Vereisung heute - 15.02.07

Max Reverse

Gold Member
Aus gegebenem Anlass eine Frage an unsere Lotsen: Gibt es eine 'offizielle' Richtlinie, wie mit Pilot Reports zu signifikanten Wettererscheinungen umgegangen wird, also was per ATIS gemeldet wird, wie lange die Meldung bestehen bleibt, etc?

Heute morgen war ja mal wieder 'schönes' Wetter, light Freezing Drizzle mit sehr niedrigen Untergrenzen, also Bewölkung mit richtig viel unterkühlter Flüssigkeit drin. Auf der Atis war vermerkt 'Light Icing in TMA below A5000 reported'. Im Rahmen der Vorbereitung auf diie obligatorische Enteisung müssen wir uns dann Gedanken machen, ob wir 'Wing Anti-Ice' zum Starten brauchen oder nicht.

Wenn wir es brauchen, müssen wir nachdem Enteisen einen Engine-Run-Up machen, was meistens erst auf der Bahn möglich ist und einfach alles extrem verzögert. In Anbetracht des og. PIREPs haben wir uns dann für einen Take-Off ohne Wing-Anti-Ice entschlossen und waren nicht schlecht erstaunt, dass nach etwa 2 Minuten Flug unser 'Ice Pin' so aussah, wie auf dem Bild zu erkennen, nämlich mit 10-12 mm Rime-Ice bedeckt.

Wenn man nun das Pech hat, bei dem Wetter und mit einem Engine-Failure ca. 10 Minuten in der Bewölkung rumzufliegen, dann viel Spaß. Als wir dann aus TXL zurückkamen, das andere Extrem: 'Severe Icing below 5000 Feet reported', was auch ungeschicklich ist, denn die Definition von 'Severe Icing' ist, dass die Vereisung so stark ist dass die Enteisungsvorrichtungen den Flieger nicht eisfrei halten können.

Logischerweise ist damit kein Verkehrsflugzeug für den Flug in bekannten schweren Vereisungsbedingungen zugelassen! Diesmal gab es allerding nur minimale Vereisung, da die Bewölkung sich auch schon merklich aufgelöst hatte.

Damit zurück zur Frage: Fragt ihr von Zeit zu Zeit mal nach, um festzustellen, ob die gemeldeten Bedingungen noch aktuell sind, was besonders bei so operationell einschränkenden Reports wie 'Severe Icing', 'Braking Action Poor', etc. sehr hilfreich wäre. Oder wäre es möglich vor Veröffentlichung einen zweiten Flieger um seine Meinung zu fragen?

Viele Grüße, MAX

PS. Das blöde Eis blieb bis Berlin dran und erst nach einem Low-Level High-Speed-Run zum 'Auftauen' im Anflug konnte es durch Ausnutzung des Ram-Rise (Luftreibung durch hohe Geschwindigkeit) der Sublimation zugeführt werden;D
 

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Moin!

Kann Max Aussage bzgl. severe icing nur unterstützen. Wir hatten - naja - nennen wir es moderate (ca. 3 cm Ansatz auf dem Scheibenwischer) im Anflug.

Besser (und so sollte es meiner Meinung nach auch sein) wäre, wenn auf der ATIS noch A/C-Type, Höhe, IAS und Zeit des meldenden Fliegers stünde. So wird´s z.B. in Skandinavien gemacht und so sollte auch immer der Pilots Report abgesetzt werden (z.B. " Pilots Report: Moderate Icing between 2000 and 5000ft AGL, CRJ 900 at 180 kts").

Ich glaube das Problem mit dem reporteten severe Icing ist ausserdem, daß nicht allen die Definition ganz klar ist. Gleiches gilt ja leider oft auch für Reports bzgl. der Braking Action oder Turbulenzen.

Viele Grüße,

Durchstarter
 
Ja genau, das ist der Ice-Indicator der an einer der für Vereisung empfindlichsten Stellen im A320 eingebaut ist, nämlich an der Strebe zwischen den beiden vorderen Cockpit-Scheiben. Dieser hat ansonsten keine Funktion.

