landung ein Sichtmanöver, daher ist mE eine konservative Sichtststaffelung im Zweifel höher zu
bewerten, als am Vordermann legal in zweimeterfünfzig vorbeizukratzen. Ich rede nicht von
Pilotenwillkür, sondern von Situationsbewußtsein.
 
Nun mal aus der Praxis:
Wenn ich sehe, dass der Vordermann dabei ist, die Bahn zu verlassen, werde ich mit Sicherheit nicht an der MDA (bei ILS meistens 200ft AGL) durchstarten. Das kann man ggf. auch noch in 20ft machen, falls bis dahin keine Landefreigabe gekommen ist. Ich glaube auch, dass der Controller nicht glücklich wäre, wenn man ohne Kommentar in 200ft durchstartet, ohne mal nachgefragt zu haben.
In den USA ist das sowieso kein Problem:
Da bekommt man meistens sofort nach dem Anmelden beim Tower die Landerfreigabe, evtl. mit dem Zusatz "after..." oder "number 2". Wenn dann die Bahn nicht rechtzeitig frei ist, wird die Freigabe eben zurückgezogen und ein "go around" angeordnet.

Viele Grüße
Werner
 
Nun, nach der recht eindeutigen Aussage von Machrihanish bin ich jetzt - nach wernerhuss' Aussage - so weit wie vorher.

Ich hatte Machrihanish so verstanden, daß an der MDA der APP zu Ende ist und die Landung beginnt. Dann darf ich ohne Landefreigabe DOCH über die MDA hinaus anfliegen?

Ich habe aber an wernerhuss' Aussage nix auszusetzen. Vom ersten bis zum letzten Wort beschreibt er, wie bei uns die Flüge ablaufen. Insofern bin ich ziemlich angetan vom Realismusgrad unserer Onlineflüge...;D

Schönen Tag
Martin
 
Nun, nach der recht eindeutigen Aussage von Machrihanish bin ich jetzt - nach wernerhuss' Aussage - so weit wie vorher.

Ich hatte Machrihanish so verstanden, daß an der MDA der APP zu Ende ist und die Landung beginnt. Dann darf ich ohne Landefreigabe DOCH über die MDA hinaus anfliegen?

Ich habe aber an wernerhuss' Aussage nix auszusetzen. Vom ersten bis zum letzten Wort beschreibt er, wie bei uns die Flüge ablaufen. Insofern bin ich ziemlich angetan vom Realismusgrad unserer Onlineflüge...;D

Schönen Tag
Martin

Theorie und Praxis sind halt immer zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Wenn man Dienst nach Vorschrift macht werden wohl viele Go-Arounds geflogen werden müssen. Nur nachdem sowohl Pilot als auch Controller einen reibungslosen und möglichst optimalen Ablauf haben wollen wird halt manches in der Praxis gehandhabt. Solange gute Sicht ist und jeder den Überblick die Situation hat spricht ja nichts den Zeitpunkt zum Go-Around etwas zu verlegen. Bei schlechter Sicht oder völlig überforderte Beteiligte sollte man sich die eigene Interpretation der Situation sehr gut überlegen. Denn wenn was passiert (und es passiert ja immer wieder was) und man hält sich nicht eindeutig an die theoretischen Vorgaben müssen die Verantwortlichen schließlich den Kopf hinhalten. Dabei muss natürlich auch noch von den Gerichten und Gutachter unterschieden werden ob das Verhalten fahrlässig oder grob fahrlässig war.
 
Insofern bin ich ziemlich angetan vom Realismusgrad unserer Onlineflüge...;D
Ich weiß nicht, ob zurecht:

Ich glaube auch, dass der Controller nicht glücklich wäre, wenn man ohne Kommentar in 200ft durchstartet, ohne mal nachgefragt zu haben.
Piloten und Controller sind eingeklemmt zwischen ihren Richtlinien; wenn sie sie nach dem Buchstaben
befolgen und ohne Einsatz ihres Urteilsvermögens bei der Extrapolation der Verkehrsbewegungen in ihrem
aktuellen Blickfeld, dann bräche der Verkehr an vielen Hauptflughäfen zusammen, und zwar täglich.

