Flughafeneinweisung

cirrus123

Mitglied
Hallo,

wenn eine Airline einen neuen Flughafen ins Netz nimmt, wie werden die Piloten über diese neue Destination gebrieft? Nur schriftlich und Sim, oder auch real fliegend/landend?
Bei allen (europäischen) Companies gleich?

Mit Gruß
 
Nicht nur jeder Airport unterliegt der sog. 'Competence Qualification', sondern auch die Welt ist in verschiedene Areas eingeteilt, für die eine Qualifikation erworben und erhalten werden muss:



  • South and Central America, Caribbean Region
  • North America, North Atlantic, Polar Region
  • Africa
  • Far East North (Siberian crossing), Pacific
  • Far East South, Australia, New Zealand
Hierbei geht es dann meist um Navigatorische, Flugsicherungstechnische oder andere lokale Besonderheiten.


Bei den Airports erfolgt die Einteilung in 3 Stufen:
  • Klasse A: Selbststudium der Anflugkarten ist ausreichend
  • Klasse B: wie A und zusätzlich ein Computer-Based Training, Rundschreiben zu besonderheiten o.ä. Dies ist bei vielen Airport in bergigen Gegenden der Fall z.B. Salzburg oder Eriwan
  • Klasse C: wie B und zusätzlich Einweisungsflug im Simulator oder Flugzeug als active Crewmember mit einem Ausbilder oder Anflug als Observer im Flugzeug. Dazu fällt mir spontan in unserem Streckennetz nur Sarrajevo ein.
Welche Anforderungen für den Ersterwerb einer Airport oder Area Qualification nötig sind, wird individuell zwischen Airline und Aufsichtsbehörde festgelegt. Zum Erhalt der Qualification ist mindestens ein Anflug alle 12 Monate nötig.

Gruß MAX
 
Sehr interessant, was macht Sarajevo so besonders bzw. unterscheidet den Flughafen von anderen Airports mit Lage in einem Kessel/Tal?
 
[...]
  • Klasse B: wie A und zusätzlich ein Computer-Based Training, Rundschreiben zu besonderheiten o.ä. Dies ist bei vielen Airport in bergigen Gegenden der Fall z.B. Salzburg oder Eriwan. [...]
Daraus ergibt sich für mich die folgende Frage:
ihr fliegt ja regulär nicht nach Salzburg. Was also ist in einem Fall wie gestern geboten, wenn z.B. Wetter nach LOWS ausgewichen wird?
Geht euer Training übers eigentliche Streckennetz hinaus, oder wird dann "einfach so" angeflogen, weil die einzige Alternative wäre, im Holding so lange zu warten bis der Sprit aus geht?

Pit
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke Max,

habe ich richtig verstanden, dass es eine generelle Klassifizierung A-C aller Airports gibt, die nachlesbar ist? Wenn ja, dann wäre ich für einen Hinweis dankbar.

Hast Du im Kopf, in welche Area Madeira und die Kanaren gehören? Beides noch Europa?

;) Klasse A (Selbststudium) war für die Beantwortung meiner Frage nicht ausreichend, Ausbilder Max, Klasse C, war notwendig.

Mit Gruss
 
Daraus ergibt sich für mich die folgende Frage:
ihr fliegt ja regulär nicht nach Salzburg. Was also ist in einem Fall wie gestern geboten, wenn z.B. Wetter nach LOWS ausgewichen wird?

Wenn ein 'Class B' Airport als Alternate geplant wird, dann steht der Commander mit seiner Unterschrift unter dem Flugplan neben 1.023 anderen Dingen auch dafür gerade, dass die Crew oder zumindest er selbst die Qualification für diesen Airport besitzt.

Sollte nach den Abflug aus operationellen oder anderen Gründen der Alternate geändert werden, ticken die §§§-Uhren etwas anders und wenn wegen eines Notfalles auf dem 'nearest suitable' gelandet werden muss, wäre eine fehlende Aerodrome Qualification sicher kein Hinderungsgrund, mit einem brennenden Flieger dort zu landen.

habe ich richtig verstanden, dass es eine generelle Klassifizierung A-C aller Airports gibt, die nachlesbar ist? Wenn ja, dann wäre ich für einen Hinweis dankbar.