Andere Flieger haben das nicht, da muss man dann auf die Scheibenwischer schauen, die allerdings beim A320 erst anfangen zu vereisen, 'wenn alles zu spät ist. Wiederum andere Flieger wie z.B. der Avro haben einen elektrischen Ice Detector.

Nachdem der Pin bei den älteren A320ern einfach nur massiv ist und bei den neueren schon mit einem Lichtleiter von innen beleuchtet ist, behaupten böse Zungen, dass er beim A380 sogat beheizt sein soll ?! ;)

Kein Wunder, dass AI sagt, die Flieger würden auch ohne Airframe-Anti-Ice den Zulassungsbedingungen genügen. Letzteres ist kein Scherz und sollte Grund genug sein, den Schrott aus Zeiten der 707 endlich mal über Bord zu werfen und sich an den aktuellen wissenschaftlchen Erkenntnissen zu orientieren. Aber eher schneits in der Wüste...

Gruß MAX

PS Noch ein schönes Foto, aufgenommen während eines Schneesturm-Chaostagess in FRA im MTR Holding (Dezember 2001). Diesmal kleinere Wassermengen, die einen 'sauberen' Eisaufbau in 'Tropfenform' ergeben, ganz dünn direkt am Pin und nach vorne in Strömungsrichtung wird das Ding richtig dick.
 

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Hallo @Durchstarter,

ebenfalls 'Welcome on Board' und grüße an meine 'alte' Firma.

Besser (und so sollte es meiner Meinung nach auch sein) wäre, wenn auf der ATIS noch A/C-Type, Höhe, IAS und Zeit des meldenden Fliegers stünde. So wird´s z.B. in Skandinavien gemacht und so sollte auch immer der Pilots Report abgesetzt werden (z.B. " Pilots Report: Moderate Icing between 2000 and 5000ft AGL, CRJ 900 at 180 kts").

Ja das wäre am besten. Und dann bitte noch die Airline mit angeben, dann kann man das subjektiv 'nivellieren' :)

Gruß MAX
 
Damit zurück zur Frage: Fragt ihr von Zeit zu Zeit mal nach, um festzustellen, ob die gemeldeten Bedingungen noch aktuell sind, was besonders bei so operationell einschränkenden Reports wie 'Severe Icing', 'Braking Action Poor', etc. sehr hilfreich wäre. Oder wäre es möglich vor Veröffentlichung einen zweiten Flieger um seine Meinung zu fragen?

Also der "normale" Weg bei solchen Pilot reports ist der, dass man das ganze mehr oder weniger detailliert an den Wachleiter meldet und der das dann entsprechend weiterleitet.

Da auf unserer Seite leider das nötige Hintergrundwissen nicht unbedingt bei jedem gleich vorhanden ist, ist die Sensibilität und damit die weitere Verarbeitung und Weiterleitung u.U. extrem unterschiedlich.
Jemand der schonmal nen Prop wegen Severe Icing über den Alpen zurück nach Norden drehen musste, damit er halbwegs schnell zurück sinken kann, geht mit sowas natürlich sensibler um, als jemand den Icing eigentlich nur stört, weil es dann draussen kalt ist.
Genauso mitm Nachfragen bei nem zweiten Flieger... der eine lässt alles stehen und liegen und ruft sofort den Wachleiter an, der andere denkt ein bisschen weiter und fragt den nächsten Flieger.

Die Angabe von Flugzeugtyp etc. ist sicherlich ne gute Idee.
Wenn man sich anschaut, wie unterschiedlich Turbulenzen empfunden und reported werden (BAW meldet moderate turbulence, wo eine Alitalia light turbulence from time to time hat und die Delta nen smoooooth ride...), dann ist das bei Icing etc. sicherlich nicht anders.