Ich bin aber nicht sicher, ob in Eurem Online-Environment Landestreams von 40/h stattfinden.

(Umgekehrt: wenn Werner (trotz erhaltener Ldg-Clnc) 100 ft. über dem Min. sieht, daß der Vordermann beim
Abrollen plötzlich quasi stehenbleibt (zB wegen Reifenplatzer), wird er durchgestartet sein, bevor der Turm
etwas sagen kann.)

Du hattest gefragt:

Normalerweise hätte ... der 2. Pilot ... gefragt was jetzt ist mit der Freigabe. ...

Nun meine Frage: wie weit darf der 2. Jet weiterfliegen, bis er einen GA machen MUSS?

also: 1) keine Kommunikation, 2) Regeln bei Fehlen der Freigabe.

Insofern würde ich doch im Online-Simulationsbetrieb geradezu genüßlich durchstarten und dem Controller
seine vermutete Nachlässigkeit vor Augen führen und noch eine Runde drehen, so ganz ohne Kosten - keine
verärgerten Passagiere, kein verärgerter Flugbetriebsleiter, kein verärgerter Schichtleiter.
 
Wenn Du nen Non-Precision-App fliegst, mit ner MDA von sagen wir mal 1000ft (angenommen der Platz liegt auf Meereshöhe), wo startest Du denn dann bei schöner Sicht ohne Landing Clearance durch? Und wie tief sinkst Du? In 1000ft bis zum MAP in freudiger Erwartung der Landefreigabe?

So laut Buch?
 
BenBen, ich habe nicht gesagt, daß ich nicht nachfrage, sondern wrzl hatte dies als Voraussetzung seiner
Frage, wenn ich nicht irre. (Hinge in concreto zB davon ab, ob MAP in 1000 über der Schwelle oder in 1000
in straight-in-machbarer-Entfernung vom Platz entfernt.) Am Minimum erst nachzufragen, ist mE zu spät.
(Was soll er tun? "Continue" mit nichtabgeschlossener Landing-check in der Hand?)

... Späte Landefreigabe ist an manchen Plätzen durchaus üblich (mE zB LHR), also
hängt es an der Erwartung und Erfahrung der Piloten, ob sie noch nachfragen (also eine Nachlässigkeit
vermuten, statt eines handfesten Grundes)

...

Sollte der Tower aber zu früh die Landung freigegeben haben, obliegt es der Besatzung, bei einem
Verdacht auf Staffelungsunterschreitung dennoch durchzustarten.

Also, was diskutieren wir? Diskutieren wir?

Außerdem: Wie viele wirklich beschäftigte Controller gibt es, die es wünschen, daß auf ihrer Frequenz auch
noch viele Rückfragen wegen eventuell verzögerter (unbeabsichtigt oder nicht) Freigaben kommen? Sie
werden dagegen vorsorgen.

Werner hat ja leider nicht erwähnt, wie oft er schon ohne Freigabe am Min. ankam (und wrzl sprach
vermutlich von einem ILS plus Minimum, wenn er schon so dicht auf war).
 
Danke für die Nichtbeantwortung meiner Frage:D

Ich stelle sie nochmal, formuliere sie aber um. Antworten darf gerne jeder, der es weiß.


Wo muss ich laut Buch durchstarten, wenn ich in oben genanntem Beispiel noch keine Landefreigabe habe? Am Minimum? Am MAP? Was mache ich bis dahin? Ganz was anderes?

Ich habe schon beides live gesehen (g/a am Minimum und g/a über der Schwelle), möchte aber gerne wissen, was denn laut Buch richtig ist.
Ganz ohne Diskussion, einfaches Interesse...
 