Hast Du im Kopf, in welche Area Madeira und die Kanaren gehören? Beides noch Europa?

Die Klassifizierung macht jede Company mit ihrem Regulator aus, daher wird es diese Liste kaum öffentlich geben.

Die Kanaren sind m.W. noch EUR.

Müßt ihr selbst darauf achten bei den (in Frage kommenden) Plätzen licensed zu bleiben, oder macht das eure Ops?[Saigor

Kümmern SOLL sich die Company, kümmern MUSS sich der Commander (s.o.).

Viele Grüße, MAX
 
Hast Du im Kopf, in welche Area Madeira
Als Zielgebiet wäre eine Gruppierung von Madeira und - mehr noch - der Kanaren zu Afrika sehr sinnvoll, da einige relevante Ausweichhäfen (etwa Agadir) dort (den Inseln) hinzuzudenken sind - alternativ könnte man natürlich auch Marokko zu EUR hinzudefinieren; das den Kanaren direkt benachbarte Laayoune ist aber zB nicht mehr Marokko im engeren Sinne, sondern annektiertes Gebiet, a.k.a. "Lokale Besonderheiten: Afrika".

Madeira liegt in einer eigens geschaffenen Ausbuchtung der Lisbon UIR, ist also luftrechtlich jedenfalls Portugal. Madeira ist außerdem Authority-seitig ein Klasse-C-Airport im oben von Max dargestellten Sinne, Madeira verlangt allerdings ein Sechs-Monats-Mindestintervall "für ohne Refresher".

Kümmern SOLL sich die Company, kümmern MUSS sich der Commander (s.o.).
Müssen-Sollen: Eine Airline hatte unlängst wohl einen kurzfristigen type-change 330>321 oder umgekehrt, und als die übernehmende down-route-Crew kurz in ihren Lizenzen blätterte, stellte einer der beiden Piloten fest, daß eines seiner Ratings für den außerplanmäßigen Typ grad einige Tage abgelaufen war. Sonderbare Fehler geschehen also auch im Computerzeitalter. Flug abgesagt.

Grüße:

M.
 
Es gibt viele Kategorie C Plätze von denen man es im ersten Moment nicht vermutet.

In unserem (IQ) Streckennetz sind es beispielsweise London City, Bern und Florenz
Alle haben eine schwierige Hindernisssituation und/oder steile Anflüge gemeinsam.

Grundsätzlich müssen wir für jeden neuen Airport oder in den letzten 12 Monaten nicht angeflogenen Airport eine Art Familiarization Sheet bearbeiten und ausfüllen und der Trainingsabteilung zukommen lassen.

So soll sichergestellt werden das sich jedes Cockpitmember ausführlich mit den örtlichen Gegebenheiten beschäftigt hat und dies im Falle eines Falles auch dokumentiert ist.
 
Sehr interessant, was macht Sarajevo so besonders bzw. unterscheidet den Flughafen von anderen Airports mit Lage in einem Kessel/Tal?

In SJJ ist oft das Wetter nicht so berauschend. Darüber hinaus ist das schon sehr beeindrucken, wenn man in den Kessel fliegt (es gibt nur das ILS auf die 12) und die Berge dann doch schon sehr viel höher rechts aufragen, als man selber ist. Dazu noch das rote Bild auf dem GPWS.
Man ist einfach komplett von Bergen eingeschlossen.

Schwierig ist auch der Missed Approach. Man muss den sehr eng fliegen, damit der Turnradius nicht zu groß wird und man im Nord-Osten nicht gegen die Bergwand "driftet".

Alles in allem muss man das einfach mal gesehen haben und zu verstehen, was daran so ätzend ist, v.a. im Winter.
 
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