Wenn eine zeitlang keine Reports mehr kommen, wird es ehrlich gesagt ganz einfach vergessen. Spätestens nach der zweiten Ablösung weiß niemand mehr was von Turbulenzen oder Icing am Sektor.
Wenn dann nicht zufällig doch nochmal ein Pilot fragt, oder man die ATIS liest und daraufhin nochmal nen Piloten nach den aktuellen Bedingungen fragt, dann steht das Icing auch am nächsten Tag noch in der ATIS;)
 
So, dann will ich mich mal outen. Habe heute vormittag gearbeitet und auch mehrfach die Reports entgegengenommen bzw. abgefragt. Was ihr sagt (am Besten wäre noch acft-typ, airline etc) stimmt natürlich. Damit beantwortet ihr jedoch im Grunde genommen die Frage selbst: Drei Piloten, fünf Meinungen! Wir fragen in der Tat in regelmäßigen Abstände, ob entsprechende PIREPS (nicht nur Icing betreffend, sondern auch wind, lighting, braking action etc...) noch aktuell sind. Bei den Antworten (die heute wie schon selbst bemerkt von "no icing" bis "severe icing" reichten) halten wir es meist so, dass wir den schlimmsten gemeldeten Fall auf der ATIS veröffentlichen - "Arsch-an-die-Wand-Taktik". Letztendlich würde es im schlimmsten Fall heißen: Warum haben sie den severe-icing-report nicht weitergeleitet..? Natürlich holen wir dazu auch mehrere Meinungen ein, jedoch meist erst wenn ersterer Pilot nicht mehr auf der Welle ist... Hat sonst irgendwie so etwas von Misstrauen.
Wenn ihr PIREPs von Kollegen auf der Frequenz mithört, ist es für uns natürlich auch hilfreich, wenn ihr auch ohne Abfrage eure Beobachtungen meldet, sei es eine Bestätigung oder auch eine Verneinung...

Dass "übertriebene Reports" das ganze System evtl. bremsen ist klar. Doch wie gesagt, wir sind quasi verpflichtet es so weiter zu leiten. Könnte mir vorstellen, dass es auf Pilotenseite ähnlich ist. Beispiel: Ihr schenkt irgeneinem Report kein Vertrauen oder schätzt Wetterverhältnisse, die laut ATIS vorherrschen, anders ein und es passiert irgendwas. Dann kommt sicher auch schnell die Frage: Und warum haben sie das ignoriert?? :think:
 
Ach ja, nochwas: Frage mich immer, wieso manche Kandidaten offenbar immun sind gegen icing... Vor allem wenn man merkt, dass sich dadurch eine Stunde Start-up-delay umgehen lässt... :think:
 
Ich bin heute morgen mit LH nach Hamburg geflogen, wir sind mit einem A319 über die A4 raus und haben einen rolling takeoff ohne Enteisung gemacht, während gleichzeitig auf A1 und A2 einige A321 "geduscht" wurden. Scheinbar war unser Flieger wohl auch etwas frostresistenter als die anderen. :think:

Wie ist es wenn jetzt unsere Piloten doch noch hätte enteisen wollen? Hätten wir dann auch an das Ende rollen müssen? Oder kommt dann gegebenenfalls ein Enteiser auf die A4?
 
Wie ist es wenn jetzt unsere Piloten doch noch hätte enteisen wollen? Hätten wir dann auch an das Ende rollen müssen? Oder kommt dann gegebenenfalls ein Enteiser auf die A4?

Nein, enteist wird an speziell dafür eingerichteten Positionen, so kann z.B.
  • nur dort das Enteisungsmittel wieder dem Recycling zugeführt werden.
  • nur dort der Bereich ausreichend beleuchtet werden.
  • etc...
 
Scheinbar war unser Flieger wohl auch etwas frostresistenter als die anderen. :think:

Gestern (als ich diesen Thread eröffnete habe), hatte es Minus-Temperaturen und Gefrierenden Sprühregen. Da muss JEDES Flugzeug enteisen. Ohne Diskussion.

Heute hatte ich keinen Dienst, hier in Downtown Munich war es aber schönes Wetter mit kräftigem Reifansatz auf allen Oberflächen. Wenn 'Dein' Flieger nun die Nacht nicht draußen verbracht hat sondern entweder auf einem Nachtflug war oder nachts in der Technik-Halle stand, dann wäre die Entscheidung nicht zu enteisen, nicht zu beanstanden. Nur so zur Info...

Gruß MAX
 
Fanschaufelenteisung

Wie oft kommt denn der Fall vor , dass die Flieger reihenweise auf die
Enteisung der Triebwerksfrontschaufeln warten müssen ?

Das ist doch auch bei diesen genannten Wetterlagen der Fall :
Gefrierender Nebel / Hochnebel oder ?

Und welche Verspätungen kommen hier zustande ?:(

Ist es auf den anderen Flughäfen besser bestellt ?:confused:

Gruss von 707 !
 
Enteisungssaison

Jetzt , da langsam die Enteisungssaison von diesem Winter zu Ende geht ,
hab ich folgende Frage :

Ich hab grad bei uns in MUC beobachtet , dass bei bestimmten Wetterlagen
gefrierender Nebel / Hochnebel die Triebwerksfrontschaufeln enteist werden
müssen .
Hierbei ist manchmal das Problem , dass sehr viele Flieger gleichzeitig mit
diesen vereisten Schaufeln auf den Abflug warten .:(

Gibt´s auch Drehzahlbereiche , bei dem man den Eisansatz vermeiden
kann ?:confused:

Wie oft kommt denn bei uns diese Situation vor , bzw. gibt´s dadurch
auch Abflugverspätungen die problematisch sein können ?:rolleyes:

Vielen Dank schon im Vorraus ,

Gruss von 707 !
 
Verschiebung

Hallo Admins ,

Mein obiger Beitrag gehört in eine andere Rubrik , das ist mir nach dem
erneuten Hochfahren aufgefallen .:(

Entschuldigung , Gruss von 707 !
 
Wie oft kommt denn der Fall vor , dass die Flieger reihenweise auf die
Enteisung der Triebwerksfrontschaufeln warten müssen ?

In MUC gibt es insgesamt 5 Warmluftgeräte bei der EFM. Die Maintenance von AB und CLH hat wohl noch kleine Heizer, die sie aber nur im Notfall verwenden.

Wenn mehr als 5 Flieger gleichzeitig Fanbladeenteisung benötigen, dann gibt es automatisch Verspätungen. Wie häufig es vorkommt, hängt ausschließlich von Petrus ab. Desweiteren ist Fanbladeenteisung eine zeitaufwändige Arbeit von Hand. Abhängig vom Vereisungsgrad.

Das ist doch auch bei diesen genannten Wetterlagen der Fall :
Gefrierender Nebel / Hochnebel oder ?

Hauptsächlich Inversionswetterlage mit FZFG oder FZDZ

Und welche Verspätungen kommen hier zustande ?:(

Für eine Fanbladeenteisung bei einem A320 benötigt man bei wenig Eis etwa 10 Minuten pro Seite. Der Zeitbedarf kann sich aber locker verdoppeln, wenn sehr tiefe Temperaturen herrschen und/oder viel Eis an den Fanblades ist. Bei großen Triebwerken entsprechend deutlich höherer Zeitbedarf.

An "Großkampftagen" kommen für einzelne Flieger schon mal 90 Minuten Delay und mehr zusammen.

Ist es auf den anderen Flughäfen besser bestellt ?:confused:

Ich glaube, dass es nirgendwo besser bestellt ist als in MUC. Oder haben die Realos hier bessere/andere Erfahrungen von anderen Flughäfen.



Gruss von 707 !

Gruß
 
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Danke

@Jettrail :

Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen !

Dann kommen an solchen Tagen durchaus erhebliche Verspätungen zusammen
Haben dann die 340er Vorrang wegen der Langstrecke bzw. weil sie 4 statt 2
Triebwerke haben ?

Auf jeden Fall ist die Häufigkeit dieser Tage schwer einzuschätzen .:rolleyes:

Gruss von 707 !
 
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