Oh, ich fürchte das wird wieder ein längerer Post. Ich versuche es trotzdem mal so knapp wie möglich.
Grundsätzlich sind die Auswirkungen von Hydraulik-Problemen auf die weitere Flugdurchführung sehr von Typ und Hersteller des Flugzeugs abhängig. Jeder hat hier eine andere Philosophie.
Grundsätzlich sind die 'Flight Controls' in Primary Surfaces (zum Steuern und in der Luft halten des Fliegers direkt notwendig) und Non-Primary bzw. Secondary Flight Controls (alles andere) eingeteilt.
Die Auslegung der Systeme muss nun konstruktiv so erfolgen, dass ein ausreichender Teil der Primary FCs auch nach (mehrfachen) Hydraulik-Ausfällen oder anderen System-Störungen noch zur Verfügung steht.
Hier geht nun jeder Hersteller einen anderen Weg. Während z.B. die BSe 146 (AVRO) nur 2 Hydraulik-Systeme und 'fully manual' FCs hat (hier gibts Hydraulik nur für Flaps und Gear) und somit bei komplettem Hydraulik-Ausfall völlig normal zu fliegen ist (nur schneller Anflug ohne Flaps) sieht es bei einem A320 schon ganz anders aus.
Hier gibt es 3 Hydraulik-Systeme, 2 Triebwerks-Pumpen, 2 elektrische Pumpen, eine Transfer-Unit und einen 'Not-Propeller'. Die Verschaltung der einzelnen Ruder etc auf die verschiedenen Systeme ist nun so ausgelegt, dass beim Ausfall eines Systems fast 100% der Primary FCs verfügbar sind, da alle wichtigen Ruder über mindestens 2 System angeschlossen sind. Der Flieger ist also völlig problemlos zu fliegen.
Bei den übrigen Verbrauchern ist die Lage da schon ungünstiger, wenn deren einziger Versorger ausfällt, geht halt nichts mehr, das kann u.U. heißen keine Bugradsteuerung mehr, einzelne Reverser stehen nicht mehr zur Verfügung oder das Fahrwerk muss mit Hilfe der Schwerkraft ausgefahren werden und kann nicht mehr eingezogen werden.
Soetwas würde ich dann als 'minor' Problem bezeichnen. Grundsätzlich ist die Philosophie so, dass bei
Verlust von 50% oder mehr der Redundanz eines Systemes ein 'Emergency' vorliegt, bei weniger als 50% nicht.
2 Triebwerke, 1 kaputt: Emergency
3 Hydrauliksysteme, 1 kaputt: KEIN Emergency
3 Hydrauliksysteme, 2 kaputt: Emergency
Ich würde aber schon erwarten, dass die Crew ATC auf die konkreten Probleme des jeweiligen Einzelfalles hinweist, z.B. Towing-Equipment required bei Ausfall der Bugradlenkung oä.
Falls auf die Anfrage nach 'Assistance required' nichts kommt, dann ist davon auszugehen, dass Anflug, Landung und Abrollen normal erfolgen. Leider scheuen sich aus mir absolut unverständlichen Gründen viele Kollegen sehr davor, einen Emergency zu erklären. Teilweise weil Sie versuchen den Paxen nichts zu verraten (was ich für fatal halte, steht am nächsten Tag sowieso als 'Beinahe-Katastrophe in der BLÖD-Zeitung) oder weil sie meinen, echte Männer brauchen das nicht.
Das beste war eine Kollege einer 'aufstrebenden' Deutschen Charter-Airline (die aktuell unter 'Größenwahnsinn' leidet

), der nach der Landung den Kollegen am Tower richtiggehend angebrüllt hat, weil dieser sich 'erlaubt' hatte selbständig die Crash-Crews zu bestellen (ich glaube Verdacht auf Reifenschaden) und seine Gäste sich nun über die viele blauen Lichter wunderten. :whistle:
Wer sich die A320-Hydraulik mal an einem konreten Beispiel ansehen will, dem empfehle ich die Seite
http://www.airbusdriver.net/, wirklich ganz toll gemacht.
Dort gibt es auch eine Graphik zur 'Hydraulic Distribution':
http://www.airbusdriver.net/hydraulic.zip
Ich hoffe das beantwortet einige Fragen, bei Bedarf bitte nochmal nachfragen.
Liebe Grüße, MAX