Aus flugbetrieblicher Sicht ist keine Landing Clearance nötig, um unter dem MDA weiterzufliegen. Unsere Vorschriften sehen dazu wie folgt aus:

Continuation of an approach below the applicable minimum is only allowed if:

1. the aeroplane has arrived at a position from which a normal approach profile can be followed to the runway-in-use (max. 1000 ft/min R/D) and

2. at least one of the following visual references for the intended runway is distinctly visible and identifiable:

Hierauf folgt eine Aufzählung der verschiedenen 'visual references' für die unterschiedlichen Anflugarten.

Die ganze Diskussion ist arg theoretisch. Wie gut kennt man den Airport, die Verfahren und kann die Controller einschätzen? Standard-Verfahren können immer nur die Standard-Fälle abdecken.

Im Extremfall würde man sogar ohne Clearance landen. Ist heute erst wieder in LHR (fast) passiert. Die Clearance kommt üblicherweise immer erst unter 500 ft, wegen der engen Staffelung und just als der Vorgänger abrollt, meldet sich ein Alitalia-Kollege und erzählt seine Lebensgeschichte. Als wir in 50 ft waren, musste er zum Glück Luft holen und der Tower konnte ein kurzes 'Lufthansa, cleared to land' transmitten.

Etwas Flexibilität gehört schon zum Handwerkszeug.

Gruß MAX
 
Ich bin aber nicht sicher, ob in Eurem Online-Environment Landestreams von 40/h stattfinden.

Och, beim Oktoberfest-Event hat man schon >>300 Movements in ~5 Stunden im virtuellen EDDM gesehen. Genaues arr/dep Verhältnis hab ich nicht mehr im Kopf, aber lag gefühlt/grob-erinnert so bei 2/3 Arrivals vs. 1/3 Departures.

Üblich sind solche Trafficzahlen natürlich in keinster Weise... sowas gibts nur ganz selten bei den Großevents oder bei zufälligen kurzen Peaks.

Aufgrund der Einschränkungen durch die Simulationsumgebung (nur alle 5 Sekunden Lageupdates der Flieger und Radartargetupdates selbst für den vTower) wenden wir normalerweise keine reduzierte Pistenstaffelung an... gibt halt kein "Realtime Rausguggn"... was die Kapazität natürlich nochmal gegenüber dem Real Thing reduziert.

Gruß,
Daniel (der da als Feeder geschwitzt hat... für uns Hobbyisten ist das scho recht "knackig", insb. unter den Erschwernissen der äh... stark unterschiedlichen Skillständen der vPiloten und entsprechend induzierten Störfaktoren)
 
Zuletzt bearbeitet:
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Aufgrund der Einschränkungen durch die Simulationsumgebung (nur alle 5 Sekunden Lageupdates der Flieger und Radartargetupdates selbst für den vTower) wenden wir normalerweise keine reduzierte Pistenstaffelung an... gibt halt kein "Realtime Rausguggn"... was die Kapazität natürlich nochmal gegenüber dem Real Thing reduziert.........................


Wir bekommen auch nur alle 5 sec ein update auf unserem Radar ;)
Beim TWR arbeiten sie aber mit optischen Livestream Mark I Eyeball, zugegeben.


Saigor
 
Zuletzt bearbeitet:
Wir bekommen auch nur alle 5 sec ein update auf unserem Radar ;)
Beim TWR arbeiten sie aber mit optischen Livestream Mark I Eyeball, zugegeben.


Saigor

Und da sieht man mal wieder, dass der Mensch doch nicht durch Computer zu ersetzen ist. Weder beim "optischen Livestream Mark I Eyeball" noch bei der Entscheidung, ob eine bestimmte dynamische Situation "hinten rollt einer ab und vorne setzt einer auf" passt oder eben nicht.

Viele Grüße

Werner
 
Und da sieht man mal wieder, dass der Mensch doch nicht durch Computer zu ersetzen ist. ......................

Viele Grüße

Werner


Volle Zustimmung. Nur ist das für den einen oder anderen Technik-Freak, und auch für die Vordenker in der Chefetage immer wieder schwer zu verstehen.
Ich denke da sind sich aber die Praktiker alle einig, egal ob in Reihe 0 oder am Schirm/Fenster.

Saigor
 
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