Nachdem sich die Gemüter hoffentlich allgemein ein wenig beruhigt haben, ist die Zeit sicherlich reif für einige Anmerkungen persönlicher und allgemeiner Natur:
Wünschen würde ich mir für unser Forum allgemein etwas mehr Sachlichkeit und Gelassenheit. Verschiedene Standpunkte sind gut und wichtig, weil nur so eine positive Weiterentwicklung unserer Gesellschaft möglich ist. Diese Offenheit habe ich an dieser Stelle vermißt. Ich kann natürlich gut nachvollziehen, daß die LH-Piloten Ihren Standpunkt vertreten und andere LH-Mitarbeiter zu den Idealen Ihrer Company (ob mit oder ohne Geschäftsführung

) stehen und dies hier auch lebhaft äußern. Und natürlich will keiner weniger im Geldbeutel haben und einen sicheren Arbeitsplatz und keine Angst vor der Aushöhlung des über Jahre erreichten. Das Thema berührt im Innersten und geht an die Substanz, vollkommen klar.
Um es an dieser Stelle (noch einmal) ganz deutlich und unmißverständlich zu sagen: Ich gönne jedem Arbeitnehmer (egal ob Arbeiter, Ingenieur, Manager, Fluglotse, Manager, Pilot usw.) ein gutes und angemessenes Gehalt. Unabhängig übrigens, ob der jeweilige Arbeitgeber nun LH heißt, oder nicht. Da Neid sich immer nur auf etwas beziehen kann, was der Neider nicht hat, ziehe ich mir diesen Schuh einfach nicht an. Schon gar nicht, wenn diejenigen, die das als Totschlagargument äußern, über Anwürfe nicht hinauskommen und nicht einmal die eigenen Beweggründe und Ziele in einen geraden Satz gefaßt kriegen.
Als problematisch sehe ich an, wenn eine emminent wichtige Gruppe innerhalb eines Unternehmens über einen Streik versucht, Einfluß auf die Unternehmenspolitk zu nehmen. Das obliegt den Organen der Gesellschaft, in denen ja auch die Arbeitnehmer vertreten sind, und niemandem sonst.
Bei ehrlicher Betrachtung hat sicherlich auch die VC erkannt, daß sie an der Stelle deutlich über das Ziel hinaus geschossen ist.
Ein Unternehmen kann nur dann am Markt bestehen, wenn es ein gutes Produkt zu angemessenen Preisen vertreibt. Auch wenn es einigen nicht gefallen mag, in diesem Wettbewerb finden sich die LH, AB, BA, KLM, Ryanair, Easyjet und wie sie alle heißen mögen wieder und müssen sich den entsprechenden Anforderungen stellen. Führt ein Arbeitskampf zu höheren Gehältern zuerst für die Piloten, in der Folge dann auch für die Flugbegleiter, Techniker, Verwaltungsmitarbeiter und so weiter, findet sich dies über kurz oder lang im steigenden Preis des Produktes oder in im Rückgang der Erträge wieder.
Bislang hat sich die LH unbestritten im Markt gut geschlagen, gerade wenn man den Vergleich mit BA, KLM, Air France usw. anstellt. Okay. Es wäre aber fatal, dies als gegeben hinzunehmen und aus der Vergangenheit in die Zukunft zu extrapolieren. Genauso wäre es fatal zu glauben, daß es immer nur stetig bergauf gehen wird und daher die gemachten Gewinne daher ruhig verteilt weden können.
Vielmehr muß ein tragfähiges Konzept vorhanden sein, daß den Bestand des Unternehmens - und damit auch den gutbezahlten Arbeitsplatz des Mitarbeiters - sichert. Die LH sieht sich selbst im Premiumsegment. Damit bin ich durchaus d'accord, erlebe aber eben auch eine deutliche Entwicklung in Richtung Verschlechterung. Bevor jetzt wieder alle aufschreien: Nein ich habe nichts gegen die LH. Ich lasse jedes Jahr viel Geld dort, sitze im Schnitt mehr als einmal pro Woche in einem LH-Flieger und werde dort auch manchmal ordentlich gebauchpinselt (Grüße an Donnergeräusch).
Unter dem Strich ist es aber nicht das, was zählt. Fliegen ist für mich keine Meilenjagd, kein Egotrip und keine Beweihräucherungsnummer. Es ist notwendig, um meinen Betrieb am laufen zu halten. Und da interessiert mich nicht die Vielzuvielfliegerkarte oder die Businesszebratomate, sondern Verfügbarkeit, Verläßlichkeit, Pünktlichkeit und im Interesse meiner Auftraggeber, die den ganzen Spaß am Ende nämlich bezahlen müssen, auch der Ticketpreis.
Warum erzähle ich das hier? Weil viele meiner Geschäftspartner und ich selbst die Erfahrung machen mußten, daß es je nach Relation oftmals Alternativen gibt, die in der Summe der Kriterien besser sind. Dazu zählen übrigens oftmals auch die hier im Forum verpönten (warum eigentlich?) LCCs, die diesem Winter vielen Etablierten in Sachen Pünktlichkeit ganz klar den Rang abgelaufen haben. Begriffe wie "Latehansa" oder "wo bist Du heute hängen geblieben" waren in den letzten Wochen der Running-Gag. Daß das Winterwetter auf einem Hub wie MUC zu ganz anderen Schwierigkeiten führt wie in FMM oder BRE wissen wir alle. Aber am Schluß zählt für den Passagier nur das Ergebnis. Fliegt die FR von "München-West" pünkltich nach BRE und streicht die LH am selben Abend die letzten drei Flüge von "Freising Süd" nach BRE, hinterläßt das bei den jeweiligen Passagiern durchaus gewisse Eindrücke.
Kommt nach einigen wirklich turbulenten Wochen parallel mit der Wetterbesserung die Streikankündigung und damit das nächste Chaos, ist das für den Ruf einer Fluggesellschaft einfach, nun sagen wir mal, "kontraproduktiv". Und das liebe LH-ler muß man hier auch einmal äußern können, ohne daß sich gleich jeder persönlich angegriffen fühlt. In Bremen haben viele Etablierte gelächelt, als die erste 737 mit EI-Kennung gelandet ist. Mittlerweile ist fast allen das Lächeln vergangen. Ob man den Erfolg der FR nun positiv oder negativ bewertet. Die Jungs und Mädels machen einen guten Job, haben beachtlichen Erfolg und sind Teil der Luftverkehrslandschaft geworden.
Diese Herausforderung gilt es anzunehmen und Eure Kunden davon zu überzeugen, daß sie bei Euch das bessere Produkt bekommen und nicht mit viel Geld eine in sich zertrittene Gesellschaft subventionieren, deren einzelne Abteilungen mehr um Besitzstandswahrung und Kompetenzerweiterung bemüht sind, als um den eigentlichen Unternehmenszweck.(Hinweis: Dieser Abschnitt muß nicht unbedingt 100%-ig der Meinung des Verassers entsprechen, sondern soll lediglich eine mögliche Sichtweise "Außenstehender" beschreiben.)
In diesem Sinne allen Beteiligten ein wunderschönes Wochenende
PS: Bevor jetzt wieder etwas in obige Zeilen hineininterpretiert wird, was nicht drinsteht:
1. Eine Wertung über die Angemessenheit von Pilotörgehältern hat nicht stattgefunden.:no:
2. Ja, Pilotöre leisten viel.
3. Ja, andere Verantwortungsträger auch :yes:
4. Pilotöre sind nicht schlechter als Manager, aber auch nicht besser.:shut:
5. Und wenn dann Ruhe eingekehrt ist, fliege ich auch wieder LH :airplane: