Lärmpegel vor, neben und hinter einem Flugzeug

Kwashiorkor

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Hallo Forum!

Hoffentlich ist das hier der richtige Bereich. Mir ist schon öfter aufgefallen, daß der Lärmpegel eines Flugzeuges am Boden erheblich davon abhängt, wo man sich von der Maschine aus gesehen befindet.

Am eindrucksvollsten war ein Erlebnis Anfang Januar als ich quasi direkt an der Enteisungsposition der 26R stand und eine UA 777 enteist wurde. Als sie dort so stand und ich mich im Verhältnis dazu schräg vor ihr befand, hörte man das übliche Gekreische der Triebwerke.

Als sie fertig war und direkt an uns vorbeirollte um dann in einer Linkskurve auf die Bahn zu fahren, zeigte sie uns im Verlauf dessen auch mal ihren „Po“, wir standen also direkt hinter ihr.

In diesem Moment war es plötzlich mucksmäuschenstill, von den Triebwerken war nichts mehr zu hören und erst als sie wieder mehr seitlich war, konnte man sie wieder hören.

Woran liegt das? Sowas fiel mir schon oft bei den Propellermaschinen auf. Ist das eine Auslöschung? Zufall?
 
Das liegt meiner Theorie nach daran, dass der eigentliche Lärm des Triebwerks, durch den Fan bzw. den Verdichter erzeugt wird, welcher ja, wenn man vor dem Flugzeug steht, einem unmittelbar gegenüber ist.
Seitlich dämmt das Gehäuse ein wenig, zudem ist die Schallaustrittsöffnung einem nicht mehr zugewandt. Dahinter wird der Schall wohl durch den austretenden Luftstrom beeinflusst.
Interessant finde ich auch oft die unterschiedliche Lautstärke der Triebwerke. Eine B737 oder ein A320 ist auch unmittelbar vor den Triebwerken relativ leise, eine B757 aber unerträglich laut. Stand einmal ohne Gehörschutz davor und hatte am nächsten Tag "hörbar" Schwierigkeiten mit den Ohren. Nicht zu empfehlen.

Gruß Pit
 
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Ist das eine Auslöschung?

Das mit Sicherheit nicht. Für eine Interferenz braucht man zum einen kohärente Wellen (die sind bei zwei Triebwerken sicher nicht gegeben), zum anderen würde man dann direkt hinter dem Flieger (gleicher Abstand zu beiden Triebwerken) ein Maximum der Intensität erwarten.

Das ganze kann eigentlich nur mit der Schallausbreitungscharakteristik des Triebwerks zusammen hängen, sprich dass leicht seitlich hinter dem Triebwerk wenig Schall ankommt. Warum das so ist, ist mir momentan auch ein Rätsel, hat aber möglicherweise mit dem relativ scharf begrenzten Luftstrahl, der aus dem Triebwerk kommt, zu tun. Müsste man sich mal überlegen...
 
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Nun, wie schon geschrieben, auch bei startenden Propellermaschinen ist mir das aufgefallen. Wenn man (fast) direkt dahinter steht, hört man fast nichts obwohl der Propellerdurchmesser doch bedeutend größer ist als der Durchmesser des Triebwerksgehäuses.

Wäre schon interessant wenn sich jemand finden sollte, der das ganze aufklären kann :).
 
Die Lautstärke hinter einem laufenden Strahltriebwerk ist auch stark abhängig von der Bauweise.
Entscheidend ist hier das Verhältnis Hauptstom : Nebenstrom (falls es sich um ein Mehrkreistriebwerk handelt - m.W. gibt es fast keine Ein-Kreis Triebwerke mehr).
Der "heisse" Luftstrom ist gleichzeitig der laute Luftstrom - und dieser wird von einem (mittlerweile Nebenstromverhältnisse von bis zu 11:1)) sehr grossen Anteil an leiser Luft (kalter Bereich) quasi eingehüllt und dadurch abgeschwächt.
Je grösser der Nebenstomanteil, desto "leiser" das Triebwerk (siehe JT-8D bei der 727: Nebenstromverhältnis lt. wiki 1,74:1, daher wurden für heutige Lärmschutzbestimmungen die sog. "huskkits" nötig)
 
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Danke Dir, das könnte durchaus die Lösung sein. Das Flugzeug, bei dem ich es wahrgenommen habe, war ja die 777 von United und die großen Triebwerke haben ein ebenso großes Nebenstromverhältnis. Aber reicht das wirklich um das gesamte Geräusch quasi komplett auszulöschen?

Und was ist mit den Props :)?
 
Der Lärm ist nur indirekt abhängig von der größe des Triebwerks oder des Nebenstroms. Sobald Strömungen in den Überschallbereich kommen gibt es auch entsprechenden Lärm durch den Verdichtungsstoß (="Überschallknall") in der Strömung. Je größer der Querschnitt desto langsamer kann die Geschwindigkeit der Strömung sein damit der Massenstrom konstant bleibt. Da aber auch weiterhin innen ein Heißluftstrom im Triebwerk bleibt wird auch der weiterhin hohe Strömungsgeschwindigkeiten haben und damit größeren Lärm erzeugen. Komplett auslöschen ist nicht möglich.
Bei manchen Triebwerken werden auch die beiden Luftströme (kalt und heiß) innerhalb der Cowling noch zusammengeführt (z.B. beim A340-300) und teilweise gezielt vermischt um die Strömungsgeschwindigkeiten zu optimieren. Der Lärm wird dann noch innerhalb des Triebwerks abgefangen. Ganz neue Triebwerke haben teilweise auch eckige Auslässe die zum gezielten Vermischen der Strömungen genutzt werden (z.B. B787).
Zusätzlich entstehen auch Verdichtungsstöße an anderen Stellen die in den Überschallbereich kommen können, z.B. Spitzen von Propellerblätter oder Turbinenschaufeln. Dort wird mit speziellen Formen (schauen aus wie Säbelzähne) und Profilen versucht den Verdichtungsstoß möglichst zu vermeiden.

Aus welchen Richtungen man Lärm hört hängt natürlich auch zusammen wie die Strömungsverältnisse sind. Lärm ist ja nichts anderes als viele Verdichtungsstöße die durch die Luft übertragen werden. Schon der Wind kann Lärm in andere Richtungen ablenken. Bei den vielen Strömungen an Triebwerken sieht das natürlich ungleich komplizierter aus.
 
Für alle, die was über die Chevron Nozzles (B787, B747-8) nachlesen wollen:

http://pdf.aiaa.org/preview/CDReadyMAERO04_1013/PV2004_3044.pdf



Chevron-Düse
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Aus Computersimulationen weiß man seit einiger Zeit, dass eine Düse mit einem Zackenkranz, Chevron-Nozzle genannt, Triebwerke leiser macht. Aufgesetzt auf den Luftaustritt eines Triebwerks beeinflussen die hinsichtlich ihrer Zahl und Länge abgestimmten Zacken der Düse die Grenzschicht zwischen dem schnellen, heißen Abgasstrahl und der langsameren, kälteren Außenluft so, dass weniger Turbulenzen - und damit weniger Lärm entsteht.

Bild rechts: DLR-Tests an eimem Lufthansa Airbus A319 im Jahre 2002
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Der CRJ-900 hat diese spezielle Düse nur am Heiss-Teil des Triebwerks, siehe HIER
 
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